Die todbringenden Bomberstaffeln waren am 03.04.1945, Dienstag nach Ostern, ein weiters mal zur „Schlacht um Leuna“ gestartet um der deutschen Treibstoffindustrie den entscheidenden letzten Schlag zu versetzten. Es war geplant, in den Leuna – Werken bis zu 750 Millionen Liter Flugbenzin pro Jahr herzustellen. Ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung sollte dem verhaßten Feind diese wichtige Versorgungsachse zerstört werden. Keine Besonderheit für die alliierten Piloten. Churchill hatte bereits im Juni 1940 festgelegt "Wir werden Deutschland zu einer Wüste machen, ja, zu einer Wüste“. Es ging also nicht um die Vernichtung des deutschen Heeres und der Rüstungsindustrie, sondern um die Ausrottung einer ganzen Nation.
Eine weitestgehende Luftüberlegenheit über das Dritte Reich war zum Zeitpunkt des Überfalls bereits errungen.

Werbebild 1932 © Privat Archiv Axel

Aus diesem Grunde waren bereits bombensichere ehemalige oder sich noch in betrieb befindliche Bergwerke erforscht worden. Dazu kamen auch gänzlich neu in die Gebirge getriebene Anlagen, wie die hier beschrieben U – Verlagerung „Schwalbe II“ im Sandsteingebirge.

Wichtige Kriterien für die Wahl des Standortes eines neuen Stollensystems und damit verbundener U – Verlagerungen der Baugruppe „Schwalbe“ waren:

Steinbrüche mit hohen Gebirgen und entsprechender steiler Überdeckung (mind. 50m).
Gestein, das einen zügigen Vortrieb ermöglichte (z. B Sandstein).
Standfeste Hohlräume von 15m Länge, 12m Breite und 40m Höhe.
Gute Infrastruktur, Bahnanbindung, Straßennetz und gegebenenfalls Wasserwege.
Große zur Verfügung stehende Wassermengen
Energieanschluß.
Platz für Umschlagplätze und Baracken, Ladestationen, Materiallagerplätze und ähnlichem.

U – Verlagerung SCHWALBE II  / Eisenrose
Dehydrieranlage zur Herstellung von Flugzeugbenzin

Vorhaben:           Schwalbe II
Firma:                  Brabag Magdeburg
Standort:             Sandsteingebirge
Bemerkung:         Stufe 1:  7. 500 t pro Monat Steinkohlenteer oder 12. 000 Mt Braunkohlenteer
                            Stufe 2:  12. 000 Mt Braunkohlenteer als Produkteinsatz.
                                           12. 000 Mt Steinkohlenteer als Produkteinsatz

Bau- Objektnummer: 5107

Quelle:
„Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten des zweiten Weltkrieges“ – Wichert.

Ein ausgeschlägelter alter Keller ist der erste Hinweis auf den Beginn der insgesamt 20 Stollen zählenden unterirdischen Anlage zur Treibstoffgewinnung.
Der Eingangsbereich der ca. 4x4x3m großen Höhle selbst ist mit Tuffsteinsäulen und Quadern versehen, ein vergittertes Sichtfenster war neben dem Eingang die einzige Verbindung nach außen. Die Stärke des Eingangs kann auf gute 1,50m geschätzt werden, eher etwas darüber. An der Firste sind noch diverse Halterungen für Kabel vorhanden. Es ist anzunehmen, das diese Höhle den Wachmannschaften und Kontrollposten als Unterstand während ihres Dienstes dienten. Unmittelbar in der Nähe der sich hier entlang ziehenden Straße überwachten sie an einem Schlagbaum möglicherweise die eintreffenden Transport Lkw und ihre Fracht. Gut dem Gelände angepaßt mit diesem Kontrollpunkt beginnt nun dem Gebirge folgend die ehemalige Baustelle für das Vorhaben „Schwalbe II“ in einem Sandsteinbruch. Sämtliche Stollen befinden sich im Rohvortrieb und enden an der jeweiligen Ortsbrust mit erkennbar abgebrochener Bautätigkeit. Die Bohr- bzw. Sprenglöcher für den weiteren Fortlauf des geplanten Stollenvortriebes sind noch deutlich sichtbar. Die heute noch zu erkundenden 17 (?) Stollen sind teilweise unterschiedlich in Länge, Breite und Höhe.


"Der Zweck der Anlage hat sich 1945 von Flugbenzin- zu Stickstoffproduktion geändert!

Auszug aus: "Underground and dispersal plants in Greater Germany", USSBS Oil Division, 2nd Edition January 1947, mit freundlicher Genehmigung durch

http://www.sachsenschiene.net/forum/portal.php

 
Einige Besonderheiten in der Stollenanlage:

Der Stollen Nr. 1 hat in Fahrtrichtung nach einigen Metern links einen Abzweig. Beide Stollen (Haupt- und Nebenstollen (ca. 100m und ca. 50m) enden an der jeweiligen Ortsbrust. Hier wurden die Arbeiten wie bei nun allen folgenden Stollen abrupt eingestellt und man sieht noch die angesetzten Bohr- bzw. Sprenglöcher. Der Zugang ist mit Tuffstein versehen, Stahlträger eingezogen und im Außenbereich ist die Halterung für den Hauptschalter mit entsprechenden Kabelabgängen vorhanden.

Nr. 1 & 2

 

 

Unmittelbar nebenan folgt Stollen Nr. 2 mit einer nun schon mächtigen Gebrirgsüberdeckung und noch existierendem in Sandsteinquadern gesetztem Stahltor, einem von noch zwei existenten der gesamten Anlage. Auch hier sind die Halterungen für Kabel und Hauptkasten vorhanden. In diesem verzweigtem Stollensystem wurden nach dem Krieg möglicherweise Sensoren und Messstationen installiert. Mehrere Installationsreste und Markierungen lassen darauf schleißen.  Die Querstollen enden alle an der jeweiligen Ortsbrust mit den bereits erwähnten Sprenglöchern. Möglicherweise sollten sie die angrenzenden Stollen einmal miteinander verbinden.
Der Punkt „Station 1.4.“ trägt die Aufschrift „50 Jubiläumsloch.“ Die Beschilderung reicht bis zum Punkt „Messstelle 22“, wenn ich nicht noch etwas übersehen habe. Ein Hallen ähnlicher Ausbau zeigt sich dem Betrachter sowie eine Querverbindung zu Stollen Nr. 4. Die Beleuchtung war mit Leuchtstoffröhren (Neonleuchten) versehen und unterstreicht die Annahme einer Nachnutzung.
Die Stollen Nr. 2 und Nr. 4 und darüber hinaus sind über ein Streckenkreuz mit einem Querstollen verbunden.
Stollen Nr. 4 ist zumindest auf den ersten Metern im Eingangsbereich breiter als die bisher gesehen, verjüngt sich aber wieder zusehend auf das Niveau der vorherigen Stollen. Der Eingang ist mit Stollen Nr. 2 identisch, nur das Stahltor ist inzwischen abhanden gekommen. Um und über der Zufahrt ist eine ganze Anzahl von Bohrlöcher angebracht. Der Umfang könnte darauf deuten, das er die Einfahrt für die Kesselzug hätte werden können.

Eine der beiden erhalten gebliebenen Tore bei

 

 

Das zweite Stahltor bei Nr. 4

Die Stollen Nr. 3 und Nr. 5 sind oberhalb der restlichen Anlage plaziert. Sie liegen etwa 15 bis 20m über dem Niveau der ehemaligen Baustelle und deren Zugänge. Nr. 3 ist gerade einmal an die 2m bis zur Firste, und die Stollenbreite dürfte dieses Maß bis etwa auf die Stollenmitte kaum überschreiten, dann ist allerdings eine leichte Zunahme des Ausbaus erkennbar. Die Länge ist etwa mit 160 bis 180m anzugeben. Ein zweiter Schacht neben dem Mundloch könnte zur zum Aufstellen eines Aggregates gedient haben.

Nr. 3 und vermuteter Raum für Aggregat (rechts)


Oberhalb der Stollenmundlöcher Nr. 4 und Nr. 6 befindet sich ein Wasserwerk über der einstigen Baustelle. Der sich hier befindende Brunnen geht bis tief ins darunterliegende Gebirge.

Nr. 6 hat gleich zu Beginn eine stattliche Ausbauhöhe von ca. 4m, nach einer kurzen Strecke zeigt sich eine ausgehauene Halle, b. z. w. größere Nische. Nr.6 endet nach ca. 70m an der Ortsbrust, wie gehabt.
Der Stollen Nr. 7 endet nach gut 25m mit einem linksseitigem Durchschlag zu Stollen Nr. 8.  
Stollen Nr. 8 ist nun wiederum um einiges höher angelegt und endet nach ca. 25m in einem Hallen ähnlichen Ausbau mit direktem Zugang zum erwähnten Stollen Nr. 7. und einer direkten Verbindung zu Nr. 9 mit Ausbauhöhen die auf die geplante Raffinerie schließen lassen. Auch ein ausgehauener Schacht der über die Firste hinaus geht ist hier vorhanden. Bohrlöcher für den weiteren Vortrieb des Schachtes in die Höhe sind eingebracht. Im verbundenen Bereich mit Nr. 7 beginnend hin zu Stollen Nr. 9 sind Hallen zwischen 8 und 10m Höhe errichtet. Die arbeiten wurden auch hier abrupt an der Ortsbrust abgebrochen.

Die folgenden Stollen gleichen sich außer unterschiedlichen Streckenlängen im Rohausbau. Bei
einigen hat man vor der Ortsbrust das Haufwerk inklusive.


 

Beim Umschlagplatz kann man sich schön die Wendeschleife der Werksbahn vorstellen, ebenso wie und wo etwaige Materialien lagerten. Auch hier gibt es unmittelbare Stollenmundlöcher. Alles perfekt durch das Gebirge getarnt.

Beim Umschlagplatz

 Nr. 17 ist der wohl am meisten in Mitleidenschaft gezogene. Hier gibt es bereits einen massiven Verbruch der Firste.

 

Stollen Nr. 19 ist gerade einmal an die 7m in den Fels getrieben. Ortsbrust und Haufwerk


Der Stollen Nr. 20 ist verschlossen und wird allem Anschein nach durch eine hiesige „Schützengesellschaft e.V. 1538“ genutzt.


Einige der Mundlöcher waren bereits ausgemauert oder mit Tuffstein versehen und Stahltore angebracht. Mit steigender Numerierung kann man eine stetige Abnahme der Stollenhöhe und Länge feststellen.  Das ganze Bodenniveau der Anlage „Schwalbe II“ ist fast eben, Gleisbette der ehemaligen Transport- bzw. Grubenbahn sind hin und wieder zu finden. Über einigen der Einfahrten sind noch schön die Keramikinstallationen für die Stromversorgung zu sehen.
Die Anlage steht heute offen und kann durch einen Wanderweg recht gut erkundet werden. Sie gestaltet sich trocken und gut bewettert. Wir konnten an jenem herrlichen Frühlingstag 17 der insgesamt 20 Stollen erkunden. Die ehemaligen Eingänge sind durchgehend numeriert. Allerdings sollte man nun nicht unbedingt in Sandalen und ohne entsprechende Lichtquellen dies unternehmen. Auch auf immer wieder eintretenden Steinfall ist unbedingt zu achten. Das sich hier immer wieder Geröllbrocken des Bruchrandes lösen und in die Tiefe stürzen sieht man an überwucherten und „frischen“ Aufschlagstellen. Die Stollen selbst stehen stabil im Gebirge, einige Mundlöcher sind jedoch durch Felsbrocken oder Geröll beengt. Im gesamten Stollenbereich sind immerwieder links und rechtsseitig farbig unterschiedliche Gebirgsstörungen im Gestein zu sehen.

Gebirgsstörung

Die herrliche Gegend ist gekennzeichnet von uralten Höhlen, Wasserfällen und immer wieder herrlichen Aussichten in die weite zerklüftete Gebirgslandschaft. Ein interessanter Tag neigte sich nach ca. 6h seinem Ende entgegen.

 

Weiterhin war in der Sandsteinwand Niedere Kirchleite unter dem Code C.12a....g die Untertage - Verlagerung des General - Bevollmächtigten Chemnie, die nicht direkt klassifiziert sind die

U - Verlagerung ORION I vorgesehen.

C,12a Anlage Orion

OT - Einsatzgruppe Dresden

Vorhaben:           Orion (I)
Firma:                  IG - Farben Auschwitz
Standort:             Sandsteinwand
Deckname:          Riesenrose
Stollenfläche:      18. 000qm
Stollenuasbruch: 120. 000qm

Quelle:
„Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten des zweiten Weltkrieges“ – Wichert.

 

Hier ist sogar von 23 Stollen die Rede.

http://www.gedenkplaetze.info/index.php/deutschland/34-lkr-saechsische-schweizosterzgebirge/83-koenigstein-eselswiese-und-schwarzer-weg

Leunawerke und Bombenangriffe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Leunawerke

 


 

Weitere SCHWALBE Anlage hier; SCHWALBE I und SCHWALBE V

Text: Axel

Fotos: © Rainer

© Team Bunkersachsen 2012











 

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