Die Entwicklung des Stellungsausbaus im deutschen Heer bis Ende des Zweiten Weltkrieges in vier Teilen
Teil 3:
Zur Thematik sind in der Materialsammlung
„AN VORDERSTER FRONT – Ausgesuchte Forschungsergebnisse zur Geschichte, zum Bau, zur Wartung und zum Betrieb feldmäßig und stationär errichtbarer Schutzbauten und Infrastruktur für Streitkräfte“
folgende Interessante Ausführungen zu finden.
„Zu einigen Grundlagen des Stellungsbaus im Deutschen Heer im II. WK“
„Schon vom ersten Weltkrieg wurde in Feldbefestigungen für die Verteidigung und solche für den Angriff unterschieden, wobei für letztere einfache Schanzarbeiten genügen mußten. Dagegen hielt man es unbedingt für notwendig die Feldbefestigungen der Verteidigung sorgfältig zu erkunden und zu planen. Das Vorfeld war durch Hindernisse unbegehbar zu machen, ausreichendes Schussfeld für die Waffen mußte vorhanden sein. Eine entsprechende Tiefengliederung wurde dadurch erreicht, daß man mehrere Stellungen hintereinander anlegte. Deren Abstand sollte möglichst so groß sein, daß ein gleichzeitiger Angriff auf beide ausgeschlossen werden konnte. Jede Stellung besaß mehrere, durch ein System von Verteidigungsgräben zu erreichende Linien.
Unterschieden wurde in Kampfgräben, Verkehrsgräben, Wohngräben und Deckungsgräben. Einbauten konnten Splitter- oder schusssicher sein, wobei erst eine 5m starke Eindeckung sicheren Schutz gegen Artillerievolltreffer des Kalibers 21cm bot. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges spielte die Panzersicherheit noch nicht die entscheidende Rolle. So wurde in den Ausbildungstafeln der Infanterie Nr. 17 „Feldbefestigungen“ vom November 1940 vor allem Wert daraufgelegt, die eigenen Waffen zur Wirkung zu bringen. Eine im Kriegsverlauf erfolgte Differenzierung der Ansichten widerspiegelt das Merkblatt 77/6 „Grundsätzliche Bemerkungen über Erkundung und Ausbau von Panzerhindernissen“ vom 15. November 1944.
Wörtlich heißt es „Die Forderung nach Panzersicherheit hat bei der gegenwärtigen Panzerabwehrlage den Vorrang, auch wenn hierdurch Belange anderer Waffen beeinträchtigt werden. Vorgestaffelte Pak- und leichte Infanteriewaffen suchen versteckte flankierende Feuerstellungen, bevorzugen den Hinterhalt und nehmen beschränktes Schussfeld in Kauf.“
Die Reihenfolge der Kriterien , nach denen eine Hauptkampflinie (HKL) ausgewählt werden sollte, sah zum Ende des Krieges wie folgt aus; 1. Die Ausnutzung panzersicheren Geländes 2. Das Vorhandensein günstiger Beobachtungsstellen für die schwere Infanteriewaffen und für die
Artilleriefeuer 3. Das Schussfeld für die leichten Infanteriewaffen 4. Die Möglichkeit weit vorn eingesetzte Panzerjägerkolonnen aus günstigen Feuerstellungen zur
Geltung bringen zu können.
Um eine Tiefenstaffelung der Panzerhindernisse zu erreichen, wurden vordere Panzersperrriegel in der Panzerauffanglinie im Rahmen der Hauptkampflinie angelegt. Rückwärtige Panzersperrriegel gehörten zu den Panzerauffanglinien in der Tiefe der eigenen Verteidigung. Minen bzw. Minensperren ergänzten die eigenen Feldstellungen und Panzerhindernisse, verstärkten deren Widerstandskraft, bedurften aber zugleich der Überwachung durch die eigenen Waffen. Im deutschen Heer wurde bei der Anlage von Feuerstellungen nach zwei Ausbaustärken unterschieden, den feldmäßigen Ausbau und den verstärkten feldmäßigen Ausbau. 1. feldmäßiger Ausbau
Er erfolgte durch die Truppe mit dem am Einsatzort vorhandenen Bau- und Tarnmaterial. Im Allgemeinen boten die Baulichkeiten Schutz vor Granatsplittern, vor dem Beschuss aus Gewehren, Maschinengewehren und Bordkanonen. Ein stärkerer Schutz, zum Beispiel vor der Wirkung von 10,5cm – Granatwerfern sollte dann angestrebt werden, wenn es die taktische Lage, die Arbeitskräfte, die Baustoffe und die Zeit es gestatten würden.
Splittersichere Anlagen ließen sich nachträglich verstärken. Probleme brachte die Tatsache mit sich daß Feldstellungen und -bauten gegenüber der Witterung nur begrenzt haltbar waren und der ständigen Unterhaltung bedurften. Aus dem Grund sollten sie dort, wo es möglich erschien, mit Stahlbeton ausgebaut werden. Damit verband sich ein besserer Schutz gegen Witterungsunbilden und gegen Beschuss. 2. verstärkter feldmäßiger Ausbau
Mit der Ausbaustufe wurde das Ziel verfolgt einen wirksamen Schutz gegen mehrere Granattreffer des Kalibers 10,5cm zu erreichen. Sicherheit sollte auch vor dem Beschuss aus dem russischen 120mm – Regimentsgranatwerfer und vor Deckentreffern mit 50kg – Bomben gewährleistet werden. Das war in aller Regel nur möglich, wenn die Feldbefestigungen in der Stahlbeton- oder Felshohlbauweise ausgeführt waren. Der erhöhten Sicherheit im Feuerbereich der gegnerischen Artillerie und vor Bombenangriffen dienten auch minierte Unterstände, die aber in weichen Böden in einer Tiefe von mindestens 8m angelegt werden mußten. Minierte Unterstände waren als Kampfstände nicht geeignet. Der Tarnung einzelner Anlagen sowie des gesamten Stellungssystems wurde 1944 ausschlaggebende Bedeutung beigemessen.
Wegen des großen Zeit- und Arbeitskräftebedarfs, wegen der Notwendigkeit Baustoffe und Arbeitsmaschinen zu verwenden, wurde der feldmäßige und der verstärkte feldmäßige Ausbau und die Anlage minierter Unterstände in den meisten Fällen nicht von der kämpfenden Truppe ausgeführt. Dafür gab es als Heerestruppen Stellungsausbaustäbe und Stellungsbaupioierbataillone (in der Kriegsgliederung des Feldheeres vom Januar 1944 fünf bzw. 38), weiterhin Gesteinsbohrkompanien, Wehrgeologenstellen und Baustoffkolonnen. Vielfach werden Hilfskräfte aus der Bevölkerung herangezogen“
Quelle:
„Zu einigen Grundlagen des Stellungsbaus im Deutschen Heer im II. WK“ / „AN VORDERSTER FRONT“
Die Entwicklung des Stellungsausbaus im deutschen Heer bis Ende des Zweiten Weltkrieges in vier Teilen
Teil 4:
Zur Thematik sind in der Materialsammlung „AN VORDERSTER FRONT – Ausgesuchte Forschungsergebnisse zur Geschichte, zum Bau, zur Wartung und zum Betrieb feldmäßig und stationär errichtbarer Schutzbauten und Infrastruktur für Streitkräfte“
folgende Interessante Ausführungen zu finden.
Stellungssysteme für die Verteidigung setzen sich aus einer Vielzahl normierter Feldstellungen und -bauten zusammen. Dazu gehörten: 1. Gräben, Kampfanlagen, Beobachtungsstellen und Unterstände
- Gräben, nicht überdeckte Feuerstellungen, überdeckte Feuerstellungen, Beobachtungs- und Nachrichtenstände, Hochstände, Unterschlupfe, Unterstände, behelfsmäßige Unterkünfte
3, Anlagen verschiedener Artillerie
- Luftschutzgräben, Feldkabelgräben, Scheinanlagen, Masken, Straßen und Wege, Anlagen zur Wasserversorgung, Aborte.
Wichtigster Anhalt für die Anlage von Feuerstellungen bei der Infanterie im deutschen Heer war zunächst die H,Dv. 130/11 „Ausbildungsvorschrift für die Infanterie“, Heft 1: „Feldbefestigungen der Infanterie“ aus dem Jahr 1940. Im Krieg stiegen die Anforderungen an Feldstellungen und -bauten genau so, wie die Dauer ihrer Nutzung und ihre Zahl, an den langen und nur dünn besetzten
Stellungssystemen an der Ostfont zunahm. Sie spielten eine wichtige Rolle bei der Verstärkung der Widerstandskraft der Verteidigung. Die Anlage von Feldstellungen und -bauten konnte nicht mehr nur die Aufgabe der Pioniertruppen sein. Diesbezügliche Anforderungen kamen auch auf die Infanterie und die anderen Waffengattungen des Heeres zu. Um der Truppe einen vorläufigen Anhalt zum Bau von Stellungen zur Verfügung zu stellen, wurde am 15. September 1942 das Bildheft „Entwurf Neuzeitlicher Stellungsbau“ herausgegeben. Neben sehr anschaulichen Zeichnungen der einzelnen Stellungen enthielt das Merkblatt detaillierte Angaben über den jeweiligen Bedarf an Arbeitskräften, die Arbeitszeit, den Baustoffbedarf, den Bedarf an Werkzeugen und Geräten sowie die Arbeitsgänge. Am 11. März 1943 erschien ein Nachdruck des Merkblattes 57/5 mit eingearbeiteten Berichtigungen. Schließlich wurde am 1. Juni 1944 eine nochmals überarbeitete Ausführung des Merkblattes 57/5 „Bildheft Neuzeitlicher Stellungsbau“ herausgegeben. Es sollte als Anhalt für den Bau feldmäßiger Anlagen einer Stellung dienen, für die keine außergewöhnlichen Geländeverhältnisse vorlagen. Besonders wurde darauf hingewiesen, daß „bei Bauformen und Maßen, die im Widerspruch zu noch gültigen Vorschriften stehen, die Angaben des „Bildheftes“ auf Grund neuer Erfahrungen Gültigkeit besitzen. So gesehen können die Darstellungen des Merkblattes 57/5 als typisch für den Stellungsbau des deutschen Heeres im letzten Kriegsjahr angesehen werden.