Der Tschechoslowakische Grenzwall
Die Festungen der Benes – Linie
Teil 4: Die Infanteriekasematte N - S 82 Březinka
Von Ales Horak †
1938 & 2008
Brezinka 1938 und 2008
Vereinsarbeit vor Ort
Noch im Jahre 1989 war die Kasematte nur eine traurige Ruine. Die zerrissenen Flügel des Werkes und die in allen Seiten hervorragenden Teile der Armatur zeugten von den schweren Prüfungen, welche das Objekt bestehen mußte. Die ersten Beschädigungen verursachte die deutsche Wehrmacht nach der Besetzung im März 1939, in dem sie die Panzerglocken und auch einige Schießscharten heraussprengte. Nach der Beendung der Bewachung des Objektes begann die örtliche Bevölkerung mit der Plünderung und gewann so Material für den Bau von Häusern. Noch heute kann man z.B. in mehreren umliegenden Dörfern Gartenzäune finden, die aus Infanteriehindernissen gebaut wurden. Nach sehr kurzer Zeit blieben vom Werk nur die Teile der Inneneinrichtung übrig, die beim Bau fest mit ihm verbunden waren Die Ausrüstung wurde schon früher von der tschechoslowakischen Armee demontiert. Nach der Besetzung wurden aber auch diese modernen Waffen von den Deutschen übernommen und für eigene Befestigungen genutzt. So kann man noch heute korrodierte Reste der tschechoslowakischen Festungswaffen im Atlantikwall finden. Von der Kasematte "BÅ™ezinka" blieb auch nur ein Teil der Ziegeltrennwände übrig, auf der Fassade verblassten mittlerweile auch die letzten Spuren der ursprünglichen Tarnung. Am Ende des Jahres 1989 wurde das Objekt vom "Klub für Militärgeschichte Nachod" übernommen. Die ersten Arbeitseinsätze verwirklichten sich am 18. November und 30. Dezember 1989. In dieser Zeit waren die Archivunterlagen der "Direktion der Befestigungsarbeiten" (ŘOP) für gewöhnliche Leute noch nicht einsehbar, denn die sozialistische Tschechoslowakei nutzte damals noch einige Befestigungsobjekte an ihrer West- und Südgrenze zur Verteidigungszwecke. Aus dem Grunde mußten die Klubmitglieder sehr mühsam verschiedene Spuren auf den Wänden des Objektes suchen, von denen man auf die damalige Inneneinrichtung schließen konnte. Alle Arbeiten wurden weder vom Staat, noch der Gemeinde oder durch Sponsoren unterstützt. Die Qualität und Authentizität der ausgeführten Arbeiten wurden von Geschichtsforschern kontrolliert, die teilweise auch Klubmitglieder sind. Eine sehr große Hilfe stellte auch eine Sammlung historischer Aufnahmen dar, die wahrscheinlich aus dem Herbst 1938 stammen.
Im Laufe der Zeit konnte man auch die geheimen Archive untersuchen. Die langjährige Arbeit, die Feldforschung, sowie die Forschung in Archiven und die intensive Beschaffungstätigkeit, verwandelten das Werk zu einem einzigartigen Festungsmuseum auf dem Gebiet der Tschechischen Republik, heute Tschechien
Außenbeschreibung der Infanteriekasematte BÅ™ezinka
Das Objekt wurde im Jahre 1937 durch die Baufirma Ing. Rudolf FriÄ aus Bratislava (Preßburg) gebaut. Die Betonierung wurde vom 4. bis 9.Oktober 1937 durchgeführt. 1938 wurden beide Panzerglocken die in den Hüttenwerke Vítkovice (Witkowitz) hergestellt und installiert. Rechts auf dem Bunkerbauwerk eine vierschartige Glocke für schweres MG, links eine dreischartige Glocke für leichtes MG. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf die Tarnung des Werkes gelegt. Die Außenwände wurden mit einen Tarnbuntputz versehen, der heute sorgfältig restauriert ist. Aus dem Rand der Deckenplatte traten Stahlhalter zur Befestigung der Tarnnetze hervor. Dank der Tarnung war das Werk aus Richtung der Grenze kaum sichtbar. Vor den Hauptschießscharten befindet sich der „Diamantgraben“ für die verschossenen leeren Hülsen von den Festungswaffen und er sollte die Verschüttung der Schießscharten durch Erde verhindern, die durch Explosionen in der Umgebung des Werkes hätten auftreten können. Zum Schutz des Grabens und der Hauptschießscharten diente ein leichtes MG M26 aus einer unter Beton liegenden Schießscharte, sowie eine Handgranatenrutsche. In gewisser Weise wurde auch der Eingang verteidigt. Gegen das Steilfeuer wurden die Schießscharten und der Eingang mittels der Ausleger (verlängerte Deckenteile) geschützt. Die zwei Meter dicke Decke sollte das Werk gegen den Beschuß durch das Artilleriekaliber bis 24cm und gegen 250 kg schweren Luftbomben schützten. In den Rückwänden der Kasematte standen verschiedene Ventilationsöffnungen und auch ein Auspuff des Dieselaggregats zur Verfügung, welcher durch massive Schienengitter abgedeckt wurde. Jede Ventilatonsöffnung wurde außerdem nach oben hin gebrochen, so dass ein eventuelles Einwerfen einer Sprengladung unmöglich war. Die dicke der Rückwände beträgt im oberen Stockwerk ein Meter, im unteren Stockwerk 1,5m. Hinter dem Werk befindet sich heute nur noch ein Rest der Erdaufschüttung. Ursprünglich wurde es durch eine 4m dicke Schicht aus Brucksteinen und eine viele Meter dicke Erdschicht gebildet. Diese Schicht aus Brucksteinen sollte als nachträgliche Deckung der 2,25 m dicken Stirnwand des Werkes gegen feindlichen Beschuß dienen. An der Stelle befand sich auch die Öfnung eines Kanalisationsschachtes. Die Erdaufschüttung des Werkes wurde während der Zeit der Besetzung bei der Vorbereitung der Kasematte zum Probebeschuß beseitigt.
Innenbeschreibung der Infanteriekasematte Březinka, unteres Stockwerk
Der Rundaum unter der linken Panzerglocke sollte zur Lagerung der Zeithandgranaten M38 und der Leuchtraketen dienen. Die Handgranaten wurden für Rutschen bestimmt. Aufgrund der Tatsache, dass die Granaten M38 erst im Herbst 1938 produziert wurden, lagerte man an diesem Ort provisorisch zwei Kisten (je 25 Stück) Aufschlaghandgranaten M34.
Der Waschraum und das WC sollten nur zu Kampfzeiten genutzt werden. Zur Verfügung standen hier zwei Wasserklos getrennt durch eine Betonwand. Unter dem Fußboden wurde eine Abfallgrube "OMS" (Otto-Mohr-System) versenkt.
Der Filtrierraum wurde im Jahre 1938 nicht komplett ausgerüstet. Nach einer zeitgemäßen Aufnahme fehlten damals die Filterbatterien und die Wasserzuleitung in den Wärmetauscher. Dies hing mit dem fehlenden Dieselaggregat im Maschinenraum zusammen, dessen Kühlwasser sollte durch den Wärmetauscher die Luft erwärmen. Der Filtrierraum wurde also ungefähr nur zu 70% fertig. Heute ist der Raum völlig in dem für das Jahr 1939 geplanten Zustand ausgerüstet. Die Ausrüstung bilden drei Batterien, der Rauch- und Gasfilter und ein Gebläse mit elektrischem, sowie Handbetrieb. Die Luft wird mittels einer Öffnung im Werkseingang angesaugt, weiter in einem Staubfilter entstaubt und bei normalem Betrieb weiter durch den Erwärmer und Gebläse in einzelne Räume mit einem bestimmten Überdruck gedrückt. Dieser Überdruck verhinderte das Eindringen von chemischen Kampfstoffen ins Werk. Die Luftzirkulation erneuerte den durch die Besatzung, die Waffen und das Aggregat, verbrauchten Sauerstoff. Im Falle eines Gasangriffes wurde im Filtrierraum der Luftumlauf statt durch den Erwärmer durch die Filterbatterie geleitet. Dies senkte zwar die Leistung der Ventilation, aber die Besatzung des Objektes mußte nicht in Gasmasken kämpfen. Beim Gasbetrieb wurde vorzugsweise das obere Stockwerk ventiliert, wo die größte Menge der Abgase entstand. Für rechzeitige Meldung eines Gasangriffes stand im Filtrierraum auch einen Messgerät zur Verfügung. Bei normalem Betrieb betrug die Gebläseleistung cca 2200 m3/Std., beim Gasbetrieb senkte sich die Leistung auf cca 1500 m3/Std.
Das Kommukationssystem sollte neben der Telefonverfbindung im Störungsfall zur Übermittllung der Infomationen zwischen den Werken der schweren Befstigung dienen. Das Prinzip der Verbindung basiert auf der Ausbreitung der elektromagnetischen Wellenbewegung in der Erde. Die Reichweite der Erdtelegrafie war gering. Sie überschritt nicht 1. 500 m die zeitgemäßen Unterlagen gingen sogar von nur 500 m aus. Es reichte aber aus um die Nachbarwerke zu erreichen.
Der Maschinenraum der Kasematte wurde im Jahre 1938 mit einem Dieselaggregat mit einer Leistung von 8 kW ausgerüstet, der elektrischchen Strom zur Versorgung aller Einrichtungen des Werkes produzieren sollte. Die Ausrüstung des Maschinenraumes ergänzte noch ein Gebläse zur Abgasabsaugung und ein Behälter mit Kühlwasser. Das Aggregat blieb aber im Jahre 1938 ohne Verbindung zum elektrischen Netz, da die dazugehörigee Schaltschränke noch fehlten. Aus dem Grunde mußte die Besatzung eine Notbeleuchtung mittels Petroleumlampen nutzen. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, daß das Aggragat auch nach dem Anschluß an das Werknetz nicht ununterbrochen laufen sollte. Es wurde nur für den Kampfeinstz vorgesehen. Neben dem Maschinenraum stand ein kleines Lager für Kraftstoffe zur Verfügung. Die gelagerte Kraftstoffmenge sollte für 14 Tage Aggragatbetrieb ausreichen.
Die Gesamtstärke der Werkbesatzung mit Unteroffizieren und Offizieren betrung 32 Mann.
Unter der Treppe befand sich ein 61,75 m tiefer Brunnenschacht mit einer Pumpe ROYAl.. Da im Jahre 1938 das elektrischen Werknetz noch nicht funktionierte, mußten die Soldaten das Trinkwasser manuell pumpen.
Innenbeschreibung der Infanteriekassematte Březinka, oberes Stockwerk
Im rechten Flügel des Werkes wurde am 23.Juli 1938 eine Panzerglocke mit drei Schießsccharten und einer Öffnung in der Kalotte (Kugelförmiger Verschluss A. F.) installiert, die zu Beobachtungs- und Nahverteidigugszwecke mittels eines leichten MG dienen sollte. Ihr Gewicht betrug 20. 200kg und ihre Wände waren 20cm stark. Das Schicksal der Panzerglocke nach ihrer Heraussprengung durch Deutschen ist unbekannt. Der beschädigte Schacht wurde vom KVH repepariert und mit einer Nachbildung der Panzerglocken versehen. Im Innenraum der Panzerglocke befindet sich eine durchbrochene und in Höhenrichtung einstellbare Plattform, die mittels einer Leiter zugänglich ist. Auf den Glockenwänden wurden dann ein umklappbarer Schemel und verschiedene Halter für MG, Lafette, Panzerverschlüsse für die Schießscharten, Ersatzläufe, Munition und Leuchtsterne befestigt. Zur Beförderung der Munition in die Panzerglocke diente ein kleiner, manuell betätigter Aufzug. Die Kommunikation zwischen der Panzerglocke und übrigen Werkteilen verlief über Telefon, Sprechrohr und optische Signalisation. Die Absaugung der Feuerabgase sicherte ein kleines manuell betätigtes Gebläße. Im Jahre 1938 fehlte die Innenausrüstung der Panzerglocke völig und die vorgesehene Plattform wurde nur durch eine Holzimprovisation ersetzt. Durch fehlende Innenausrüstung könnte die Panzerglocke ihre Aufgaben nur sehr eingeschränkt erfüllen. Bei der Sannierung des Werkes wurde die Nachbildung der Panzerglocke mit allen für das Jahr 1939 vorgehsehene Gegenstände ausgestattet. Vor dem Eintritt in die Panzerglocke befindet sich ein Lager für Infanteriemunition. Die Schießscharten rechts diente zur Deckung der Hauptschießscharten des Werkes mittels eines leichten MG oder nach der Installierung eines Panzerverschlusses mit Glasbedecktem Schlitz auch zur Beobachtung. Der Schutzgraben vor den Haußtschießscharten konnte auch aus einem Wandperiskop beobachtet werden. Das Periskop stand zwar im Jahre 1938 noch nicht zur Verfügung, aber heute kann man es an Ort und Stelle sehen. Das Zimmer mit einer Telefonzentrale diente hauptsächlich zur Kommunikationsverbindung mit allen Nachbarweken und Werkgruppen (Dobrošov, Jírova und Hora). Es war aber auch möglich ins Hinterland zu telefonieren.. Die Decke und Wände der rechten Schießkammer sind mit 2mm dickem Stahlblech verkleidet. Das Blech sollte im Falle eines Treffers die Betonsplitter auffangen, die sonst die Soldaten verwundet oder die Waffen beschädigen konnten. Die gleiche Bekleidung kann man auch in allen Ubikationen des Werkes finden. In beiden Schießscharten wurden schwere MG M37 aus der Produktion der Tschechoslowakischen Waffenfabrik in Brünn installiert. Die leeren Hülsen fiehlen draußen in den Schutzgraben. Über den MG wurde eine Übersichtskarte der Umgebung angebracht, die zur Koodination des Feuers während der Nacht und bei schlechter Sicht auf Grund der Meldungen aus den Panzerglocken diente. Zur Kommunikation in diesen Fällen das Telefon oder Sprechrohr, welche an der Wand neben der linken Schießscharte befestigt wurden. Da die Meldungen im Feuerlärm nicht immer hörbar waren, stand für diese Zwecke auch eine optische Signalisation zur Verfügung. In der Gegenwand wurde ein leichtes MG M26 laffettiert, das zur Nahverteidigung der Rückseite des Werkes.
Den Werkseingang bildet ein zweimal gebrochener Gang. Eine solche gebrochene Ausführung diente zum Schutz des Inneren des Werkes gegen direkten feindlichen Beschuß. Den Zutritt sicherte ein Gitterrohr, geschützt durch eine Schießscharte. Links vom Gittertor befindet sich eine Luftansaugöffnung. Hinter der ersten Brechung befindet sich das erste Panzertor, 30 mm dick mit einem Gewicht von 640 kg. Das ursprüngliche Tor wurde im Jahre 1939 von den Deutschen abtransportiert. An der Stelle ist heute ein baugleiches Panzertor aus einem anderen Befestigungsobjekt installiert. In durchgeführten Prüfungen wurde bewiesen, daß das Tor einer unmittelbaren Explosion einer 21cm Granate ohne wesentliche Beschädigung wiederstehen konnte. Trotzdem mußte man hier mit einem Kampfeinsatz schwerer Waffen rechnen, die eine Verspreizung des Tores verursachten konnten. In diesem Fall konnte die Werksbesatzung einen Mannloch im unteren Torteil nutzen. Zur guten Abdichtung des Tores im Falle eines Gasangriffes war es möglich das Tor mittels massiver Absperrvorrichtungen in die Randdichtung zu pressen. Für den Fall einer Explosion direkt vor dem Werkseingang wurde das Tor zum Schutz gegen Zerbeulung von hinten durch eine Panzersteife versehen. Hinter der zweiten Brechung des Einganges befindet sich das andere gasdichte Panzertor, das auch im Falle einer Beschädigung des ersten Panzertores das Eindringen giftiger Stoffen ins Innere des Werkes verhindern sollte. Der Raum zwischen erstem und zweitem Panzertor diente als Gasvorhaus (SAS). Beide Tore wurden mit einer kleinen Schießscharte zur Nahverteidigung versehen. In der rechten Schießkammer befindet sich eine Schießscharte ausgerüstet mit einem Zwilling der schweren MG M37, die Nebenschießscharte diente dann zur Installierung einer 4,7cm PAK, verkuppelt mit einem schweren MG M37. In der Gegenwand wurde ein leichtes MG M26 laffettiert, das die Rückseite des Werkes verteidigte. Im linken Flügel des Werkes wurde am 20.Juli 1938 eine Panzerglocke mit einem Gewicht von 21. 600kg installiert, die mit einem schweren MG ausgerüstet werden sollte. Ihre Aufgabe war die Verteidigung des Zwischenraumes zum Nachbarwerk N-S 83 "LáznÄ›" und auch das Feuer in Richtung Zollhaus am Grenzübergang. Die Innenrichtung der Panzerglocke war ähnlich der in der rechten Panzerglocke für das leichten MG. Kleine Unterschiede wurden nur durch die Nutzung anderer Waffe verursacht. Im Jahre 1938 fehlte aber auch hier die Inneneinrichtung völlig. Im linken Teil des oberen Stockwerkes befinden sich noch andere Räume zur Lagerung der PAK- Munition und auch eine Ubikation für Unteroffiziere.
Text: Axel
Fotos: Jens und Privat Archiv Axel (historische Aufnahen)
Maschinenraum
Filterraum
MG mit Auffangsack für Patronenhülsen
Schweres Geschütz mit Zielanzeige
Abtransport und Verladung der Panzerkuppeln von „Brezinka“ und „Lom“ zum Atlantikwall
In Gedenken Ales
Quellen:
Dank an Ales Horak (†) für die Auskünfte 2008 und F. aus Ebersbach
WILD – Ost – History - Katalog 2008 & Erläuterung zur entsprechenden Geschichtsreise
Broschüre „Tschechoslowakische Festungen“ v. Ales Horak. 2003und Foto CD
Privat –Archiv und bei der Erkundung gesammelte Eindrücke & Aussagen