Heeres – Munitionsanstalt Wolkramshausen der Wehrmacht / Schacht Wolkramshausen

HMA - Wolkramshausen
Revier: Südharz
Bernterode Preußen, Sachsen
Kleinbodungen Althans I und II
Obergebra Gebra, Lohra
Sondershausen Glückauf III und IV
Wolkramshausen Ludwigshall, Immenrode

Mit zunehmenden Lüftherrschaft der Alliierten über den deutschen Luftraum wurde ab November 1943 bis März 1944 die gesamte Produktion und Fertigung der HMA in unterirdischen Gruben verlagert. Seitens der Wehrmacht wurde in 25 stillgelegten Salzbergwerken mit 48 Schächten Munition und andere Güter oder Stoffe untertägig verbracht. Die Zeitzeugin arbeitete auf einer 650m Sohle untertage und machte Granaten „scharf“. Wir hatten das besondere Glück und die Ehre sie über ihre Tätigkeit an der Heimatfront untertage zu befragen.
Als erstes zeigte uns Frau M. ihren damaligen „Betriebsausweis“.

Auszüge aus dem Gespräch:
Zeitzeugenbericht mit Frau M.

Frau M. war Ergänzungsarbeiterin (Erg. – Arbeiterin) in der HMA Wokramshausen.
Über ihre Tätigkeit berichtete sie uns,
„Vorm Betreten des Fahrstuhls mussten wir unseren Ausweis immer vorzeigen. Wir hatten Hülsen, ich glaube aus Messing, und da mussten wir eine bestimmte abgewogene Menge Pulver in so Schläuche (Schläuche aus Kunstseide A.F. ) füllen. Die wurden dann darin auch verpackt. Wir machten ja Infanteriegranaten scharf. Jede Arbeiterin von uns hatte eine ganz spezielle Aufgabe, die eine machte das, die andere eben was anderes. Zünder andrehen, stempeln und halt das scharf machen. Das Pulver sah aus wie Makkaroni (gewalzte und gestanzte Pulverstränge A.F.), die wurden genau abgewogen und kamen dann in die Hülsen. Die Hülsen kamen auf einen Tisch, und nun hatte jede ihre Arbeit, wie ich ihnen ja schon gesagt habe. Das waren ganz große Tische, oder besser gesagt Tafeln, da lagen die Granaten drauf, 7,5er und 12,5er, die waren auch ziemlich groß und schwer. Das waren ja richtige Hallen in dem Berg, das war wie so ein großer Bogen, wie ein großer Keller. Ich glaube wir saßen so 25 bis 30 Frauen an den Tafeln, genau weiß ich das heut nicht mehr. 650 Meter waren wir tief. Das ging ja mit einem Fahrstuhl runter, aber in was für einem Tempo. Ich habe gedacht ich verleire meine Därmer wenn das immer so schnell da runter ging. Der Fahrstuhl ging komplett bis unten durch, Zwischenhalte gab es nicht. Ob es noch wo anders solche Hallen gab, oder Etagen kann ich nicht sagen, gesehen habe ich nichts davon. Bewachung hatten wir auch keine, mit uns kam immer der Hauptmann M. mit, aber nicht mit Pistole oder so. Der hat manchmal unsere Arbeit kontrolliert. Gefangene durften sowieso bei uns nicht mit rein, zur Sicherheit für uns, wenn die da was ausgeheckt hätten. Die waren alle oben im Außengelände eingesetzt. Die Granaten kamen dann zum Schluss, wo alles dran war, Nummer, Stempel und alles, in Holzkisten. Da gingen immer drei solche Granaten rein. Die wurden zugenagelt und dann ging’s ab. Auf den kleinen Loren wurden die Kisten zum Fahrstuhl gebracht und nach oben befördert. Mit dem gleichen Fahrstuhl den auch wir benutzten. Die Loren kamen dann auf dem Gleis wieder leer von oben runter. Eine Küche hatten wir auch und waschen konnten wir uns auch ordentlich. Nur auf’s Klo, das war nicht so schön. Da mussten wir mit `ner kleinen Lampe durch so einen kleinen Stollen, das ging nur gebückt, da konnte man da hinten dann austreten, alles finster, na ja, musste halt auch gehen. Aber die Arbeitshalle war hell erleuchtet. Ich kann mich auch nur an die eine große Halle erinnern und kleinere Bereiche für die Herren, für den Hauptmann und wenn sonst jemand mal mit runter kam, Kontrolleure und so. Es gab ja auch manchmal Stichproben“.

„Wir mussten von Anfang an als Dienstverpflichtete Granaten machen. Zuerst habe ich übertage gearbeitet  in den Tüllwerken Mühlhausen und da hab ich bloß 78 oder 79 Pfennige (Reichswährung A.F.) in der Stunde bekommen, und im Bergwerk, wer da rein gehen wollte, der hat 98 Pfennige gekriegt. Ich bin freiwillig in das Bergwerk gegangen weil ich da eben mehr Geld bekam. Wir arbeiteten acht Stunden am Tag, auch Samstags. An andere Arbeiten im Bergwerk kann ich mich nicht erinnern. Meiner Meinung nach kamen die Holzkisten mit den Granaten oben auf Laster und sind dann weggefahren worden“.

„In dem Bergwerk hat es ein Jahr vorher eine Explosion gegeben. 70 Frauen und Mädels sind da an der Seite beim Schacht, da waren so Leitern im Zick zack, der Notausstieg. Die sollen da hochgekommen und gleich wieder zurückgefallen sein durch die giftigen Gase und Hitze. Nur eine 70 und eine 17 jährige hat es geschafft. Die haben dann auch das Kreuz bekommen. Und wo das passiert war kam ich dahin. Da waren die Wände noch ganz schwarz, vom Russ, vom Feuer und der Explosion“.

„Beim Angriff auf Nordhausen habe ich alles verloren, ich wohnte ja dort. Privat bei einer Lehrerin, nicht von der HMA. Ich bin im Nachthemd auf die Straße gerannt und da kam ein großer Lastwagen mit lauter Offizieren und die haben mich bis in den Harz mitgenommen. Mit dem schlimmen Angriff hörte für uns die Arbeit im Berg auf. Ich glaube auch der Eingang ist geschlossen worden, irgendwie. Dann war ich vierzehn Tage auf der Flucht. Ich begab mich in meinen Heimatort. Unterwegs wurde ich auch einmal in einem Keller verschüttet. Da waren wir bei einem Fliegeralarm reingerannt, und sind getroffen worden. Völlig verschüttet. Nur durch Klopfzeichen konnten wir uns bemerkbar machen. Nur Frauen und Kinder waren wir. Ich denke heut, das waren so zwei bis drei Stunden. Das ist ein Gefühl, das kann ich ihnen sagen, unbeschreiblich. Wünscht man keinem. Ein junger Soldat aus Hamburg hat mich da rausgezogen. Dem verdanke ich mein Leben“.

„Wäre der Krieg noch drei Monate länger gegangen, hätte ich die Bergmannsrente bekommen. Wir sind ja jeden Tag ins Grab gefahren, sozusagen. Wir wussten ja gar nicht ob wir wieder hochkommen“.
„Mein Mann hat im Krieg ein Bein verloren. In Russland bei einem Angriff.“.
Noch immer trägt sie ein Bild von ihm bei sich. So viel Liebe, Zuneigung und Treue sind heut zu tage in unserer Gesellschaft kaum noch anzutreffen (A. F.)

Sie wurde müde, ruhig, fast kindlich. Sicherlich überfielen sie die Gedanken an den geliebten Mann, der nun schon vor einigen Jahren von ihr gegangen ist. Eine lange ruhige Pause folgte.

Später sahen wir uns dann noch einige Fotos aus ihrer Jugendzeit an, ehe es dann heiß  Abschied zu nehmen. Die anfängliche Scheu hatte sich längst gelegt.

Wir wünschten und wünschen ihr alles gute und vor allem noch einen kräftigen Schub Gesundheit.

Das Gespräch  wurde von Axel und Jens geführt.

Ich, M. wurde als viertes Kind des Waldarbeiters E. R. und dessen Ehefrau. L am 16. August 1921 geboren. Meine Jugend verbrachte ich in meinem Elternhaus. Ich besuche eine 8. Klassen Schule. Nachdem arbeitete ich 2 Jahre in der Landwirtschaft, wobei ich zwischen durch 2 Jahre die Fortbildungsschule besuchte und mit gutem Erfolg abschloss.
1935 – 1940 arbeitete ich in einer Fleischerei bei meinem Onkel in Berlin. Nachdem verrichtete ich Feinsttechniker Arbeiten in den Tüllwerken Mühlhausen / Thüringen.

Von dort aus wurde ich dann Dienstverpflichtet in die HMA (Heeres – Munitionsanstalt A.F.) Wolkramshausen.
(Wohnsitz Nordhausen), dort arbeitete ich in einer Grube und Schachtgebäude auf der 650 Meter Sohle als Erg. – Arbeiterin bis kurz vor Kriegsende.
Ich erlebte dann noch den Großangriff auf Nordhausen wo ich ja meinen Wohnsitz hatte. Nachdem ich dann alles verloren hatte, zog ich in mein Elternhaus zurück.

Dort verbrachte ich die Jahre bis 49. Ab 1949 arbeitete ich im Hotel „Roter Hirsch“ als Zimmermädchen. 1950 nahm ich meine Arbeit in dem VEB Carl – Zeiss – Jena auf wo ich bis zum heutigen Tag noch beschäftigt bin.

Saalfeld den 27.01.1976                                                                                                   
M .

Text: Axel
© Fotos. Privat Archiv Axel & Jens

 

 

Leergeräumte Muni - Halle unter Tage / Wolkramshausen. Foto aus der Ausstellung zu den Munas in der ehemaligen HMA - Sondershausen

© Team Bunkersachsen 2010




 











 

         Zurück nach oben