Im EWIGEN GEDENKEN an ALLE BERGLEUTE & KUMPEL die WELTWEIT, die bis zum heutigen Tag & darüber hinaus bei ihrer schweren Arbeit ums Leben kamen oder leider noch lassen werden.
22. Februar 1960: Grubenunglück in Zwickau
Am 22. Februar 1960 ereignete sich in Zwickau das schwerste Grubenunglück in der Geschichte der DDR. Es ist kurz nach acht, die Frühschicht ist eingefahren, da kommt es im Karl-Marx-Schacht zu einer schweren Explosion. 174 Bergmänner werden verschüttet. Sie sind zum Zeitpunkt des Unglücks über 1.000 Meter unter Tage. Rettungskräfte sind sofort zur Stelle. Sie kämpfen sich hinunter in den Schacht, der mit Qualm, Feuer und Hitze ausgefüllt ist. Der DDR-Rundfunk schickt einen Korrespondenten nach Zwickau. Er berichtet am nächsten Morgen: "Siebzehn Todesopfer sind bis jetzt zu beklagen. Sie wurden schon geborgen unidentifiziert. Und mehr als hundert Kumpel sind noch tief unten im Schoß der Erde, abgeschlossen durch das Feuer von den Rettern, die einen unentwegten Kampf kämpfen, um sie dem Bergmannstod zu entreißen.
Etwa 500 Mann sind rund um die Uhr im Einsatz. 48 Stunden nach dem Unglück reist auch Ministerpräsident Grotewohl nach Zwickau. Er appelliert an die Rettungsmannschaften, nichts unversucht zu lassen: "Wir möchten, dass wir darin einig sind, solange wir noch einen Atemzug da unten für möglich halten, solange werden wir unsere Arbeit um die Rettung des letzten Mannes fortsetzen."
Tagelang wird um das Leben der Eingeschlossenen gekämpft. Bergleute aus allen Revieren der DDR und der Tschechoslowakei reisen an, um zu helfen. Und tatsächlich gelingt es, einige Bergmänner zu retten. Doch nach sechs Tagen kommt das Aus: In dem verzweigten Schachtsystem hat sich ein neuer großer Brandherd gebildet. Die Einsatzleitung beschließt, den Abschnitt zuzumauern, damit sich das Feuer nicht ausbreiten kann.
Die verschütteten können nach menschlichem Ermessen nicht mehr am Leben sein. Die schreckliche Bilanz: 123 Tote. Warum sie sterben mussten ist bis heute unklar. Experten haben die Ursache für die Explosion zwar akribisch untersucht, aber nie gefunden“.
174 Bergleute waren an jenem Morgen um 6 Uhr eingefahren. Die Handwerker in der Grube als letzte. Der zwanzigjährige Elektriker R. L. ist einer von ihnen. In einem Bericht der „Freie Presse“ vom 19.02.2010 äußert er sich unter anderem so zu seinen Erlebnissen an jenem schrecklichen Ort.
Sein Ziel und das der drei Kollegen seiner unmittelbaren Abteilung ist die Mittelsohle am Blindschacht 32. Die Uhr zeigt 8:20Uhr, als es „..zweimal jämmerlich knallt, es gibt einen unheimlichen Luftdruck, das Licht geht aus, Staub in großen Mengen liegt in der Luft. Und dann gab es eine unheimliche Ruhe“, sagt L. Aber es ist auch der Augenblick der im Berg über Leben und tot entscheidet. Der Revierleiter schickt die Männer los zum Schacht 32. Dort aber müssen sie feststellen, das die Leitern fehlen. So geht es zurück in der Hoffnung, 1000 Meter unter Tage einen anderen Fluchtweg zu finden. Aber jetzt begann der Tumult, „weil alle furchtbare Angst hatten“, erinnert er sich.
„Dann gibt es ein Gerangel um die Selbstretter“ Atemfilter, die das tödliche Kohlenmonoxyd binden, und nur den Sauerstoff zur Atmung durch lassen. Bei dieser chemischen Reaktion werden die Filter so heiß, das man sie nicht mehr anfassen kann. „Mann dörrt aus der Kehle, das ist unglaublich schmerzhaft“, weiß der Bergmann. „Aber mir war eins klar: wen ich den absetzte, war es das“. L. schafft es irgendwie und unter Schmerzen den Selbstretter nicht abzusetzen. Er geht als einzigster in Richtung Frischwetter. Möglicherweise rettet ihm das sein Leben. „Dann finde ich ein Seil von der Seilbahn“.
Er irrt also weiter, nun durch das erste Feuer an brennenden Stößen vorbei, dort wo die Kohle abgefüllt worden war. Und dorthin, wo die Luft etwas frischer wird. Er geht weiter und stößt auf die zweite helle Feuerwand. „Da bin ich wieder durch“, so L. Dahinter hört er Stimmen- und ahnt: er könne es schaffen. „Ganz links unten, ganz links unten“ schreien Männer immer wieder. Er soll nicht unmittelbar am Feuer vorbei. Was er erst später erfahren wird: Die anderen drei Kollegen aus seiner unmittelbaren Abteilung schaffen es nicht. Sie gehören zu den 123 Opfern dieses Tages.
Noch gibt es keine Beförderungsmöglichkeiten hier unten. Mehr als 800 Meter muss er laufen bis er den Blindschacht erreicht hat, wo er auf dem Beifahrersitz einer Lok Platz fand und zur Werkstatt fährt. Es ist elf, vielleicht zwölf Uhr mittags, als er wieder den Himmel sieht.
Im Schacht wird weiter gestorben.
Am Montag, den 22.02.2010 fand eine Ökumenische Gedenkfeier in der Moritzkirche Zwickau statt. Anschließend legten die Teilnehmer gegen 9.45 Uhr an der bergmännischen Gedenkstätte auf dem Hauptfriedhof Kränze nieder.
Die Moritzkiche
Persönliche Eindrücke bei den Feierlichkeiten.
Läuteten im Mittelalter sämtliche Glocken eines Ortes zum Sturmleuten vor Katastrophen oder Angriffen, so war es an diesem denkwürdigem 22. Februar 2010 ganz anders.
51 Zwickauer Kirchenglocken ließen eine bedrückende „Trauermelodie“ über der alten Bergmannsstadt erklingen.
Es ist der 22. Februar 1960, der als „Schwarzer Montag“ in die Geschichte des Steinkohlebergbaus eingehen sollte. Sirenen und Martinshörner dröhnten nach 8 Uhr 20 in den Straßen Zwickaus. Im VEB Steinkohlenwerk musste etwas Schlimmes geschehen sein.
50 Jahre nach einem der tragischsten Grubenunglücke Deutschlands kamen in Zwickau Hunderte Menschen zusammen, um zu trauern, zu gedenken und sich zu erinnern.
In der voll besetzten Moritzkirche wurde ab 8.40 Uhr ein feierlicher ökumenischer Gedenkgottesdienst zu Ehren der 123 umgekommenen Bergleute und deren Hinterbliebenen abgehalten.
Wohl um die 800 Trauergäste hatten sich versammelt, um gemeinsam der Opfer des Grubenunglücks vom 22. Februar 1960 zu gedenken. Begleitet von feierlicher Orgelmusik sprachen die Geistlichen ihre einfühlsamen Worte. In den voll besetzten Rängen herrschte angespannte Ruhe.
Nach einer ergreifenden Rede eines der kirchlichen Vertreter zu seinen Erlebnissen an jenem schrecklichen Tag im Jahre 1960, schloss sich das Kirchenlied „Ich weiß woran ich glaube“ an, bevor der Knappenverein ein herzzerreißendes Lied vom Leben und Schaffen des Bergmannes sang.
Ruhe zog wieder im ehrwürdigem alten Kirchengemäuer ein, als die Namen der 123 verunglückten Bergleute, begleitet von ruhiger, ja fast traurig – geschmeidig spielender Orgelklänge aufgerufen wurden. Ein jeder Name, ein jedes Schicksal hallte am heutigen Tag zum „Tempel der Bergmänner“ gewordenen Kirche nach. Und nach nunmehr 50 Jahren weilten die Seelen der toten Kumpel nochmals im Kreise ihrer Hinterbliebenen, Freunde und Kameraden.
Eine gestiftete Bronzetafel mit den 123 Namen war neben dem Altar aufgestellt. Im ewigen Gedenken an dieses schwere Grubenunglück fand sie nach der Trauerfeier in den Zwickauer Priesterhäusern im Bereich der Stadtgeschichte einen würdigen Platz.
Ein gemeinsames Gebet der verschiedenen kirchlichen Vertreter und trauernden Gäste beendete einen würdevollen, feierlichen und prägenden Gedenkgottesdienst.
Beim Verlassen des Gotteshauses klangen noch die Worte eines der Bergmannlieder im Ohr,
„…wohl in die Tiefe, wohl in den Schacht…“
Im Anschluss versammelten sich alle Teilnehmer vor der Moritzkirche, um sich zu einem nicht enden wollenden Trauerzug zu formieren. Der trauernde, gedenkende und erinnernde Zug bewegte sich von der Kirche hinweg zur Gedenkstätte des Unglücks auf dem Zwickauer Hauptfriedhof. An der inzwischen mit Kränzen, Gebinden und Blumen geschmückten Stätte, wurde den toten Bergmännern die letzte Ehre erwiesen. Der vorgesehene Platz für die Kränze und Blumen reichte kaum noch aus, so dass schnell ein wenig improvisiert werden musste.
Die feierliche Veranstaltung nahm nun allmählich ein feierliches Ende.
Die Sonne strahlte, der Himmel zeigte sich im herrlichen Blau, so als wollten sie die Bergmänner ein letztes Mal begleiten.
DIESES LETZTE MAL NUN INS EWIGE LICHT
Nach ablegen eines Kranzes mit Gebinde an der Gedenkstätte schlenderten F. und ich noch über den Friedhof, um die ein oder andere Frage zu diesem schrecklichen Geschehen zu klären, um neue unbeantwortete zu stellen. Thesen, Gerüchte und Fakten zu Hergang des Geschehens 1960 im „Karl – Marx – Schacht“, Schuld oder Unschuld, Abwend- oder gar vermeidbar?
So erläuterten wir persönliche Auffassungen im Gespräch, und beschlossen, den Ort der Katastrophe aufzusuchen.
F. erklärte eindrucksvoll und informativ an den verschiedenen Orten das Geschehen des Jahres 1960. Die Zusammenhänge der Katastrophe, den Verlauf der dramatischen Rettungsaktion und die Entscheidung der Einsatzzentrale, den noch brennenden Abschnitt letztendlich zuzumauern, um eine noch größere Katastrophe zu vermeiden. Dies und noch andere interessante Erläuterungen gab er mit Sachkenntnis und fundiertem Wissen wieder. Ich folgte gespannt seinen Ausführungen.
Bedanken möchte ich mich bei
F. der mich den ganzen Tag begleitete und umfangreich und informativ das Geschehen erläuterte.
Auch Herrn Thomas Klemm gebührt Dank für die freundliche Genehmigung, seine Buchpräsentation mit der Kamera begleiten zu können.