Ab 1531 finden sich in den alten Steuerkarten von Chemnitz Nachweise über die kühlen Keller der brauenden Bürgerschaft. 19 verschieden große Kellersysteme wurden in den Kaßberg zur Aufbewahrung des Lagerbieres getrieben. Interessant auch die Aussage unseres Berggeistes, das Anfang des 16ten Jahrhunderts durchschnittlich 1,5 Liter Bier pro Tag und Kopf, gerechnet vom Kleinstkind bis zum Greis verkonsumiert wurde.
Zum Ende des 30jährigen Krieges setzte dann der Verfall der Gewölbe und Kellersysteme ein. Hinzu kam der Erlaß einer neuen Brau- und Schankordnung der königlich - sächsischen Landesregierung 1778. Das Brauen der Lagerbiere hörte ganz auf und „wurden von nun an auch die Bergkeller nicht mehr für die Brauereien benutzt, sondern kamen bald in gänzlichen Verfall″.
Mit der einsetzenden Industrialisierung nach 1880 wurden die Keller „neu“ entdeckt und als Lager für Lebensmittel genutzt.
Mundloch 1 bis 6
Ein weiteres mittelalterliches Gewölbekellersystem.
Noch vor knapp 12 Jahren war das heute schön mit Efeu umrankte Mundloch völlig verschüttet. Der Hang am Pfortensteg reichte bis zum heutigen Fußweg nahe des Kappelbaches. Nach der Freilegung und Abtragung des Erdwalls wurde die nun malerisch ins Bild passende Naturmauer in mühevoller Arbeit von den Vereinsmitgliedern gesetzt. Die insgesamt sechs Mundlöcher mit ihrem Gewölbelabyrinth forderten einiges an Arbeitsleistung und Zeit von den Männer und Frauen des Vereins ab.
Der Schlüssen rastet ein, die Tür öffnet sich und es geht ins Mundloch 1 in einen kleinen Vorraum ehe es dann weiter in ein herrliches System aus Gewölbegängen im ausgemauerten Zustand geht. Die Linsen der Fotoapparate laufen für einen Moment an, aber was soll’s. Wir haben Zeit und unser Berggeist eine ganze Menge Geduld mit uns.
Ursprünglich waren es hier zwei Kellersysteme. Mundloch 1 bis 4 sowie 5 und 6. Im zweiten, also hinteren Kellerteil hatte während der Luftangriffe der Chemnitzer Polizeikommandant einen Befehlsstand. Damit allerdings der eingesetzte Melder der Befehlsstelle nicht nur die Ausgänge 5 und 6, sondern eben auch die des vorgelagerten unterirdischen Bereiches, die Zu- bzw. Ausgänge 1 bis 4 nutzen konnte, wurde ein kompletter Querstollen als Verbindungsgang getrieben. Dies diente als Ausweichmöglichkeit bei eventuellen Volltreffern vor eines der Mundlöcher. Die ausgemauerten Gewölbegänge haben ebenso wie die bereits beschriebenen in der Fabrikstraße (Bericht: Fabrikstraße. 6) einen Hygienekalkanstrich zur Vermeidung von Infektionskrankheiten durch den Luftschutzbetrieb. Die natürlichen Krümmungen der Kellergänge waren natürlich ideal für die Inbetriebnahme als LSR. Etwaige Druckwellen hätten somit einiges an ihrer Wirkung verloren. Das Gewölbegangsystem ist ziemlich weitläufig, beinahe überall mannshoch, sprich ca. 1,80 m und der Fußboden mit Ziegelsteinen ausgelegt. Kleine Nischen sind im Rohzustand und auch hier ist wieder sehr gut das vorherrschende Gestein zu sehen. Entlang der Gänge reihen sich immer wieder eingelassenen Nischen mit Mauerwänden ein. Hin und wieder sind diverse Kesselinstallationen, Rohrschellen oder anderweitige Halterungen an den Wänden zu sehen. Auf eine „Besonderheit“ aus der Zeit als Nutzung für den Luftschutz wies uns Thomas dann beim betrachten einiger sonderbarer kleinen Kammern hin. Diese separat und abgetrennten Nischen waren der „gehobenen Chemnitzer Bürgerschaft“ vorbehalten. Während eines Fliegerangriffs konnten sie hier mit Familie unter sich die schreckliche Zeit des Bombardements abwarten. Bei einer Katastrophe im LSR hätte es wahrscheinlich auch schnell zu einer Falle werden können, wenn auf dem davor liegendem Gang Panik ausgebrochen wäre. Auch hier ist alles mit Hygienekalkanstrich versehen. Insgesamt sollen hier wohl bis zu 8 000 Personen Schutz gefunden haben. Bei Stromausfall stand hier ein Dieselaggregat zu Verfügung. Am Ende des ersten Kellersystems gelangt man an die Stelle wo während des zweiten Weltkrieges der Verbindungsgang zum angrenzenden Nachbarkeller angelegt wurde. Wie bereits erwähnt in erster Linie für den Meldegänger der Befehlsstelle im nun folgenden Kellerbereich, Mundloch 5 und 6. Es geht einige Stufen hinab und im Entengang geht’s durch den Verbindungsgang, schon hört man das erste Kratzen der Helme an der Gewölbedecke. Dieser Gang besitzt auch nicht den bisher vorgefundenen Hygienekalkanstrich. Wir sind im Bereich der Befehlsstelle. Das gleiche Bild, herrlich ausgemauerte Gewölbegänge. Später kommt der Kalkanstrich allerdings wieder zum Vorschein, ein Zeichen für das spätere Anlegen des Zwischenstollens. Zum Mundloch 6 zu gibt es dann noch eine Besonderheit. Hier wurden Ganganfänge mit Torbögen aus Vorführtuff angelegt. Tuff und Sandstein war das bewährte Baumaterial für mittelalterlichen Bauten wie Kirchen oder Brücken und eben dieser Torbögen, ca. 1,80 m hoch. Im Labyrinth stößt man beim befahren auch auf die verschlossen oder zugemauerten Mundlöcher 2 bis 5.
Treppe hinab zum Nachbarkeller, Mundloch 5 & 6, Ort des Befehlsstandes
Entengang
Auch wenn ich mich wiederhohle, ein herrlich ausgemauertes Gewölbelabyrinth mit wunderbaren Kreuzgewölben und einem Wirrwahr aus Gängen, Kammern und Nischen.
Die Pflege der Außenanlagen wird ebenfalls alles durch Vereinsmitglieder organisiert und durchgeführt. Leider haben die gewählten Stadtväter von Chemnitz für diesen Teil ihrer Stadtgeschichte wohl nicht all zu viel übrig .
Quelle.
Vielen Dank an Thomas und Begleiter dessen Name ich leider vergessen habe
Broschüre und Weltnetzseite www.chemnitzer-gewoelbegaenge.de/
Am Tag gesammelte Eindrücke und Aussagen