Auszug aus dem Bericht über zwei Kompletterkundungen. (Tourtagebuch)A Die Bunkeranlagen Zossen / Wünsdorf gehören zu den größten ihrer Art in Deutschland.
Auf unserm
Programm standen an diesem Wochenende ein
- Winkelbunker für Luftschutz (LS) Typ 2
- die Anlage „Maybach I“ mit seinen gesprengten Bunkerhäusern A 1 bis 12
- der Ringstollen unter dem „Maybach“ Komplex
- zwei unvollendete Schelter (RUSS)
- das Schutzwerk „Panzir“ (RUSS)
- der Führungsbunker „Nickel“ UK – 20 (RUSS)
- und der einst modernste Nachrichtenbunker „Zeppelin – Amt 500“ des deutschen Heeres.
Winkelturm, Luftschutzbunker Typ 2
Unsere Tour bei der Bunkeranlage Zossen / Wünsdorf begann bei einem der noch erhaltenen Luftschutztürme der Bauart „Winkel“, Typ 2, der für mind. 315 Personen bei Luftangriffen Platz und Sicherheit bot. In der Zeit von 1938 bis 1941 wurden hier in Zossen 19 dieser „Zipfelbunker“ errichtet. Sie boten den hier Beschäftigten der Sicherstellungstruppen des OKH (Oberkommando des Heeres) sowie den Zivilangestellten Schutz. Die Türme waren mit Belüftungs-, Heizungs- und Sanitäranlagen ausgestattet. Die Belüftungstechnik und Schutzfilter wurden von DRÄGER Lübeck bestückt. Die Gesamthöhe beträgt 23m und hatte alles in allem 8 Etagen. Die „Winkelbunker“ in Zossen sind eine rein oberirdische autarke Anlage und konnte von uns auch im Innenbereich begangen werden.
Maybach I, Die Bunkerhäuser
Als nächstes schauten wir uns einige „Hausbunker“ der Anlage „Maybach I“ an, die alle mehr oder weniger den Sprengversuchen der Russen zum Opfer fielen. Die Struktur der einst als Wohnhäuser getarnten Bunker ist aber immer noch gut zu erkennen, und man kann sich ein ziemlich gutes Bild über den ehemaligen Zustand der fast ovalartig angeordneten Anlage machen.
Der eingezäunte Bereich von „Maybach I“ umfasste 12 Bunkerhäuser (A). Die Häuser hatten eine Länge von 36m und waren 16m breit. Die Gesamthöhe betrug 24m, wovon 9m in zwei Etagen unterirdisch mit Eisenbeton umschlossen waren. Zur Tarnung hatte man
- auf die geschlossenen Betondächer schwarze Dachpappe aufgeklebt
- Schornsteinattrappen aufgesetzt, sie dienten der Be- und Entlüftung
- als Wohnhäuser getarntes Mauerwerk
- und Verkleidete Bunkertüren (Ostwalltüren).
Installationen für Wasser, Belüftung und Elektrik waren im Tiefkeller integriert. Die Bunkerhäuser A 4 und A 9 verfügten im Tiefkeller über eine Notstromanlage. Die Bunkerhäuser waren untereinander mit einem 600m langen Ringstollen verbunden. Diese Teilbereiche waren natürlich ein begehrtes Objekt für uns. Der Stollen verband nicht nur die Häuser untereinander, sondern es führten auch alle Versorgungsleitungen, Kabelverbindungen und die Rohrpost hier entlang. Reste hiervon sind noch umfangreich zu bestaunen.
Der Ringstollen und Querverbindung
Nun wurde es RICHTIG interessant, denn wir begaben uns in den so genannten Ringstollen unter „Maybach I“. Hier begegneten uns auch die bei allen Bunkerfreunden beliebten geflügelten Freunde der Nacht. Die Stollenanlage (Querstollen) an sich ist trotz teilweise massiver Sprengspuren mit etwas Geschick und gutem Willen begehbar. Neben den Wasser- und Belüftungssystemen sind auch hin und wieder Reste der damals wichtigen Rohrpost zu sehen. Die einstigen „Kernbereiche“ der „Bunkerhäuser“, die gebunkerten Keller, sind bei einigen noch „intakt“, soll heißen, man erkennt den Zugang und die Zweckbestimmung.
Nachdem wir aus einem der gesprengten Häuser ins Freie geklettert waren, begaben wir uns vorbei an einer der Wasserzisternen zum Kesselhaus, um wieder ins Reich der Finsternis, einem anderen Bereich des Ringstollens, abzutauchen. Wieder der gewohnte Blick, versprengte Bereiche, überall durch die Sprengungen verworrene Armierungseisen, Verrohrungen oder deren Reste und natürlich jede Menge Beton. Ein gutes Motiv bot hier unter anderem eine Panzertür mit Originalaufschrift
PANZERTÜR
BEI FLIEGERALARM
SOFORT SCHLIESSEN.
Die Bunkerhäuser und Dienststellungen war von 1939 bis 1945 mit folgenden Ämtern belegt
Haus A 1, General der Luftwaffe beim OKH
Haus A 2, Abt. Fremde Heere West
Haus A 3, Abt. Fremde Heere Ost
Haus A 4, Chefgruppe Generalquartiermeister
Haus A 5, Oberbefehlshaber des Heeres
Haus A 6, Chef Generalstab des Heeres
Haus A 7 & 8, Operationsabteilung
Haus A 9, Stab Chef Heer Heerestransportwesen
Haus A 10, Organisations- und Ausbildungsabteilung
Haus A 11 & 12, Stab Chef Heeresnachrichtenwesen
Die Gesamte Anlage „Maybach I“ war durch eine Ringstraße an der Innenseite der Bunkerhäuser untereinander verbunden. „Maybach “ verfügte über 5 hölzerne Türme, die mit 2cm Flak ausgerüstet waren um eine unmittelbare Luftabwehr zu gewährleisten. Entlang der südlichen Begrenzung der Bunkeranlage verlief die Hermann – Göring – Straße, mit dem Generalstabsgebäude. Weitere Gebäude dienten u.a. als Kasernen, drei Krankenhäuser, zwei Geschäftszimmerbaracken des Generalstabs, Unterkunftsgebäude für Generäle und Offiziere, für Nachrichtenhelferinnen „Blitzmädels“ und andere Räumlichkeiten. Zudem auch eine im Wald gelegene Siedlung, die „Amsel – Siedlung“, für die Ausgeglichenheit der Offiziere und Soldaten.
Schutzbauwerk „Panzir“
Auf dem Weg zur Anlage „Panzir“, einem „Schutzbauwerk“ der russischen Streitkräfte, kamen wir an zwei unvollendeten Bogendeckung AU - 16 vorbei. Die Baumaßnahmen hier wurden durch Gorbatschows Perestroika – Politik eingestellt. Die beiden Bauwerke stehen nun recht hässlich in der Landschaft.
Das „Schutzbauwerk Panzir“ war eine Feldbefestigungsanlage der russischen Streitkräfte zur Unterstellung von Technik und dem Schutz für bis zu 1000 Soldaten. Der Zugang erfolgt in eine „Garage“ durch ein Stahlrohr von 40 m Länge und 2 m Höhe. Das gesamte Bauwerk konnte durch ein Schnellbausystem innerhalb kürzester Zeit abmontiert und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Die Anlage wurde entsprechend mit Erdreich angeschüttet und bot zumindest gegen Granatwerfer- und Infanteriebeschuss Schutz.
Als nächstes begutachteten wir den Eingangsbereich zum Führungs- und Nachrichtenbunker „Ranet“, mit zwei ansehnlichen Lüftungstürmen. Der Bereich war die ehemalige LKW – Zufahrt mit einem Lastenaufzug von einst 9 x 3,5 m und einer Tragkraft von 10 t, (dreietagig), für den Nachrichtenbunker „Zeppelin – Amt 500“.
Führungsbunker „Nickel“ UK 20
Ein weiterer Anlaufpunkt dieser Tour war nun der Führungsbunker der russischen Luftstreitkräfte / Luftverteidigung „Nickel“, UK 20, welcher der zentrale Führungsbunker für die Streitkräfte der GSTD und der NVA der DDR war. Allerdings spielten hier die deutschen Waffenbrüder eine untergeordnete Rolle.
Die Anlage beinhaltete
- das Gefechtsführungszentrum der LSK / LV
- ein Aufklärungs- und Informationszentrum
- „Almos“, ein automatisiertes Führungssystem sowie
- ein umfangreiches Nachrichtensystem.
Die Bunkeranlage „Nickel“ wurde von 1983 – 1984 im Nordteil der Kasernen unweit der ehemaligen Wehrmachtsbunker durch eine sowjetische Spezialeinheit errichtet und gesichert. 1985 nahm sie dann bis zur Auflösung ihren Betrieb auf.
Das Zentralbauwerk verbindet alle 2 (3) begehbaren parallel – Schelter miteinander.
Der Nachrichtenbunker „Zeppelin – Amt 500“
Im April 1936 wurde entschieden, neben der Bunkersiedlung „Maybach I“ einen Nachrichtenbunker zu bauen. Durch die Reichspost wurde für die Anlage die Bezeichnung „Amt 500 – Zeppelin“ verwendet. Bauausführende Firma im Auftrag der Reichspost Erfurt war die FA „Polensky & Zöllner“, sowie mehrere kleine regionale Unternehmen. Bis zum Sommer 1944 hatte „Zeppelin“ einen Betonmantel gegen Bombentreffer erhalten. Nicht selten kam es zu dieser Zeit zu Verbindungen zwischen der „Wolfsschanze“ und des Heeresgruppenkommandos im Osten, deren Stromversorgung über „Zeppelin“ geführt wurde.
Wir erkundeten die riesige Anlage vom Nordstollen aus, der sich damals gut getarnt in einem Zweifamilienhaus befand. Hier unten, in dem dreietagigen Bunker sind noch zahlreiche Relikte der Wehrmacht, aber auch der Nachnutzung durch die Russen zu sehen. Anfang der 1960er Jahre begann das Oberkommando der GSTD den ehemaligen Nachrichtenbunker „Zeppelin“ zu reaktivieren, und richtete den Führungs- und Nachrichtenbunker „Ranet“ ein.
Der Haupteingang versteckte sich im „Reichspost – Dienstgebäude“, welches sich auf der Bunkeranlage „Zeppelin“ befand. Der Bunker war über drei Stollen zu erreichen.
Die Maschinenhallen reichten bis in die zweite von drei Etagen. Im Raum der Fernsprechvermittlung des Heeres sind noch sehr gut die angeordneten Fundamente für die Vermittlungsanlagen zu erkennen. Faszinierend war auch die enorme Rohrpostanlage mit seinen Unmengen an Verbindungssträngen. Betrieben wurde die gesamte Anlage im dualen Stromversorgungssystem mit zwei U – Boot – Diesel – Aggregaten. Eines diente hier als Ersatz für einen etwaigen Havariefall. Der Nachrichtenbunker „Zeppelin – Amt 500“ wurde am 21.04.1945 ohne Kampfhandlungen von der Roten Armee eingenommen.
Es war stockdunkel geworden, als wir aus „Zeppelin“ wieder auftauchten. Beim verdienten Bierchen wurden die gesammelten Eindrücke besprochen und es wurde dann natürlich auch entsprechend spät.
Am Sonntag schauten wir uns dann noch das ehemalige Munitionslager auf dem Gelände des alten Flugplatzes beim „Schelter Albrecht“ (bei Jüterborg) mit dem sich dort befindlichen Muni – Bunker an.
Dann hieß es aber wieder einmal Abschied nehmen und die Heimreise antreten.
Vernünftige Organisation, gute Recherche und die passenden Leute, allesamt BUNKER VERRÜCKT, aus Sachsen, Brandenburg und Thüringen, rundeten diese Tour ab und ließen sie zu einem tollen Erlebnis werden. Auch war es gut zu erfahren, wie die Arbeit im Verein „Niederlausitz - erfahren“ vonstatten geht und die Jungs dort ihrem Hobby nachgehen und sie so manch anstehendes Problem schultern.
Besonderen Dank an J. S. aus Zossen, sowie allen Teilnehmern.