Altes Lager bei Jüterbog
3. Höhere Fliegertechnische - Schule & Kasernenanlage Altes Lager
Haupteingang mit Wachlokal und Fahrbereitschaft
„Am 14.08.1933 wurde die Verfügung über die Errichtung von Spezialschulen für die aufzubauende Luftwaffe erlassen. Unter diesem Programm wurden 1933 / 1934 auf der Heinrichsdorfer Heide in der Gemeine Niedergörsdorf die ersten Baracken zur Unterbringung der Kursanten der Fliegertechnischen – Schule erbaut, die der Ausbildung von Technikern und Ingenieuren zur Reparatur und Wartung von Militärflugzeugen diente. Um die zu diesem Zeitpunkt noch vorgeschriebene Verschleierung der Luftrüstung zu gewährleisten, firmierte die Einrichtung zunächst als „Technische Schule der Deutschen Verkehrsfliegerschule GmbH“. Nach der Gründung der Luftwaffe hieß sie „Fliegertechnische – Schule der Luftflotte 1“. Bereits im ersten Jahr wurden hier 1 500 Schüler ausgebildet. In den folgenden Jahren entstanden die noch heute erhaltenen repräsentativen Gebäude.
Nach dem Krieg wurde die Anlage bis 1992 von der Roten Armee genutzt, wohl als Ausbildungsstätte für sowjetische Panzer- und Artillerieoffiziere. Inzwischen steht das komplette Ensemble unter Denkmalschutz“ [1]
„Sie wurde als „Technische Schule der Deutschen Verkehrsfliegerschule GmbH“ im Herbst 1933 gegründet. Da Deutschland ach dem Versailler Vertrag keine Luftwaffe besitzen durfte, wurde sie zunächst als zivile Einrichtung getarnt. Im Oktober 1933 hatte sie bereits 1 500 Schüler, die vorerst in Baracken untergebracht waren. Die jetzige Anlage wurde wahrscheinlich 1934 / 1935 errichtet; weder das genaue Baudatum noch die Architekten sind bekannt. Der Bau erfolgte offenbar unter strengster Geheimhaltung. Am 01. März 1935, mit der „Enttarnung“ der deutschen Luftwaffe, gab sich die Schule als militärische Einrichtung zu erkennen. Ausgebildet wurden Flieger und vor allem das Bodenpersonal in der Wartung, Pflege und Instandsetzung der Flugzeuge. Anfang 1940 wurde die Fliegertechnische – Schule nach Warschau verlegt; in die Gebäude der Niedergörsdorfer Fliegertechnischen – Schule zog die bis dahin in Berlin – Adlershof untergebrachte Höhere Fliegertechnische – Schule, die zentrale Schulungseinrichtung der Luftwaffe. Ihre Aufgabe war die Schulung von technischen Personal im Hinblick auf Neuentwicklungen der Rüstungsindustrie sowie die Umschulung kriegsversehrter Luftwaffenangehöriger zu Mechanikern und Ingenieuren, dazu kam Grundlagenforschung zur Flugtechnik.
Den zweiten Weltkrieg überstand die Anlage weitgehend unbeschadet, nach 1945 wurde sie von der sowjetischen Armee übernommen, die hier ein Schulungszentrum für Offiziere der Panzertruppen und der Artillerie errichtete.
Die Anlage ist durch zwei Haupt- und mehrere Nebenachsen strukturiert, im Kreuzungspunkt der beiden Hauptachsen befindet sich ein großer zentraler Appellplatz. Wie viele andere ehemalige Militärliegenschaften ist auch diese seit nunmehr über 20 Jahren dem Verfall preisgegeben.“[2]
Besichtigung 2009
Kasernen- und Schulungskomplex
Gleich hinter dem Eingang befinden sich die für Kasernen üblichen Wachlokale mit Hauptwache. Links der hier verlaufenden Hauptachse lag die Fahrbereitschaft, rechterseits das Kesselhaus mit Heizzentrale und im weiteren Verlauf das Hörsaalgebäude. Das Gebäude für die Hörsäle, u.a. mit Kino in Originalbestuhlung und Nummerierung, war in Form des Reichsadlers mit ausgebreiteten Schwingen angelegt. Auf alten Luftaufnahmen ist dies eindrucksvoll zu erkennen. Das Gebäude verfügte schon über eine Fußbodenheizung. Rechts der Achse liegen weiterhin eine Tankstation der ehemaligen Fa. „Salzkottener Tankanlagen“, die zivile technische Verwaltung, mehrere Unterkunftsgebäude, das Stabsgebäude mit Durchgangshalle, und die Mannschaftskantine. Frontal zum Haupteingang liegt der Sportplatz mit Sporthalle, Umkleidegebäude und ehemaligem Schwimmbecken. Alle Gebäude machen einen protzigen und nach außen hin gepflegten Eindruck. Der ursprüngliche rote Bachsteinbau hat durch einen gelben Anstrich der Kasernengebäude durch die russische Nachnutzung nichts an seiner architektonischen Schönheit verloren. Er rundete das Gesamtbild an jenem Tag im Jahre 2009 bei herrlichem Sonnenschein vorzüglich ab. Der Schulkomplex war durch einen Zaun von der Fliegertechnischen Schule getrennt und hatten mit dem Flugplatzbetrieb nicht zu tun. Der Appellplatz birgt unter seinen Betonplatten ein mehr oder weniger wohl behütetes Geheimnis. Bei einer Führung sollte man auf jeden Fall solang nachhaken bis man vielleicht etwas näheres darüber erfährt. Hier sei überhaupt einmal die hochmotivierte Einsatzbereitschaft der Vereinsmitglieder zu würdigen. Eine derartige Hingabe wie für die Geschichte „Altes Lager“ wünscht man sich heutzutage meist vergebens.
Schon im Jahre 1926 fanden geheime Experimente und Versuche an Flugzeugen statt. Diese geheimen Aktivitäten liefen unter dem Deckname „Waldlager“. Zu diesem Zeitpunkt war das heutige Gelände und darüber hinaus noch ein riesiges Waldgebiet ohne nennenswerte Infrastruktur.
Speisessal & Schöne Architektur. Der "Adlerkopf" aus Glas / Hörsaal
Treppenaufgang, Kinosaal & in einer der "Adlerschwingen" im Hörsaalgebäude
Stabsgebäude im Schulkomplex mit Durchgangshalle & Sportplatz
Tankstation der Firma "Salzkottener Tankanlagen"
Werner Mark aus der Baugruppe um Albert Speer errichtete in Anlehnung an den neuen Nationalsozialistischen Baustil das großzügige Kasernenareal. Vom Mittelpunkt des Appellplatzes waren alle wichtigen Gebäude einzusehen, die Wege und Straßen achsial angelegt. Hochgezogene und runde Fenster wechseln mit filigranen Gesimse und schweren Außengewändern an den Ecken der Kasernengebäude. Großzügige Oberlichter mit viel Glas ließen reichlich Licht in die Schulungskabinette einfließen. Mehrere Gebäude sind im Teilrundbau gehalten und als bauliche Raffinesse sind die verglasten Treppenhäuser zu benennen. Der gesamte Komplex wurde von einem zentralen Heizhaus aus beheizt. Im inneren der einzelnen Gebäude deutet kaum noch etwas auf die einstigen Nutzer hin. Russische Hinterlassenschaften, so sie noch existent sind, prägen das Bild. Die ursprünglich roten Kasernengebäude wurden durch die Russen zum teil grau und grau gestrichen. Die unterschiedlichen Anstriche dienten den Angehörigen der Artillerie- bzw. Panzerschule zu besseren Orientierung. Im Objekt war überdies auch noch der GBU, der russische Geheimdienst stationiert.
Das Heizhaus....
… war 1936 das modernste seiner Art in Europa. Ausgerüstet mit fünf großen Kesselanlagen wurde das Heizhaus über eine automatische Förderbandanlage vom Kohlelager außerhalb des Komplexes versorgt. Die Kessel, die be- und entlüftet werden konnten, wurde über Trichter oder Kohleschütten von der Bandanlage aus bestückt. Befeuert wurde mit Koks bzw. Steinkohle. Die Restbestände der Feuerung, in erster Linie Schlacke und Asche, wurden über eine automatische Aschenabführung entsorgt. Im Schichtsystem wurde von hier aus die gesamte Kasernenanlage der Höheren Fliegertechnischen Schule mit Warmwasser versorgt und beheizt. Nach der kampflosen Übernahme durch die Russen 1945 wurde das Heizhaus auf Verschleiß gefahren. Dennoch präsentiert sie das innere in einem technisch hoch interessantem Zustand. Erst im Heizhaus selbst erahnt man die Dimension der einst modernsten Heizanlage Europas. Über mehrere Etagen, alle begehbar, sind die Vorgänge von der Bestückung über die Trichter in die einzelnen Kessel bis hin zur automatischen Aschenabführung nachzuvollziehen. Man gelangt bis hinauf in die obere Ebene von wo aus die Bestückung mit der Kohle erfolgte. Das Heizmaterial wurde mit Reichsbahnzügen vor Ort angeliefert und von außerhalb des Komplexes über die Förderbänder ins Heizhaus, also die Kessel verbracht. Auch in diesem Gebäude wurde mit viel Verglasung gearbeitet um eine höchst mögliche Ausnutzung des Tageslichtes zu erreichen. Moderne Baustruktur der 1930er Jahre vom allerfeinsten.
Unter dem Heizhaus ist ein riesiges Kellersystem für die Aschenabführung angelegt. Die anfallende Asche wurde über das Abführsystem direkt von den Kesselanlagen in eigens dafür vorgesehene Aschenbunker verbracht.
Die Fliegertechnischen Einrichtungen
Auf dem Weg zur Halle der Fliegertechnischen Schule liegen beiderseits grau angestrichene Gebäude. Bis 1945 befand sich hier die Technisch – Zivile – Verwaltung, unter russischer Herrschaft hatte sich der russische Geheimdienst GBU eingenistet.
Die Halle der Fliegertechnischen Schule verfügte an der Decke über eine Kranbahn mit Laufkatze. In den Hallen standen die verschiedenen Flugzeugtypen. Zu Appellen oder anderen Veranstaltungen konnten von hier aus auf kürzestem Wege die Flugzeuge auf dem Exerzier und Appellplatz gefahren und abgestellt werden. Im März 1945 hatte sich der hier stationierte Führungsstab vor dem anrücken der Russen abgesetzt. Leider bietet das Innere der Hallen heute ein trauriges Bild der Verwüstung. Viel Glas sorgte auch hier einst für hervorragendes Licht und ein ausgezeichnetes Arbeitsklima. Ein Großteil der Scheiben und Fenster sind zerstört, Glassplitter überziehen den gesamten Holzbetonfußboden.,Abdeckungen der Kabelschächte entfernt. Dennoch sind die abgetrennten Arbeits- und Forschungsbereiche deutlich zu sehen. Räume für Ausbilder und Techniker lagen etwas erhöht über den Lehrkabinetten. In diesen getrennten Bereichen wurde an verschiedenen Baugruppen wie beispielsweise an hydraulischen Flugzerugteilen, Bremsen, Ummantelung oder Elektrik geschult oder es wurden von den Offiziersschülern Bomben zerlegt. Jede Abteilung hette seinen zugewiesenen Meister oder Ingenuier. Ausgebildet wurde an allen damals gängigen Flugzeugtypen. Verschiedene Kugelfänge in Größe und Aussehen, teilweise mit unterirdischen Verbindungsgängen liegen noch verstreut im riesigen Areal des Objektes. Die Flugzeuge wurde hier justiert und die Bordbewaffnung eingeschossen. Unser Spezialist für Feinheiten Gotti konnte auf einem gebrannten Tonrohr (200mm) auf dem Dach der Halle die Firmenkennzeichnung „Hoffmann & Co. Bunzlau“ beheimatet in Schlesien ausmachen.
Ein ständiger Gast der Höheren Fliegertechnischen Schule war Reichsmarschall Hermann Göring gemeinsam mit den Vertretern der Flugzeugindustrie und Entwicklung.
Nach Einnahme der Russen wurde die Halle unter anderem als Sporthalle genutzt und einige Wäne neu eingezogen sowie störende Mauerteile entfernt.
Technisch - Zivile Verwaltung (graues Gebäude) und die Eingangshalle zur Fliegerschule
Detailansichten mit Tonrohr der Firma "Hoffmann & Co Brunzlau" aus Schlesien auf dem Dach der Fliegerschule
Im Objekt gab einen mittlerweile abgerissenen Kreuzbau. Dieser war bis zum Ende 1945 streng geheim und es sind bis heute nur wenige Erkenntnisse über die Nutzungsweise durch einen zusätzlichen Zaunes abgesicherten Baus bekannt. Der ausgelagerte Bereich wurde von Spezialeinheiten bewacht. Es wurden an der Jägergroßsteuerung geschult, Blindflugverfahren getestet, der Jäger JU 88 wurde zum Strurzkampfbomber umgerüstet, die Apparaturen und Instrumente für Nachtflugverfahren wurden getestet. Nach erfolgreicher Auftragserledigung wurden die Ergebnisse in die verschiedenen Flugzeugtypen eingearbeitet und massenmähsig umgesetzt.
Die mehrstündige Führung wurde mit der Haupttrafostation für die Höhere Fliegertechnische Schule abgerundet. Instalationen und Reste der Anlage mit zum Teil noch deutscher Beschriftung sind noch vorhanden und zeugen von einem enormen Energieverbrauch des Komplexes.
Das Team Bunkersachsen möchte sich mit diesem Beitrag bei den Kameraden der Barbarahalle für die umfangreiche und hoch informatife Besichtigungstour bedanken.
Quellen:
[1] Broschüre des Vereins „Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern“
[2] Broschüre des Vereins „Höhere Fliegertechnische Schule Altes Lager“
Aussagen vom „Oberkommandierenden Helmut“, Schelter „Albrecht““ 2009