Einige Kampfbunker, Panzerwerke und Verteidigungsanlagen im Zentralabschnitt.
Werkgruppe Jahn
Es handelt sich bei dieser Auflistung ausschließlich um Bunker die von uns persönlich in Augenschein genommen wurde. Der ZA selbst hatte die laufende Nummerierung von 701 bis zu 783. Wobei man sagen muss das sich die Kampfbunker 775, 778, 780, 780a, 782 und 783 ursprünglich zur Nichlitz - Obra - Linie gehörten. Es gab allerdings unterschiedlichste Baustufen, mitunter gibt es nur wenige Meter Stollenvortrieb im Hohlgangsystem, wie zum Beispiel für die geplante Haubitzenbatterie der Bauklasse A in der Nähe von Bahnhof “Ludwig”, allerdings auf der gegenüber liegenden Seite im Tunnellabyrinth. 1938 hatte der Reichsführer A. Hitler den sofortigen Baustopp zugunsten des Westwalls am Atlantik befohlen. Der ZA gliedert sich in die Werkgruppen
- Werkgruppe Jahn
- Werkgruppe Friesen
- Werkgruppe Scharnhorst
- Werkgruppe Gneisenau
- Werkgruppe York
- Werkgruppe Lützow
Die Namen wurden nach herausragenden Personen des Befreiungskrieges von 1813 vergeben.
21 Kampfanlagen sind durch ein unterirdisches Hohlgangsystem (Bericht: Hohlgangsystem) miteinander verbunden. Einige kann man heute durch das unterirdische Labyrinth erkunden oder bei einem Streifzug durch die oberirdische Wildnis erkunden.
Weiterhin sind u.a. im ZA noch vorhanden:
Brücke mit Gravuren der deutschen Landsleute aus den 1940’er Jahren
Scheinkuppeln. Einfache aus Beton gegossene Schartentürme zur Täuschung des Feindes.
Panzerhindernis mit Panzergraben, Höckerlinie aus Betonelementen. Sie waren ein wichtiger Faktor im Zentralabschnitt.
Bei allen drei Abschnitten, Süd, Mittel (Zentral) und Nord konnten wir folgende Hersteller der Panzerteile ermitteln.
KRUPP
Rheinmetall
BVG – Bochumer Vereins Gesellschaft
Über die Situation vieler der Bunker und Besatzungen vor Ausbruch der Kampfhandlungen gibt ein Bericht im beim DÖRFLER -Verlag erschienenem Buch ”DIE DEUTSCHE FESTUNGS - FRONT / Ostwall, Westwall, Atlantikwall von S. Wetzig wieder. Hier ist unter anderem zu lesen.
”In der Nacht vom 20.zum 21. Januar 1945 wurde durch den Wehrkreis III (Brandenburg) das Stichwort ”Gneisenau” ausgelöst. Zwei Ersatzdivisionsstäbe hatten daraufhin mit Heimattruppen aus dem Regierungsbezirk Potsdam die Division 463 und aus dem Regierungsbezirk Frankfurt/ Oder die Division 433 aufzustellen. Gleichzeitig wurden über 30 Volkssturmbataillone aufgerufen. Dabei sollte der Volkssturm die Panzerwerke und die Ersatztruppen die Feldbefestigungen besetzten. Einen Einblick in den Zustand des Festungskampffeldes geben die bekannten Fakten über das zwei Kilometer lange ostwärts von Starpel gelegenes Panzerwerk 712. Am 21. Januar begann die Ausbildung der 90 Mann starken Volkssturmkompanie des Kreises Sternberg. Stammpersonal waren 17 Wehrmachtsangehörige. Als Bunkerkommandant fungierte ein Oberfeldwebel.
Die Entlüftung und Heizanlage waren außer Betrieb. Das machte den Bunker zum Eiskeller. Im Küchenraum befand sich ein elektrischer Herd, aber keinerlei Koch- und Haushaltsgerät. Der Sanitär- und Vorratsraum für Lebensmittel war leer: Die Verpflegung wurde bis zu Beginn der Kämpfe aus der Verpflegungsstelle der Schule in Burschen mit Pferdewagen geliefert. Am 28. Januar wurden Dauerbrote eingelagert. Bei Ausgabe von einem Brot für zwei Mann pro Tag reichten sie sechs Tage. Im Pumpenraum waren eine Handpumpe für Brauchwasser und eine elektrische für Trinkwasser vorhanden. Der Strom, der häufig wegen Überlastung und mit Beginn der Kämpfe ganz ausfiel, wurde von einer Überlandleitung geliefert. Für die zwei Notstromaggregate hatte man irrtümlich 600 Liter Dieselöl statt Benzin geliefert. Die Telefonanlage zum Abschnittsbunker 715 funktionierte nur bei Strom. Eine Funkanlage blieb unausgepackt in Kisten. Statt Uniformen wurden weiße Armbinden mit dem Aufdruck ”Volssturm” geliefert”.
30. Januar 1945
„... Gegen 9 Uhr näherten sich aus Richtung Kalau Panzer dem Bunker 712. Insgesamt fuhren 14 Panzer an der Panzergraben heran und standen somit 150m vom Panzerwerk entfernt. Nach drei geschossenen Salven gingen sie zu laufendem Feuer über. Ein Maschinengewehr – Turm und ein Minenwerfer fielen teilweise aus. Ein Mann wurde leicht verwundet. Nach über einer Stunde brach das Feuer ab. Die Panzerbesatzungen verließen die Gefechtsfahrzeuge, um die Wirkung des Feuers zu begutachten. Die beiden Maschinengewehre des einsatzbereiten Panzerturms schossen Dauerfeuer. 7 Rotarmisten wurden getötet. Danach setzten die russischen Panzer den Beschuß fort, bis sie sich verschossen hatten. Erst gegen 15 Uhr zogen sie sich zurück. Kein Geschoß war durchgeschlagen. Das Panzerwerk 712 blieb kampffähig“.
Panzerwerk 712, Baujahr 1938 / 1939
Ein Werk mit zwei Etagen der Baustärke B, das heißt mit einer Beton - Ummantelung (Decken und Wände) mit 1,50m Stahlbeton. Dieses Werk ist völlig zerstört, Fallgruben und Schächte sind ohne Abdeckung. Der Munitionsführungsschacht sowie der Schacht zur Kläranlage sind völlig offen und bieten somit eine Gefahr für Leib und Leben. Pz..W 712 hatte einen geplanten Anschluss an das unterirdische Hohlgangsystem Hochwalde zu den Nachbarwerken 713 & 715. Es diente als großes Panzerwerk für mindestens eine Infanterieausfallgruppe. Eingesetzt wurde es zur Sicherung der Bahnverbindung Paradis - Starpel.
WERKGRUPPE JAHN
Panzerwerk 713 & Pz.W 715, Baujahr 1936 / 1937
Beide Werke sind unterirdisch miteinander verbunden und durch das Hohlgangsystem zu erreichen. Wie im Werk 715 sind auch in 713 die Fahrstuhlschächte alle ungesichert. Das Stahltreppenhaus ist desolat, zu sehen sind neben dem wuchtigen Maschinenraum noch gelegentliche Versorgungskabel sowie Druckrohre der Wetterhaltung und Wasserversorgung. Eine elektrische Winde stellte den Transport von Munition, Baumaterial und Lebensmittel für die diensthabende Truppe sicher. Der Großbunker 713 zeichnete sich durch recht gut erhaltene Fragmente einer Stahl - Panzerscharte 7P7 für MG, einer Infanteriekleinstglocke 23P8 für Infanteriebeobachtung, einem Panzerturm 60P8 mit 3 Scharten für MG 34 mit Kalottverschluß, dem erhalten gebliebenen Stahlring für den Festungsflammenwerfer F.N 420P9 sowie dem Panzerturm 414P01 für Maschinengranatwerfer M19 mit Sockelring. Erhaltene Anlage mit einer Kampfebene und. Hohlgangverbindung zu 715.
Panzerwerk 715, Baujahr 1936 / 1937 ...
... kann mit der erhaltenen 7P7 und einem 420P9 (wie 713) sowie einem Panzerturm mit 6 Scharten für zwei MG 34 und Kalottverschlüßen locker mithalten. Der Panzerturm weißt Beschussspuren auf, in einem der Einschüsse steckt noch der Rest einer Panzergranate. Weiterhin ist hier noch der Sockelring für den Festungs – Flammenwerfer F. N. Beide Werke sind während der polnischen Schutzzeit für Fledermäuse nicht begehbar. Der senkrechte Schacht mit seinem anliegendem Stahltreppenhaus ist in einem desolaten Zustand. Im untertage Bereich sind ein imposantes Maschinenhaus, verschiedene Versorgungskabel, in erster Linie für die Luftzirkulation und zur Wasserversorgung zu finden. Eine elektrische Winde erleichterte den Munitionstransport sowie die Versorgung der im Hohlgangsystem diensttuender Landser mit Lebensmitteln und Baumaterialien. Im unterirdischen Bereich sind neben dem Schacht mit Fahrstuhl und Treppenhaus (ca. 50m), der Kaserne, das Munitionsdepot, ein Kraftwerk, dazugehörige Maschinenräume und der Hohlgangsanschluss zum Panzerwerk 713 vorhanden. Der Aufwand für eine Besatzung mit zwei Maschinengewehren war schon recht erheblich. Bei der Zugangsseite mit Flankensicherung sind wie auch bei dem Werk 713 über den Eingängen noch die Aufliegeeisen für Stahlnetze zu sehen. Sollten während der Kämpfe die Besatzungen der Panzertürme außer Gefecht gesetzt sein, sollten nun die Stahlnetze die Eingänge vor Hohlladungsminen feindlicher Pioniere schützen. Das MG für die Flankensicherung war immer die letzte Verteidigungsmöglichkeit der Zugang.
Bei diesem Panzerwerk 715 soll es zu folgender Begebenheit gekommen sein.
„Das Panzerwerk war eines der ersten fertiggestellten am OWB. Dem Reichsführer Adolf Hitler wurde 1938 dieses Werk bei einer Ortsbesichtigung vorgestellt. Er soll sich ziemlich erbost darüber geäußert haben, das der Aufwand für solch eine Anlage bei einer Bewaffnung von nur zwei Maschinengewehren völlig unakzeptabel wäre. „Eine Mausefalle für Feiglinge und Nichtkämpfer, mit unzureichender Feuerkraft“ sollen seine Worte gewesen sein“.
Panzerwerk 713
Panzerturm 60P8 mit 3 Scharten für MG 34 mit Kalottverschluß
Flankensicherung und Auffangeisen für feindliche Hohlladungsminen
Infanteriekleinstbeobachtungsglocke 23P8
Impressionen aus dem Hohlgang von Pz.W 713 zu Pz.W 715
Panzerwerk 715
Panzerturm mit 6 Scharten für MG 34 und Kalottverschlüßen
Rest einer Panzergranate
Zugangswerke zur Versorgung der Kampfanlagen
Panzerwerk 772& Pz.W 773, beide Baujahr 1937 / 1939
Die Werke 772 & 773 waren die Zugangswerke zum Hohlgangsystem. Die Panzerbauteile sind in beiden Bunkern weitestgehend zerstört, die Kampfetage gesprengt, lediglich in der Bunkeranlage 773 ist noch eine Stahl - Schartenplatte für MG (7P7) erhalten. 772 weist Beschussspuren auf, diese müssen aber nicht zwingend von Kampfhandlungen stammen. Nach Einnahme der FF OWB durch die Rote Armee wurden verschiedentlich auch Testbeschüsse durchgeführt. Interessanterweise kann man sich hier gleich zwei komplette Durchschüsse anschauen. Auch die Eingangsverteidigung ist komplett heraus gesprengt. Der Frontaltreffer ist abgeprallt und nochmals in die Bunkerdecke der Eingangsverteidigung eingeschlagen. Dadurch hängen noch heute gefährlich scharfkantige Betonbrocken versehen mit Bewährungsstahl herunter. Die heraus geschossene Panzerplatte und der zerstörte Betonvorbau lässt die Wucht des Einschlages erahnen. Die EV war mit einem MG 08/15 versehen. Ebenfalls einen Komplettdurchschuss gab es unmittelbar im Bereich über der Falltür. Der gesprengte Kampfraum kann erforscht werden, jedoch ist auf die Trümmer und Bewährungseisen zu achten, die nur darauf lauern, nachträglich Kampfspuren am Körper der neuen Eindringlinge zu hinterlassen. Beide Werke, 772 & 773 trennt ein schmaler Waldweg. Zerstörter Kampfraum auf einer Ebene..
Pz.W 773 ...
... weißt etwas weniger Beschussspuren auf, Herkunft auch hier unklar. An den abgebröckelten Stellen des Betons ist wunderbar die Struktur und Anordnung des Bewährungsstahles zu erkennen. Massive deutsche Wertarbeit. Hier ist noch eine 7P7, Stahl – Schartenplatte für MG vorhanden.
Panzerwerk 772
Panzerwerk 773
Quellen:
”DIE DEUTSCHE FESTUNGS – FRONT / Ostwall, Westwall, Atlantikwall. DÖRFLER Verlag. S. Wetzig
Warnehmungen uns Aussagen bei den verschiedeen Touren