Erkundung & Teilbefahrung der U – Verlagerung „KAULQUAPPE“

© Axel


Bau- Objektnummer: 82
Deckname: Kaulquappe
Arbeitsfläche: 5 – 12000 qm
Verlagerter Betrieb: Schott & Gen.Jena
Fertigung: Optische Gläser-betriebsklar.

Von der ehemalige untertage Verlagerung ist nun seit einigen Jahren nur noch ein ganz geringer Teil zu sehen. Einige  Schächte zur Wetterung und Wasserzirkulation kann man noch eruieren. Auch einer der Hohlbaue zur Ofeninstallation ist sichtbar, wenn auch bis fast unter die Firste geflutet. Durch das zerstören der Wasserschläuche zum kontinuierlichen Abpumpen zu hoher Wassermengen ist der Bereich mit den noch vorhandenen Betoneinbauten abgesoffen. Einige wenige Relikte lassen sich im Umfeld noch finden. Auch das entfernter stehende Trafohaus ist noch vorhanden.

Die U – Verlagerung „KAULQUAPPE“ befand sich im Staatsschieferbruch bei Lehesten. Die Firma „Jenaer Schott & Gen.“ hatte im Sommer 1944 damit begonnen, die unterirdischen Hohlbaue zur Verlagerung ihrer damals einzigartigen, seltenen und hochpräzisen und damit auch kriegswichtigen Produktion so auszubauen, dass es ihrern hohen technologischen Produkten entsprach. Zum gesamten Werksbereich gehörten neben den untertage Einrichtungen auch noch oberirdische Bauwerke. Hier gab es das sogenannte Petresloch und das Grubenfeld Kießlich. In den Brüchen Petresloch und vor allem Kießlich waren 1943 ausschließlich Arbeiten übertage geplant, und auch schon teilweise umgesetzt. Wenige Betonüberreste zeugen noch heute von diesen Aktivitäten.
Am 18. April 1944 wurde vom Reichsminister, Abteilung Rüstungslieferungssamt der Verlagerungsbefehl erteilt. Bereits am 25. 04.1944 bittet das Rüstungskommando Weimar des Reichsministers für RuK, also für Rüstungs- und Kriegsproduktion um sofortige Sperrung des staatlichen Schieferbruches bei Lehesten für die Berliner Maschinenbau A.G. der ehemaligen FA I. Schwarzkopf. Selbst Generalfeldmarschall Milch schaltete sich ein, und erklärte, das die Bereiche zur Verfügung gestellt werden, dass sich diese Inanspruchnahme jedoch nur auf den Bruch I (Petersloch) erstreckt.
Bruch II, der Kießlich käme für eine unterirdische Verlagerung nicht in Frage. Letztlich war also im April 1944 klar, das hier kriegswichtige Rüstungsproduktion einziehen sollte. Schließlich wurde die „Jenaer Glaswerke Schott & Gen“ zur Umverlagerung von Jena nach Lehesten aufgefordert. Der Verlagerung ins Thüringer Schiefergebirge gab man den Tarnname „Kelleraktion Jena“.
Die Jenaer Ingenuiere und Techniker räumten daraufhin ein, das in den Hohlräumen eine 8 bzw. 16 öfige Verlagerung möglich sei, da die Hallen und Abbaue einen größeren Einbau nicht ermöglichten. Die Hohlbaue in der U – Verlagerung „KAULQUAPPE“ waren nach Ansicht der Verantwortlichen der ideale Platz für den Schmelz- und Kühlbetrieb. Auch für die dringend benötigten Wetterungsmöglichkeiten war die Unterbringung bestens geeignet. Die Berliner Firma „Schwarzkopf“ wurde im Zuge der Verhandlungen und Planung von der Liste für die U – Verlagerung und Produktion bei Lehesten gestrichen.
Bereits am 16. Mai 1944 erfolgte der Verlegungsbescheid vom Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion (RuK) aus Berlin. Dem Bescheid lag die Bestimmung zugrunde, das mit der Verlagerung und Fertigung der optischen Rohglas Erzeugung der FA. „Schott & Gen. Jena“ in die staatlichen Schieferbrüche bei Lehesten begonnen werden könne. Der Verlagerungsfirma wird damit der Verlagerungsbescheid im Sinne des Erlasses vom 26. August 1943, die sogenannten Verlegungs – Grundsätze erteilt. Entsprechend der Genehmigung ist die Verlagerung und Fertigung unter dem Decknamen „KAULQUAPPE“ durchzuführen. Nachdem die Firma „Schott“ aus Jena endgültig den Zuschlag bekommen hatte, wurden Pläne zur Verwendung der sieben bereits vorhandenen Hohlbaue auf der 593 m Sohle getroffen. Die sieben Hohl- oder Abbaue waren bereits vorhanden, es musste aber noch ein Zugangsstollen, eine Verbindungsstrecke zu einem neu anzulegenden Schacht so wie ein Raum für die Gas Generatoren und Räumlichkeiten zur Gaskühlung und Reinigung neu aus dem Schiefergestein gehauen werden. In einem weitern Schreiben vom 05. Juni 1944 heißt es unter anderem das,

„Baueisen, Bauholz- und Treibstoffe vom Globalkontingent des Baubevollmächtigten mit Vorrang bereit zu stellen ist. Dies ging aus der Regelung zur Bedarfsdeckung für Maschineneisen und Nichteisen – Metalle laut Erlass vom 15.04.194 hervor“.

Das Bauvorhaben wurde in die Wehrkreisanlageliste mit IX Q j 102 eingereiht. Das Projekt der U – Verlagerung „KAULQUAPPE“ erforderte auf Grund der zu installierenden Gasschmelzöfen unter Tage ein ausgeklügeltes System zur Entlüftung. Die enorme Wärmeentwicklung musste abgeleitet und genügend Frischluft zugeführt werden, um das später dort eingesetzte Personal nicht zu gefährden. Für die letztlich neun benötigten Hohlräume gab es die Belegung durch einen Gas- und Generatorenraum, den Raum für Kühlung- und Reinigung, drei für die Schmelzöfen, einen für die Notstrom- und Telefonanlage, einen Kühlofenraum mit Transformatorenraum und den Gemengenraum. In der U – Verlagerung "KAULQUAPPE" war schon eine Teilproduktion angelaufen. Bereits existierende Pläne zu einem gewaltigen Erweiterungs Ausbau der Stollenanlage lagen beim RWM (Reichs Wirtschafts Ministerium) in Berlin vor.

(Quelle: H.H.)



Wie es zum Standort der U - Verlagerung Kaulquappe“ kam. (H. Hatt)
"Es wurden einige Schiefergruben zur Nutzung vorgeschlagen, welche bald darauf mit zuständigen Personen befahren wurden, um deren Eignung zu prüfen. Die Verlagerung der kriegswichtigen Firmen aus Jena gab man den Namen. „Kelleraktion Optik“ oder  auch „Kelleraktion Jena“.

Die „Kelleraktion Jena“
2. Mai 1944, 7;45 Uhr - die Jenaer Glaswerke Schott & Gen. Erhalten ein Fernschreiben mit der Aufforderung, sich um 9:00 Uhr in Marktgölitz im Landkreis Saalfeld zu einer Befahrung der Schiefergruben Kolditz und des Staatsschieferbruches Lehesten einzufinden. Das Fernschreiben kam spät und so trafen die beiden Herren der Firma Schott erst gegen 9:20 Uhr mit Verspätung in Marktgölitz ein.

Sie wurden in Marktgölitz von 5 weiteren Personen erwartet:

·    Dr. Ing. T. Vogel als Beauftragter des Reichsministeriums / RuK (Rüstungs- & Kriegsproduktion)
·    Bergrat Loof vom Bergamt Saalfeld
·    Herr Grosser als Miteigentümer der Grube
·    Dir. Rebhan und Dipl. Ing. Hünsch von der Firma Siemens / Nürnberg

Auf dem Weg zur Grube Kolditz sprach ein Beauftragter der Firma Schott mit Dr. Ing. Theodor Vogel. Er teilte mit, das es sich bei der „Kelleraktion Jena“ um eines von 120 vom Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion befohlenen Projekten der unterirdischen Verlagerung handle. Diese würden in verschiedenen Wellen gestartet. Die Welle I, welche die Projekte 1 bis 30 betreffe, behandle ausschließlich Projekte der Luftwaffe. Die erste Welle, zu welcher auch die durch die Saukelwerke getarnten Flugzeugverlagerungen in der Nähe von Kahla („LACHS“ / „SCHNEEHASE“ A.F.) gehörten, sei nach erfolgter Planung bereits in Angriff genommen wurden.
Die zweite Welle sei nach Dringlichkeitsstufen geordnet und beginne mit der Nummer 31. Das Verlagerungsprojekt der Firma Schott hatte die 32 erhalten und war somit die zweitwichtigste Firma in Deutschland, die es zu verlagern galt.
Auf die hohen Kosten der Verlagerung angesprochen, erklärte Dr. Ing. Theodor Vogel, dass diese keine Rolle spielen, da das Reich als Eigentümer auftrete und alles bezahlen würde. Den Unternehmern würden entsprechend den jeweiligen Erfordernissen die Bauten unter Tage von Reichs wegen völlig ausgebaut übergeben und die verlagernde Firma hätte nur in technischen Angelegenheiten ein Mitspracherecht. Einzelheiten bezüglich der Verlagerung würden auf der nächsten Besprechung in Erfurt mitgeteilt werden, wo man auch weitere Fragen ansprechen könne. Ein Schott - Beauftragter stellte richtig, das es ja in Erfurt kein Rüstungskommando gäbe und ein Baurat Dr. Vogel beim Rüstungskommando Weimar Verlagerungen bearbeite.
Es folgen die Einigungsberichte der beiden für das Jenaer Glaswerk Schott & Gen. in Aussicht gestellten Schiefergruben Kolditz bei Probstzella und des Schieferbruches in Lehesten.

Eignungsbericht der Grube Kolditz

Besitzer:

Fa. Gebr. Grosser, Marktgölitz

Lage:
Bahnstation ist Marktgölnitz , Anschlussgleis nicht vorhanden, lässt sich aber legen, Anfahrtsweg von der Bahnstation 1,5, km Reichsstraße und 0,5 km schlechter, steiler Waldweg.

Betriebsverhältnisse:
1.(oberste) Sohle liegt still, ungeeignet (brüchiges Gestein)
2. Sohle liegt still, ungeeignet (brüchiges Gestein)
3. Sohle liegt still, Stollenquerschnitt 2 m x 2 m, 23 offene Thüringer Hohlbaue mit je 150 qm
    bis 200 qm Grundfläche, Höhe der einzelnen Hohlbaue mehr als 15 m, manche Hohlbaue mit
    der darunter liegenden Sohle durchlässig.
4. Sohle (unterste Sohle, Lage 70 m über Loquitztal , Stollenquerschnitt 2,5 m x 10 offene,  
    kleine Thüringer Hohlbaue, ersäuft leicht.

Eignung der Grube für Sonderzwecke:
Natürliche Bewetterung, 60 – 80 % Grubenfeuchtigkeit, Gebirge auf der größten (3.) Sohle standfest, lässt aber eine Vergrößerung der Abbaue nicht zu. Verbreiterung und Erhöhung des Stollens wäre möglich.

Temperatur:
+ 6° bis + 10° Celsius, Stollen stark tropfend, Wetterdurchhiebe vorhanden.

Verhältnisse unter Tage:
Kleine, ausbaufähige Spalthütte, Unterkunftsmöglichkeit für 20 Mann, Stromanschluss nicht vorhanden, kann aber aus einer Hochspannungsanlage in der Nähe abgezweigt und herangeführt werden. Nach Ansicht von Grosser sind auf der 3. Sohle etwa 5000 qm Hohlbaue als Betriebsfläche nutzbar. Durch Erweiterung ließe sich die Fläche um 3000 qm vergrößern. Wasser könnte aus der Loquitz entnommen werden, die im Winter nie ganz zufriert. Als Wasserreserve könnte Tropfwasserrinnsaal in der 3. Sohle dienen.
Ferngas nicht in der Nähe.
Leuchtgas, nächste Station Saalfeld

Belegschaft:
  3 Streckenhauer
  2 Stollenhauer
10 Deutsche Hilfsarbeiter
  5 Russen unter Tage
10 Russenfrauen über Tage

Im Ort Gabe Gottes können vorhandene Räumlichkeiten für die Unterbringung einer Belegschaft von bis zu 150 Mann genutzt werden. Die Fa. Grosser betreibt auf der Gabe Gottes eine kleine Brauerei. Nach Ansicht von Dr. Vogel könnten Generatoren unten am Berg (teilweise in den Berg nach Vornahme von Sprengungen) gebaut werden.

Zufuhr und Abfuhr:
Anlegen eines Schrägaufzuges

Einzelheiten der örtlichen Verhältnisse:
Siehe Pläne, die uns durch einen Sonderboten der Gebrüder Grosser zugestellt werden. Herrn Böhnitz, der Schwager Grossers  und Mitinhaber der Firma, hatte die Schlüssel für die Pläne eingesteckt und war nicht zu erreichen.

Schlussfolgerung:
Bei der Befahrung der Grube Kolditz wurde festgestellt, dass diese auf Grund der hohen Feuchtigkeit sowie der räumlichen Abmessungen nicht geeignet waren, die geplanten 24 Gasöfen aufzunehmen. Genaue Einzelheiten konnten jedoch nicht festgestellt werden, da man sich aufgrund der dürftigen Beleuchtung kein richtiges Gesamtbild machen konnte und den Eingang der Grubenrisse abwarten wollte.

Herr Grosser erwähnte, das sich bei Marktgölitz ein weiterer Schieferbruch befände, welcher von der Kriegsmarine Kiel beschlagnahmt ist. Grosser erzählte, dass zusammen mit der Firma in Kiel und einer Firma in Jena dieses stillgelegte Bergwerk für Einlagerungszwecke benutzt würde. In Jena würden Geräte zusammengebaut, die dann dort in Marktgölnitz eingelagert würden.

2. Lehesten:
Alle Beteiligten begaben sich sodann (mit Ausnahme Grossers) zum Staatsschieferbruch Lehesten, wo uns Bergrat Loof einführte. Betriebsführer dieses Betriebes: Obersteiger Thielmann, der eingangs der Besprechung erwähnte, das man wahrscheinlich zu spät käme, die Maschinenfabrik Schwarzkopf Berlin habe vor längerer Zeit die Grube besichtigt. Seines Wissens sei die Verlagerung schon fertig geplant, man warte nur noch auf den Verlagerungsbescheid des RüLi Amtes, der – da Schwarzkopf in Berlin säße, sicherlich schon in den nächsten Tagen erteilt würde. Dr. Vogel stellte darauf hin nach Akteneinsicht fest, das diese Firma nicht unter den 120 Firmen aufgeführt sei. Wenn ein Bewerber aus den Dringlichkeitsklassen 1 – 120 hervortrete, dann hätte diese Firma den Vorzug.  Auf Besichtigung müsse daher bestanden werden. Wenn auch nach den Angaben des Obersteigers nur eine Hohlbaufläche von 2 400qm nutzbar sei, dann käme, wenn beispielsweise Jena ausscheide, immer noch Siemens oder eine andere Firma in Frage. Thielmann weiß auch auf folgendes hin. Die SS habe in unmittelbarer Nähe ein SS – Programm verlagert. („ROTBUTT“ A.F.) Zu klären wäre noch, ob der SS die Nachbarschaft  erwünscht wäre, weil es sich hier um geheimste Fertigung unter Tage und hinter Stacheldraht handele. Innerhalb einer kurzen Zeit von drei Monaten wäre das A 4 Projekt Lehesten aus dem Boden gestampft worden, allerdings wäre dies kein Kunststück gewesen, nachdem Göring Himmler den entsprechenden Auftrag erteilt habe. Bergmännisch gesehen hätte man dabei verschiedenen Unsinn verzapft. Auf den das Projekt leitenden Ss – Abschnittsleiter, der jetzt nach der Steiermark versetzt worden sei, war Thielmann noch heute erbost."

Bei der befahrenen und für die "Schott & Gen" für unpassend bewerteten Grube Kolditz handelte es sich um die spätere U - Verlagerung ANKE

Zu Lehesten - Bericht U - Verlagerung ROTBUTT

Getippt: Axel

Fotos: Rainer & Axel

 

 

Video: www.youtube.com/watch

Quellen:

„Deckname Kaulquappe – Geheime Verlagerung der Rüstungsproduktion des „Jenaer Glaswerk Schott &  Gen.“ In des Thüringer Staatsschieferbruch bei Lehesten“ / H. Hatt (2005)
             
Bei der Erkundung mit einem Zeitzeugen gesammelte Hinweise und Anmerkungen.
Dank an M. aus der Gegend

 

© Team Bünkersachsen

Das Aquaset-History Filmteam um Andreas Willer präsentiert einen Expeditionsfilm in die

Untertage - Verlagerung "KAULQUAPPE".

Das Team Bunkersachsen lieferte den Text dazu.

www.youtube.com/watch

HISTORY EXCURSION ist ein Projekt der          

AQUASET FILMWORKS Filmproduktion

fon  0049-89-9504537 

fax  0049-89-95001099

http://www.aquaset-filmworks.com

andreas(dot)willer(at)aquaset-filmworks(dot)com

© Team Bunkersachsen & AW 2012



 

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