Im Schutzraum während des Luftangriffs
Die erste Pflicht und die wichtigste Forderung, die für die Bevölkerung während eines Luftangriffs und besonders im Schutzraum, ist: „Ruhe bewahren!“. Das Leben aller kann davon abhängen. Gefährlicher als jede Bombe ist nämlich eine Panik. Wer seine Nerven nicht in der Hand hat und Unruhe stiftet, muß damit rechnen, notfalls mit Gewalt zum Schweigen gebracht zu werden..
Ertönt „Fliegeralarm“, so verlassen alle Hausbewohner unter Mitnahme des vorher zurechtgelegten Schutzraumgepäcks die Wohnung und suchen den Schutzraum auf. Zum Schutzraumgepäck gehören vornehmlich Decken, Erfrischungen und Spielzeug für die Kinder sowie elektrische Taschenlampen. Beim Aufsuchen des Schutzraumes besteht für die Hausbewohner noch eine unmittelbare Gefahr da gewöhnlich zwischen Fliegeralarm und Beginn des Luftangriffs eine gewisse Spanne Zeit liegen wird. Nach den Anweisungen des stellvertretenden Luftschutzhauswartes nehmen die im Schutzraum eintreffenden Hausbewohner ihre Plätze ein. Schwächliche Personen sowie Kranke und Kinder werden besonders betreut. Zur Ablenkung werden die Kinder mit Spielzeug beschäftigt. Widerspruchslos ist allen Anordnungen des Luftschutzhauswartes und seines Stellvertreters Folge zu leisten.“
Quelle: "1 000 Worte Luftschutz" - Herausgegeben vom Präsidium des Reichsluftschutzbundes, Berlin Dezember 1937
1. Auflage; Mit Unterstützung der Daimler - Benz A.G., Stuttgard / Untertrürkheim
Hoehler Nr: 130
Hoehler Nr: 44
Berichte über mehrere Hoehler sowie dem Luftschutz unter Gera folgen demnächst
Hoehler Nr: 76
Luftschutzröhre und Fluchttunnel vom Hoehler Nr: 108 /109 zum Hoehler Nr: 107
Notausstieg Hoehler Nr: 75
Zwergengang Hoehler Nr: 45
Hoehler Nr: 73 bis 76
Notleiter und Verbindung zwischen verschiedenen Hoehlern
Die Höhler unter der Altstadt von Gera
Unter dem Altstadtkern erstreckt sich ein Labyrinth unterirdischer Gänge, die fünf bis acht, vereinzelt auch bis zu zehn Metern unter der Erde liegen. Ihre Entstehung ist eng mit der Entwicklung des Brauwesens in Gera verbunden.
Bis in das 16. Jahrhundert war hier neben der Bierbrauerei auch reger Weinanbau betrieben worden, an den heute noch der Flurname Weinberg erinnert. Klimaverschlechterungen und insbesondere die mangelnde Qualität des hiesigen Weines dürften wohl der Grund gewesen sein, daß der Weinbau schließlich ganz der Bierbrauerei wich.
Die Umstellung der Trinkgewohnheiten und das durch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Dreißigjährigen Krieg hervorgerufene Wachstum der Stadt hatte einen enormen Aufschwung der Bierproduktion zur Folge. Das Braurecht war bereits im ältesten schriftlich überlieferten Stadtrecht von 1487 an Hausbesitz der Bürger gebunden.
Da es zugleich das Schankrecht beinhaltete, ergaben sich aus seiner Wahrnehmung beträchtliche finanzielle Vorteile. Die erklärt, daß das Braurecht im wesentlichen auf die innerhalb der Stadtmauer gelegenen Grundstücke beschränkt blieb.
Da die normalen Keller der oft nur 3 bis 4 Meter breiten Häuser in der Altstadt den gestiegenen Ansprüchen nicht mehr genügten und im Sommer auch nicht kühl genug waren, wurden seit dem 16./17.Jahrhundert unter den brauberechtigten Häusern tiefe Höhler angelegt. Man sieht ihnen heute noch an, daß dies fachmännisch durch Bergleute geschah. Die wirtschaftliche Bedeutung der Höhler wird auch daraus ersichtlich, daß man beim Wiederaufbau der Stadt nach dem Brand von 1780 die alten Straßenfluchten im wesentlichen beibehielt, weil die Zuschüttung und Überpflasterung von Höhlern die Interessen brauberechtigter Bürger verletzt hätte.
Ursprünglich nur vom Haus des Eigentümers aus zugänglich, wurden die Höhler im Zweiten Weltkrieg als Luftschutzkeller genutzt. 1976 bis '78 durchgeführte Messungen ergaben für die 220 in der Stadt nachgewiesenen Höhler eine Gesamtlänge von knapp 9 Kilometern. In den Jahren 1986 bis 1989 wurden im Bereich der Ostseite des Steinweges zehn Höhler mit einer Gesamtlänge von 250 Metern als Führungsobjekt erschlossen. An den Wänden kann man wie in einem Geologischen Aufschluß die mehr oder minder mächtigen Platten des hier anstehenden Zechsteinkalkes verfolgen. An einer Stelle beginnen sich aus dem Sickerwasser Stalaktiten und Stalagmiten zu bilden. In den 3 Kellerräumen sind Schautafeln mit Informationen zur Geologie, zur Geschichte des heimischen Bergbaus und zur Bierbrauerei angebracht.