Das größte Stollensystem von „RIESE“ mit Stollen von ca. 3. 000 m Gesamtlänge. In der ganzen Umgebung findet man auch heute noch Betonfundamente, Baugräben und im Wald lagern Tausende zu Beton gewordene Zementsäcke.
Die Anlage ist zum Teil touristisch erschlossen.
„Offizieller Baubeginn im Wolfsberg - Gebiet war der Herbst 1943. Jedoch gibt es viele Hinweise darauf, das die Arbeiten schon wesentlich früher begannen“.
Jerzy Cera schreibt in seiner Magisterarbeit:
„Helena Putilin, geboren in Wüstenwaltersdorf, berichtete, dass schon im Jahre 1938 der Wald und die angrenzenden Berghänge vom Wolfs- und Muldenberg eingezäunt waren. In den Kriegsjahren vergrößerte sich sogar das eingezäunte Gelände, und unter Androhung von Todesstrafe durfte niemand dieses Gebiet unerlaubt betreten. Während des Krieges wurde das Gelände von SS, Reichssicherheitsdienst und Feldpolizei streng bewacht“.
„WOLFSBERG“ war der größte fertiggestellte unterirdische Komplex. Heute befindet sich ein Teil der Anlage unter Wasser. Dies ermöglichte uns allerdings die seltenen Gelegenheit, einen Grossteil der unterirdischen „Wasserstraßen“ mit eigens hierfür mitgenommenen Schlauchboote zu befahren.
Die oberirdischen Relikte und Hinterlassenschaften sind auf Schritt und Tritt anzutreffen. Unter anderem sind Baumateriallager, Zement- und Hauptbetonwerk, Zementlager, Abraumhalde, Verladerampe, Barackenfundamente, Reste der Pumpstation, Wohn- und Unterkunftsbereiche für Personal und Wachen und andere Betonfundamentreste noch vorhanden. Allein das Zementlager mit seinen versteinerten Zementsäcken lassen nur ungefähr die Ausmaße des Bauumfanges erahnen.
Befahrung mit dem Schlauchboot
Das größte Stollenlabyrinth vom Gesamtkomplex „RIESE“ hatte vier parallel verlaufende Stollen an der östlichen Seite des Berghanges vom Berg Wolfsberg. Die vier erwähnten Parallelstollen mit einer Länge zwischen 180 – 240 m sind durch mehrere Stollen miteinander verbunden. Es ähnelt wie bei allen Anlagen vom „Objekt RIESE“ einem Schachbrettsystem. Einige Stollen sind übereinander angelegt und mit entsprechenden Schächten verbunden. Über diese Schächte erfolgte der Abtransport per Grubenbahn des anfallenden Abraums beim Stollenvortrieb hinaus ins Außengelände. Später sollten diesen Schächte zum Einsturz gebracht werden um somit die benötigten Ausmaße für die Produktionshallen zu erreichen. Einige dieser Hallen sind bereits auf diese Weise ausgesprengt und man erahnt die Größe der geplanten Produktionshallen. Große Teile der U - Verlagerung „WOLFSBERG“ stehen heute unter Wasser, und so wurde diese Befahrung zu einem außergewöhnlichen Erlebnis.
Unsere Tour wurde teils mit dem Schlauchboot und teils auf übliche Art zu Fuß durchgeführt. Die beiden Boote hatte eigens unser Reiseunternehmen für dieses unterirdische Labyrinth mitgeführt. So hieß es auch erst einmal auf dem Besucherparkplatz Luft aufpumpen. Nach ca. 20 min. waren beide Boote einsatzbereit und wurden von uns zum Eingangstollen „WOLFSBERG III“ gebracht. Diesen flankieren zwei Ein - Mann - Bunker (Splitterschutzzellen). Die neu aufgetragene Tarnfärbung steht zwar im passenden Kontrast zu den Portalen und der Umgebung, weicht aber wohl stark von der ehemaligen Tarnung ab.
Beim Paddeln durch eine der mit dem Ausbau begonnenen bogenförmigen Hallen war dies gut nachzuvollziehen. Etwa 10 m hoch sind einige der Bögen und die fertigbetonierten Betonsegmente zu sehen. Die Spuren der Verschalung sind noch vorhanden. Gegenüber einer teilweise ausgebauten Produktionshalle befindet sich eine Felsplateau. Hier legten wir an, vertäuten die Schlauchboote und betrachteten die einzelnen noch erkennbaren Arbeitsschritte. Es sind gleich mehrere Schächte zu sehen die gute 5 m in die Tiefe reichen. Unterhalb der Schächte sind weitere Stollen auszumachen. Allerdings sind diese jetzt natürlich geflutet. Sicherlich durch das ins Gebirge drückende Oberflächenwasser. Das abgesprengte Gestein der Ebene auf welcher wir uns hier befanden, wurde durch die Schächte nach unten verbracht und abtransportiert. So konnten effektiv ziemlich großräumige Produktionshallen errichtet werden. Zu sehen waren auch die notwendigen Bohrlöcher. Nach dem Heraussprengen wurden die Gesteinsbrocken abtransportiert oder vielleicht auch an einen anderen Ort im Labyrinth verbracht. Später wurden die Wände dann ähnlich einer Schremmwand „glatt“ gehauen. Wie man später noch sehen konnte wurden hier pneumatische Hämmer verwendet. Musste man sich bei einigen Stellen ducken um sich nicht den Kopf am Gestein anzuschlagen paddelten wir dann wieder unversehens in gigantischen Hohlräumen, den vorgesehenen Rüstungsbereichen der Anlage.
Die Schatten der Felswände im Licht der verschiedensten Lampen warfen die herrlichsten Farbspiele auf die Wasserfläche und an den rohen Fels. Es war beeindruckend. Das sanfte dahingleiten der Schlauchboote, das wiederhallen der Geräusche von den glitzernden Wänden und der schimmernden Wasseroberfläche, die Urwüchsigkeit und das Schauspiel der Elemente.
Die polnischen Betreiber des Objektes führen hier auch Fahrten in Blechkähnen durch. Diese verlaufen allerdings auf vorgesehenen, per Seil mit dem Kahn verbundenen Strecken.
Wieder im „trockenen“ Bereich des umfangreichen Labyrinths geht es vorbei an
Rohvortrieben, Holzverschalungen und Räumen mit originalen Betonsegnenten. Hier bekam man einen Einblick wie die Wachen und andere Räumlichkeiten einmal aussehen sollten.
Die eigentliche Bestimmung des „Objekt WOLFSBURG“ ist bis heute unklar und gibt Anlass für Spekulation. 1947 schrieb der polnische Redakteur Zbigniew Mosingiewicz in einem Artikel
„Wir befinden uns in der größten Residenz der geplanten unterirdischen Stadt. Ehemals vorgesehen für Hermann Göring. Am Fuße des Berges befinden sich vier in den Fels getriebene Stollen und weitere sechs Eingänge von oben. Hitlers Sitz „Säuferhöhen“ ist unterirdisch mit einem Gang verbunden“ ...
und weiter ...
„Das was ich erblickt habe, habe ich genau so in meinem Artikel niedergeschrieben“.
Nun, egal wie und was. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis auf den Wellen in die Vergangenheit zu paddeln und die ganze Atmosphäre des riesigen Labyrinths auf uns wirken zu lassen. Sanft dahintreibend im Wiederhall des Gesprochenen, der Erhabenheit riesiger Hallen und enger Durchlässe.