Befahrerprotokoll und Auszüge aus dem Tourtagebuch.
Die U – Verlagerungen HECHT III, HECHT VI & HECHT II
OT - Einsatzgruppe IV, Braunschweig, Hannover, Magdeburg
Im Sommer trafen wir uns nun bereits das dritte mal um gemeinsam Erkundungen, vor allem aber Untertage - Verlagerungs - Befahrungen zu unternehmen. Dieses Treffen wurde schon im Frühjahr beim Vorausbesuch der Freunde von www.untertage-übertage.de im sächsischen Pausa zur damaligen thüringisch / sächsischen U - Verlagerungs Tour beschlossen und nun in die Tat umgesetzt. In Ibbe hatten wir in einer Bergmannssiedlung das passende Ambiente und ein vorzügliches Hauptquartier bezogen. Nochmals herzlichsten Dank an „Kröte“ & „Bergmann“, Glück Auf !
Der freundliche Nachbar, nennen wir ihn „Leo“, selbst wohl über 40 Jahre im Bergbau tätig, stellte uns wie selbstverständlich seine „Wacholder - Stube“ zum gemütlichen beisammensein, ausspannen und beraten der jeweils bevorstehenden Befahrungen zur Verfügung. Vom feinsten das „Außen WC mit Trichterpinkelanlage“. Diese 6 -tägige Untertage - Etappentour forderte dann auch von allen Teilnehmer vollste Bereitschaft und Belastbarkeit. Und diese wurde abgesehen vom Anreisetag ständig gefordert.
Aber, es lohnte sich voll und ganz !!!
Besonders Loreen (zum Zeitpunkt der Tour 13 Jahre jung) möchte ich hier erwähnen. Sie hat alle Befahrungen tapfer durchgezogen, trotz einer Blase am großen Onkel, äh, Fußzeh, die am dritten Tag, bzw. jener Nacht ins Spiel kam. Diese sollte ihr besonders im Asphaltgebirge noch gehörig zusetzen.
Der dritte Tag, nächtlicher Zeit
führte uns ins Asphaltgebirge unweit von Hameln. Vielen sicherlich bekannt durch die Sage vom flötenspielenden Rattenfänger. Hier befuhren wir zunächst die schon weitestgehend fertiggestellte U - Verlagerung „HECHT 3“.
U – Verlagerung HECHT 3 III
Grube Wintjenberg
Fläche: 7 000qm
Produkt: Funkmessgeräte / Teile für V 1 Triebwerke
Firma: Volks – Wagen – Werk für Motoren
FA Lorenz, Berlin Tempelhof
Konstruktionsnr: 81. Bau- Objektnummer: 20
Dieser Rüstungsbetrieb wurde terrassenartig in den vom Kammerpfeilerabbau, das heißt natürlich stehengelassene Gesteinsstützpfeiler geprägtem Bergwerk errichtet. In der eine gewisse Neigung aufweisenden Asphaltkalkgrube wurden bis zu 14 terrassenartig fast komplett ausbetonierte Abstufungen vorgenommen. Teilbereiche weisen auch angelegte Trockenmauern auf. Zwischen den einzelnen natürlichen Stützpfeilern sind Betonwände eingezogen, der Boden an einigen Stellen auch schon fertig betoniert und die einzelnen Terrassen, also Produktionsbereiche mit kompletten Treppenaufgängen verbunden. Die Berliner Firma Lorenz aus Tempelhof hatte hier schon mit einer Testproduktion von Funkmessgeräten begonnen. Zwischen den fertiggestellten Produktionsebenen verlief je ein Gleis für ein oder zwei Transportloren, die dann entweder zum Be- oder Entladen zum Förderschacht geschoben wurden und mittels Schrägaufzug transportiert werden konnten. Bei einigen Arbeitsebenen findet man auch noch Betonsockel für einen kleineren Transportkran Eine recht beeindruckende Werkseinfahrt ist mit massiven Stahlbeton in Form eines Tunnels vorhanden. Neben dem mittigen Hauptförderschacht zählten wir je 14, bzw. 12 eingezogene Terrassen, wobei die unterste Sohle der Wasserversorgung diente. Der Bereich der 12 Ebenen ist fast komplett im Rohausbau und weist nur wenige betonierte Bereiche auf.
Das hier vorherrschende Gebirge ist gekennzeichnet vom aus dem Gestein triefendem stark ölig riechendem Asphalt oder Bitumen führenden Flötzen. Der Berg blutet, wie der Bergmann trefflich dazu sagt. Es ist ein interessanter Anblick, die von Rinnsalen bis zu größeren Flächen austretenden zähtriefendem Asphalt zu bestaunen.
Zufahrtstunnel & die 14 ausgebauten und fertig betonierten Produktionsterrassen mit betonierten Treppenaufgängen
Stahlbetonsockel für Kleinen Transportkran
Kammerpefeilerabbau mit Treppenzugang
Bereich der 12 im Rohausbau vorhandenen Produktionsebenen
U – Verlagerung HECHT VI
Grube Herzog Wilhelm, Lager Germania, Deutsche Asphalt AG
Verfügbare Fläche: 4 000qm (10 000qm)
Produkt: Funkmessgeräte
Verfügbare Fläche: 10 000qm
Firma: Voigtländer & Sohn, Braunschweig
Optische Ziel- und Richtmittel für Infantrie – Waffen
Gesperrt: 06.11.1944 / Nr: 29418
Sichergestellt: 10.01.1945 / Nr: 2132
Bau- Objektnummer: 118
Es folgte die U - Verlagerung „HECHT 6“, mit seinem Rohausbau, einigen Holzversteifungen und alten Stromisolatoren. Insgesamt ein ziemlich desolater Anblick, aber dennoch auf seine Weise interessant. Die tonnenlägige Grube Herzog – Wilhelm unterstand der Deutschen Asphalt AG und hatte eine verfügbare Fläche von 4 000qm die auf 10 000qm ausgebaut werden sollte. Neben der Firma Voigtläner & Sohn aus Braunschweig sollte auch hier wie schon in der U – Verlagerung „HECHT 3“ die FA Lorenz aus Berlin Tempelhof Funkmessgeräte herstellen. Vom ehemaligen Hauptförderschacht waren beiderseits die vorgesehenen Produktionsflächen für beide Firmen geplant. Nass, modrig und ohne nennenswerte Hinweise auf eine Rüstungsproduktionsstätte lagen die beinahe nackten Stollen vor uns.
„HECHT 6“, eine relativ kleine, unfertige Produktionsanlage auf einer Ebene.
Komplette fast "nakte" Stollen
An der Firste Reste der Stromversorgung
Eines der wenigen Relikte
U – Verlagerung HECHT II
Naturasphalt GmbH
Verfügbare Fläche: 12 000qm
Produkt: Kurbelwellen für Flugzeuge und U -Boote
Firma: DEW Hannover / Holzen (Deutsche Edelstahlwerke AG),
Konstruktionsnr: 81. Bau- Objektnummer: 9
In dieser Verlagerung waren bereits einige unterschiedlich große Produktionshallen vorgetrieben. Außer einem betonierten Galvanisierungsbecken zum tauchen von Platinen, verschiedene Stromkabelhalterungen, Isolatoren und unterschiedliche Verschlusskappen der für die Kurbelwellen nötigen Fettpressen erinnert auch hier kaum etwas an den Zweck dieses wichtigen unterirdischen Rüstungsbetriebes. Hin und wieder sind Reste der ehemaligen Gruben- bzw. Transportbahn zu finden.
Das Galvanisierungsbecken
Epilog:
In dieser Befahrernacht, bei „HECHT II“, tief im Bitumen durchtränktem Gebirge, morgen ca. 2 Uhr 30 blutete nicht nur der Berg, nein, auch die bereits erwähnte Blase an Loreens rechtem Fuß war aufgeplatzt, und nun flossen die Tränchen über die gezeichneten Wangen. Gekonnt hatte sie den letzten Abstieg aus dem Bereich des Altbergbaus hinunter zur letzten U - Verlagerung des Tages, na ja, der Nacht überspielt. Nun aber brannte die aufgeriebene Blase wohl zu stark und die Schmerzen wurden offensichtlich. Aber, Lori ist ein Durchhaltetyp und so kostete es uns eine gehörige Portion an Überredungskunst um sie zum „Platz nehmen, zum Ausruhen“ zu bewegen. Ihre Aufgabe war nun die Sicherung des Marschgebäcks, der Ausrüstung und des noch vorrätigen Proviantes. Sie sah wie das sprichwörtliche Häufchen Unglück aus, als wir uns zur Erkundung der noch anstehenden U - Verlagerung begaben. Aber keine Angst, ihr Kritiker, „Bergmann“ leistete ihr Gesellschaft und ich hatte auch den Eindruck das sich alle Beteiligten bemühten, ob bei Video- oder Fotoaufnahmen etwas mehr zu beeilen, als es an allen anderen Tagen und allen anderen U - Verlagerungen sonst üblich war und auch notwendig ist. Na ja, lange Rede kurzer Sinn. Wir trafen uns alle wieder beim Untertage - Stützpunkt „LORIE“, plauderten noch eine Weile und es kam wieder Leben und ab und zu ein Lächeln in ihr Gesicht.
Allerdings, - ihr Martyrium war noch nicht vorüber. Meisterte sie den „Auf- und Ausstieg“, der wirklich nicht ganz einfach war, beispielhaft, empfing uns bei der Ausfahrt ein heftiges Gewitter. Stockdunkel, Lampen blieben aus!, bindfadenartiger Regenfall und noch eine gehörige Wegstrecke brachten Loreen erneut an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Man hörte wie ihre Füße schwerer wurden und die Schuhsohlen kaum noch vom Boden abhoben. Es wäre sicherlich interessant den hinterlassenen Gummieabrieb zu prüfen (ha, ha).
„Wie weit ist es noch?, Müssen wir noch weit laufen?“ und ähnliches waren nun ihre ständigen Fragen. Diese wurden versucht mit jeder Menge Zweckoptimismus zu beantworten. Aber schließlich erreichten wir die Fahrzeuge und ratz fatz hatte sie sich der durchnäßten, verdreckten Klamotten entledigt, die Jogginghose übergezogen und war auf dem Rücksitz tief und fest eingeschlafen. Wir rauchten, auch von den Strapazen gezeichnet genüßlich eine Zigarette und fachsimpelten noch ein wenig über die erkundeten Anlagen und dem dazugehörigen Altbergbau. Mich selbst beeindruckte an jenem Tag der „Blutende Berg“, das aus dem Fels austretende Asphalt, zäh und unermüdlich.
Bis zur Ankunft im HQ schlief Lorie sanft und entspannt durch. Selbst einen Stop an einer Tankstelle mit lecker Kaffeegenuß bekam sie nicht mehr mit. Ob sich in ihren Träumen Asphaltgestein, Dreck und Schlamm zeigten blieb uns verschlossen. Kaum angekommen hatte sie sich in ihrer Koje verkrümelt und war wieder bei den Berggeistern, Feen und Elfen, oder ???.
In der nun schon gewohnten Umgebung der „Wacholder Stube“ wurde noch gescherzt, gefachsimpelt und nicht zuletzt Veltins gezutscht und genüßlich geraucht. Heute morgen zeigte uns die „Wacholder Uhr“ kurz nach 7 Uhr an, als wir uns abgekämpft und müde trennten.
Und schon am nächsten Tag, der nächsten Nacht war unsere Lorie wieder wohl auf und die Strapazen der vorherigen nächtlichen Anstrengungen vergessen, na ja, FAST!
Abschließend noch ein lieber Dank vom TEAM BUNKERSACHSEN an www.untertage-übertage.de Olly dem Planer und Anlaufpunkt für fachspezifische Fragen,
Björn für sachdienliche Tips und der Überredungskunst zur Bewältigung eines wirklich (für mich) engen Schlufs,
Kalti für die Ausdauer und Ruhe bei den Lichtwünschen der Fotografen und für Videoaufnahmen,
Dr. Klöbner für analytische Nachbetrachtungen zu allen möglichen und unmöglichen Themen und nicht zuletzt
Elke für die Bewirtung an allen Tagen.
Unerwähnt dürfen auch die Eigentümer der „Wachholder - Stube“ nicht bleiben, die wohl die besten Nachbarn in NRW und darüber hinaus sind.
Team Bunkersachsen
Bunkersachse, Axel (Text)
Bunkerpaule, Jens (Fotos)
Bunkerlorie, Loreen (Fotos)