Führungs- und Nachrichtenbunker „Ranet“ in der Bunkerstadt Zossen
Anfang der 1960er Jahre begann das Oberkommando der GSTD die Ruine des ehemaligen Nachrichtenbunkers „Zeppelin“ zu reaktivieren. In erster Linie wurde der 40 x 60m große Anbau wieder hergerichtet und entsprechend den möglichen atomaren Kriegsbedingungen erheblich mit Beton verstärkt. Der Längsteil der Bunkeranlage (117 x 22m) wurde nur teilweise in den Umbau mit einbezogen. Dieser weiterhin zerstörte Bereich diente während und nach der Baumaßnahme als Anlage für Baurestmassen und andere Abfälle.
1. Etage des Anbaus:
In dieser Etage befand sich nun die Nachrichtenzentrale „Ranet“. Hierbei handelte es sich um die stationäre Vermittlung der Draht- und Funkverbindungen des Oberkommandos der GSTD zu den unterstellten Armeen und Verbänden auf dem Territorium der DDR sowie zu den vorgesetzten Dienststellen in der Sowjetunion (Moskau)
Der Haupteingang der Bunkeranlage war zusätzlich mit einem Anbau zur Dekontamination des Personalbestandes versehen worden. Über ein Treppenhaus gelangte man in die einzelnen Etagen.
Im ehemaligen Fahrstuhlschacht aus Zeiten der Wehrmachtsnutzung, hatte man neben einem Personenfahrstuhl die Hauptdispatcherzentrale der Bunkeranlage „Ranet“ eingerichtet. Von hier wurden alle technischen Abläufe im Bunker überwacht und gesteuert, so auch die verschiedenen Arbeitsregime im Bunker (gefiltert bzw.: ungefiltert Luftzufuhr von außen oder autonome Luftumwälzung innerhalb des Bunkers).
Im Eingangsbereich zur 1. Etage rechts waren besonders gesicherte Räumlichkeiten eingerichtet. Hinter einer dicken Stahltür befand sich die Zentrale für die sogenannten „Regierungsverbindungen“ (russisch: WTsch-Verbindungen). Über die roten Telefone, die mit besonderen Verschlüsselungstechniken arbeiteten, konnten geheime Gespräche abhörsicher geführt werden. Die betraf die Verbindungen nach Moskau genau so wie die Verbindungen zu den Befehlshabern der einzelnen Armeen. Nur Fähnriche und Offiziere der Nachrichtentruppen versahen hier Dienst.
In den Räumen von der Treppe geradeaus war die Telegraphie- (Fernschreibzentrale) untergebracht. Im Korridor links befand sich der Arbeitsraum des Diensthabenden Leiters der Nachrichtenzentrale.
In der Mitte der 1. Etage (die Kabelkanäle sind noch vorhanden) war der zentrale Nachrichten – Schaltraum eingerichtet von dem aus die technische Sicherstellung der Nachrichtenzentrale überwacht und gesteuert wurde. Im folgenden Raum (jetzt mit Wandschema) befand sich die Funkzentrale (KW), deren Antennen außerhalb des Bunkers installiert waren.
Im Korridor zum Längsbau befand sich links die Telefonzentrale. Auf der anderen Seite waren die Kantine und ein Lebensmittellager (Einsatzreserve) untergebracht.
Im zum Längsbau gehörenden Teil der Nachrichtenzentrale waren Werkstätten und Lager der Nachrichteneinheit eingerichtet.
In Richtung des Zugangsstollens Nord befand sich die „Rettungszentrale“. Hier hatte die Wartungseinheit ständig einsatzbereite Rettungsausrüstung (schwere Schutzanzüge, Feuerlöscher, Werkzeug u.a.) gelagert, um Havarien, Brände oder Kriegseinwirkungen zu bekämpfen.
Der Nordstollen, bei der Wehrmachtsnutzung Zugangsstollen für das Personal, diente jetzt der Unterbringung der Sicherstellungseinheit im Falle einer Alarmierung (dem Kriegsfall). Auf den an den Wänden angebrachten Betten schliefen dann die dienstfreien Schichten.
Der Nordeingang war mit einem Schleusensystem und technischer Ausrüstung versehen worden, um eine separate Luft- und Wasserversorgung für das Bedienpersonal beim Aufenthalt im Stollen zu gewährleisten.
2. Etage des Anbaus:
Den größten Teil dieser Etage nahm die geschützte Führungsstelle des Oberbefehlshabers der GSTD ein. Sie diente dem Training des Stabes unter kriegsnahen Bunkerbedingungen, der Lösung von Übungsaufgaben und in einer möglichen Spannungsperiode zur Führung der Entfaltung der sowjetischen Truppen in ihre Ausgangspositionen. Der vorhandene Platz reichte aber nur zur Aufnahme der wichtigsten Stabsabteilungen aus.
Ein separater Bereich war für den Oberbefehlshaber der GSTD und seine Stellvertreter vorgesehen.
In den gegenüberliegenden Räumen saßen die Stellvertreter des Oberbefehlshabers, die einzelnen Stabsabteilungen gruppierten sich um diesen Bereich.
Außerdem war in einem Teil der 2. Etage die Sicherstellungstechnik für den Bunker untergebracht, die vom technischen Personal der Wartungseinheit bedient wurde.
Dazu gehörte das Wasser- und Abwasserwerk mit Tiefbrunnen zur Bereitstellung des technischen Wasserbedarfs.
Im hinteren Bereich des Anbaus war die Elektroschaltstation untergebracht. Daneben befanden sich die Räumlichkeiten für die Notstromversorgung (drei Panzerdiesel vom Typ W-12 und Dieseltanks für eine mehrtägige Nutzung.)
Weiterhin befand sich in diesem Teil des Bunkers die Ventilationsanlage. Große Ventilatoren sorgten über ein Rohrsystem für den Luftaustausch. Die erhitzte Luft wurde durch eine Wasserkühlung geleitet. Die Effektivität dieser Art von Kühlung wurde durch Zeitzeugen als gering beschrieben, sodass es immer wieder zu Geräteausfällen durch Überhitzung kam.
Die Luftzufuhr erfolgte über einen der beiden noch aus Wehrmachtszeit vorhandenen Außentürmen. Der zweite Turm diente als Notausstieg.
Im hinteren Eckraum des technischen Bereiches befand sich ein Filtersystem über das Luftstrom geführt wurde.
In der dritten Etage des Bunkerbaus waren verschiedene Werkstätten, der Akkumulatorenraum sowie die Feuerlöschanlage untergebracht.
Der Bunkerlängsbau wurde bei der Wiederinbetriebnahme der Bunkeranlage nicht atomsicher ausgebaut. Von der 1. Etage konnte er deshalb nur über ein weiteres Schleusensystem betreten werden.
1. Etage des Längsbaus
Einige Räume dieser Etage waren zu Werkstätten und Lagern des technischen Betriebspersonals ausgebaut worden. Hier befanden sich ebenfalls die Umkleideräume des Personals und ein Raucherzimmer.
2. Etage des Längsbaus
Lange Zeit wurde diese Etage nicht für den Bunkerbetrieb genutzt und diente der Lagerung von Bauschutt und Abfällen aus der Umbauzeit des Bunkers und dem täglichen Dienst. Dazu hatte man damals Löcher durch die Decke geschaffen (mit Sprengung und manuell) und die Baureste einfach nach unten gekippt.
Laut einer Zeitzeugenaussage kam 1981 die Weisung zur Beräumung dieser Etage. Die bis an die Decke liegenden Abfälle wurden von einer größeren Anzahl von Soldaten per Schubkarre durch den Weststollen transportiert, dann in Eimern nach ober gebracht, auf LKW gekippt und auf eine Müllhalde des Truppenübungsplatzes gefahren.
Ursache dieser Beräumung waren Überlegungen die 2. Etage technisch zu nutzen und dort eine neue „Klimaanlage“ zu installieren. Die bereits vorhandene Anlage hatte ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Nachdem die Soldaten „aufgeräumt“ hatten, kam eine „Regierungskommission“ aus Moskau.
Man stellte jedoch fest, dass ein Ausbau der Etage kompliziert und zu teuer werden würde.
Später wurde im Korridor dieser Etage ein Pistolenschießstand eingerichtet.
Bei der Bunkerberäumung 1993 nutzte man diese Etage erneut als Abfallablage.
Das Sicherstellungspersonal der Bunkeranlage umfasste etwas 500 Personen, die in mehreren Einheiten zusammengefasst waren.
Diese Kompanien existierten zuerst selbstständig, wurden aber in den 1980er Jahren zu einem Nachrichten- und Sicherstellungsbataillon zusammengefasst.
Außerdem existierte noch eine selbstständige Wachkompanie für die Bunkeranlage. Alle Einheiten waren im Kasernenbereich westlich der Bunkeranlage untergebracht. In den Nachrichteneinheiten diente auch weibliches Personal.
Der Arbeitseingang für das Personal war der Weststollen. Der Haupteingang wurde nur durch den Oberbefehlshaber und seinem Stab bei Übungen genutzt.
Aus Geheimhaltungsgründen durfte das Personal sich nur in ihren Tätigkeitsbereichen aufhalten. Andere, meist durch Stahltüren verschlossene Bereiche waren tabu.
Im hervorragenden Autorenwerk „AN VORDERSTER FRONT – Ausgesuchte Forschungsergebnisse zur Geschichte, zum Ausbau und zum Betrieb der Untertageanlage Blankenburg (NVA Komplexlager 2), als Element der vorgeschobenen Versorgungsbasen“ aus 2011
ist über das unterirdische Nachrichtenzentrale AMT 500 (Bunker Zeppelin) zu lesen;
„In einem Wald 2km südlich von Zossen wurde ein Gebiet besetzt, auf welchem sich von Anfang 1941 bis März 1945 das Oberkommando des Heeres befand. Das Oberkommando war in 24 zweistöckigen, bestens getarnten Gebäuden untergebracht. Daneben gab es in 35 – 40m Tiefe noch weitere unterirdische Einrichtungen und an die 200 Zimmer: In einem der unterirdischen Komplexe ist folgendes montiert. „Zwei vollautomatische und eine internationale Telefonzentrale mit einer möglichen Auslastung von bis zu 10. 000 Nummern, eine Telegraphenzentrale[1] mit über 80 Telegraphen[2] und Rohrpost. Alle Einrichtungen wurden aus einer eigenen Energiequelle gespeist, die sich aus einer Hochleistungsbatterie, zwei Dieselmotoren mit jeweils 1. 500PS, 18 Elektroaggregaten zusammengesetzt...“ Es wurden Maßnahmen eingeleitet, um die eroberten Objekte zu bewachen und genauer untersuchen zu können[3]“.
[1] im heutigem Sprachgebrauch - Fernschreibzentrale
[2] im heutigem Sprachgebrauch - Fernschreibmaschine
[3] Bericht des Kommandeurs der Truppen der I. Ukrainischen Front an den Oberkommandierenden für die Einnahme des Gebietes, wo sich das Oberkommando der Wehrmacht befand, 28.4.1945, in: Zentrales Archiv des Verteidigungsministeriums der Russischen Förderation (CAMORF) 236/2712/ 359. Bl. 60
Quelle:
„AN VORDERSTER FRONT – Ausgesuchte Forschungsergebnisse zur Geschichte, zum Ausbau und zum Betrieb der Untertageanlage Blankenburg (NVA Komplexlager 2), als Element der vorgeschobenen Versorgungsbasen“