Das gigantische Hohlgangsystem im Zentralabschnitt

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Unter der Rubrik „U – Verlagerungen / „SCHACHTELHALM“ wird bereits ein Teilabschnitt in dieser riesigen unterirdischen Militärstadt und teilweisen Waffenschmiede für die deutsche Luftwaffe beschrieben.

Tauchen wir gemeinsam ein in eine unterirdische Stadt aus Beton und Stahl verbunden mit einem kilometerlangen Tunnelsystem. In der hier ewig herrschenden Dunkelheit, kurz unterbrochen vom Lichtstrahl unserer Lampen.

Das unterirdische Hohlgang- oder Tunnellabyrinth ist wohl eines der bemerkenswertesten Verteidigungsanlagen im deutschen wie auch internationalen Festungsbau.

Die größten Hallen oder Tunnel befinden sind direkt unter den Panzerwerken. Dies sind komplexe Bereiche mit Kasernen unter den jeweiligen Bunkern mit ihren Kampfständen. Neben einer Kaserne befanden sich unter anderem noch Unterkunftsräume, die Maschinenhalle mit Brunnen, sanitäre Anlagen und entsprechende Munitionshallen für MG- und Granaten des Maschinengranatwerfer (M 19). Die Hallen waren nochmals aus Sicherheitsgründen untergliedert und jeweils durch Stahltüren getrennt. Auch eingezogene Zwischendecken dienten vorsorglich für die Sicherheit der Landser. Vom unterirdischen Werksbereich führte in der Regel ein Treppenhaus sowie ein Fahrstuhlschacht über mehrere duzend Meter nach oben zu den Kampfanlagen. In diesem Hohlgangsystem waren bereits sämtliche Treppenaufgänge und Fahrstuhlschächte komplett ausbetoniert. Die Panzerwerke hier im Zentralabschnitt verfügten über Schartentürme für MG (drei und sechs Scharten), Kleinstglocke für Infanteriebeobachtung, Festungsflammenwerfer (F.N.) und dem Maschinengranatwerfer M 19.
Eine bauliche sowie auch technische Raffinesse lässt sich oberhalb (ca. 40 m) eines betonierten Schachtabschlusses neben dem Treppenhaus unter dem Panzerwerk 720 erkennen. Der Schachtabschluss hat eine Wandungsstärke von 45 cm Stahlbeton. Etwa 20 cm über diesem Abschluss liegt nun bereits das Fundament für den Kampfbunker Panzerwerk Pw 720. Das interessante an diesem Konstrukt ist nun, das der Bunker quasi wie eine Rohrmuffe über dem Schacht steckt. Der Bunker ist praktisch über den Schacht gestülpt. Dieser haubenartige Überbau sicherte den Bunker vor großkalibrigen Granattreffern. Die Wucht eines unmittelbaren Treffers hätte ihn möglicherweise an- oder ausgehoben. Auf Grund dieser Bauart wäre allerdings ein Schaden am darunter liegenden Treppenhaus und Fahrstuhlschacht wahrscheinlich eher gering ausgefallen.

Die bauliche Grundanordnung der unterirdischen Kasernen mit Munitionskammern, Maschinenhalle, WC und Sanitärtrakt und allen dazugehörigen Räumlichkeiten unter den jeweiligen Panzerwerken sind zum größten Teil identisch.

Zweifellos eine technologische Meisterleistung des deutschen Festungsbaus von der Planung bis zur Bauausführung und Vollendung.

Kleinere Verbindungsstollen im Tunnelsystem wurden zum Mannschaftstransport genutzt und führten zu den unterirdischen Anlagen der Panzerwerke. Die Schmalspurbahn (60mm) reichte bis zu den Kasernenbereichen unter den jeweiligen Panzerwerken des Zentralabschnittes. Die Stollen oder kleinen Tunnel waren gerade so groß, das die Mannschaften sitzend mit der Transportbahn zu bzw. von ihrem Einsatzort transportiert wurden. Der Hauptverkehrsweg zum Werk A West und Ost bildet hier eine Ausnahme und ist um einiges umfangreicher in seinen Ausmaßen.
Zum Werk A West und Ost befinden sich beiderseits der Hauptverkehrsstrecke groß angelegte Munitionshallen. Ich zählte in Richtung Werk A immerhin linkerseits 8 “kleinere” Kammern sowie entsprechend auf der gegenüberliegenden Seite insgesamt 11. Von diesen  11 Kammern sind 9 richtig groß, im Prinzip jeweils ein abgeschlossener Tunnel für sich. Die beiden anderen sind zwar bedeutend kleiner als die erwähnten 9, aber ihrerseits wiederum um einiges größer als die Munitionskammern oder -hallen links im Tunnelgang.
Ein Rundgang führt über Werk West zu Werk Ost. Drei unterschiedlich lange Hauptverkehrswege führen innerhalb des Labyrinths vorbei an Bahnhöfen, Wasserkanälen, unvollendeten Bunkeranlagen und fertig gestellten Kampfbunkern. Diese sind zum Teil über die betonierte Treppenhäuser zu erreichen. Kampfanlagen mit leichter und schwerer Bewaffnung lagen über dem weit verzweigtem System. Die einzelnen Werkgruppen gliedern sich von Süden nach Norden aus gesehen wie folgt auf.

- Werkgruppe Jahn
- Werkgruppe Friesen
- Werkgruppe Scharnhorst
- Werkgruppe Gneisenau
- Werkgruppe York
- Werkgruppe Lützow

Einige Kampfstellungen waren in Planung, allerdings nur wenige Meter vorgetrieben, wie zum Beispiel die Haubitzenbatterie „Ludwig“.

Für den Fall das der Gegner ins Hohlgangsystem eingedrungen wäre gab es spezielle Gangsicherungen. Einige Bereiche waren durch Tore gesichert hinter denen sich ausbetonierte MG – Scharten zur Hohlgangsicherung befinden. Etwa zehn Meter in Schussrichtung sind beiderseits oberhalb des Tunnels Sprengnischen angebracht. In ihnen stecken die verschließbaren Röhren (Bolzen) welche mit Dynamittangen bestückt werden konnten. Nach dem Ausfall der MG – Besatzung hätte diesen Abschnitt eine elektrische Zündung zum Einsturz gebracht. Die Ladungen waren in den erwähnten Sprengröhren platziert. Jeder Seitengang der im Hauptgang mündet konnte auf diese Weise gesprengt und damit versperrt werden

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Die diensttuenden Truppen unterlagen einem Rotationsprinzip und wurden nach festgelegten Aufenthalten in der unterirdischen Stadt ausgewechselt. Der Zeitraum ist uns allerdings bisher unbekannt. Dieses Austauschprinzip war notwendig um dem “Bunkerkollaps” und damit verbundene Kampfunktauglichkeit oder psychischen Belastungen der Soldaten vorzubeugen.

Die Bahnhöfe entlang des Hauptverkehrsweges im Hohlgangsystem sind vom Norden her alphabetisch benannt. Beginnend mit Bahnhof  “Anna” in der Nähe des Werkes A 62 und endend mit dem Bahnhof  „Konrad“ im südlichen Teil des gigantischen unterirdischen Hohlganglabyrinthes. Auf den Strecken zu den Kampfwerken bzw. dessen unterirdische Kasernenbereiche unterliegen die Bahnhöfe einer anderen Benennung, so befindet sich zum Beispiel zu Werk A 8 West  und Ost Bahnhof  “Martha” in östlicher Richtung und nach Westen hin zum Eingangswerk A64 Bahnhof „Ludwig“. Ein ausgeklügeltes Schienensystem durchzieht die Tunnel  aus Stahlbeton und Einbauten aus bestem Kruppstahl.

Man kann, nein man muss mehrere Stunden, und das möglichst mehrmals, im komplexen Hohlganglabyrinth verbringen um wenigstens einen einigermaßen aussagekräftigen Eindruck dieses gigantischen unterirdischen Bauwerkes zu gewinnen.
Es sind nun mittlerweile viele Stunden im imposanten Tunnellabyrinth geworden, ja und ich glaube das noch einige hinzu kommen werden.
Bis dahin.

Text: Axel
Fotos: Loreen, Jens & die Gilde der Schweizer Spezis (SS)

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Treppenhaus und Schacht, komplett ausbetoniert

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Mannschafts WC

Und nun Impressionen aus dem komplexen und gigantischem hohlgangsystem (ca. 30 km)

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Im Bereich einer Kaserne

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Stollenkreuz, Ende des Tunnels, bzw. Stollens

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Zur Bewaffnung

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Reste des Unterlaufes eines Maschinengranatwerfers M 19 im Pw 717. Aus dem Hohlgangsystem über das ausbetonierte Treppenhaus zu erreichen. darunter die Relikte des Festungsflammenwerfers F.N.

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Hierrauf haben uns Freunde aufmerksam gemacht

Datumsangabe vom 12. 07.1937

 

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