Der Sächsische Grenzbote.
Amtsblatt für die Stadt Pausa.
   Zeitung und Anzeiger für die Städte Pausa, Mühltroff und Umgegend.

Nr. 114.             Pausa, Mittwoch den 23. September 1914.                             36. Jahrg.

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London in Furcht vor den Zeppelinen.  

Wie der „Köln. Ztg.“ Von der holländischen Grenze gemeldet wird, fordern die Londoner Behörden die Einwohner zum zweiten mal auf, nachts wegen eines etwaigen Kreuzens feindlicher Luftschiffe über London keine Lichter brennen zu lassen, die einen besonderen Anziehungspunkt bilden könnten.
  Die dänische Zeitung „Politiken“ meldet aus London:
Die Spionenfurcht ist in letzter Zeit gewachsen. Zahlreiche Deutsche sind verhaftet worden; einzelne sollen unter dem Kriegsrecht hingerichtet worden sein. –Die „Morningpost“ warnt die in England lebenden Deutschen, Anlaß zu Misstrauen zu geben, weil darunter auch unschuldige Deutsche zu leiden hätten. Auf dem Themsekanal in der Nähe des Parlaments und am Obelisk der Cleopatra sind zahlreiche große Scheinwerfer aufgestellt, die nachts den Himmel absuchen. Auf den in der Nähe gelegenen Hotels Cecil, Savoy und Morsel sind Maschinengewehre und Haubitzen aufgestellt, um  Angriffe aus der Luft abzuwehren.

Der Weltkrieg als Rettung aus inneren Nöten.

Giornale d’Italia bringt ein Interview mit dem Senator Grafen di San Martino, der von einer Reise durch England und Frankreich zurückgekehrt ist, woraus folgende Sätze besonders interessant sind: Am 22. Juli habe ein Dinner stattgefunden, an welchem Sir Edward Grey, Goschen und der frühere Schatzminister Lord Murray teilgenommen hätten. Grey habe geäußert, die Vorgänge in Irland seien gar nichts im Vergleich mit dem Konflikt der Europa drohe. Lady Murray, eine eifrige Parteigängerin Ulsters, habe über die Schwierigkeiten in Irland gesprochen und gesagt: „Niemand ist gewillt nachzugeben, und deshalb ist die Konferenz bei dem König vergeblich gewesen. Der Kampf wird täglich heftiger; wir stehen vor einem Bürgerkrieg, und ich sehe nur einen Ausweg:
Nur ein Krieg gegen Deutschland kann noch alle wieder einigen.“

  Zeulenroda. Der Infanterist Martin Jähnert ist im Kampfe ums Vaterland gefallen.

Der bestorganisierte Nachrichtendienst.
 

Die Gazette  De Lausanne in Basel enthält ein Telegramm aus Toulouse über den Bericht eines französischen Offiziers; darin heißt es: „Auch unsere Feinde haben aus dem letzten Kriege ihre Lehren gezogen; sie unterhalten den bestorganisierten Nachrichtendienst, der sich über die ganze Welt erstreckt und sie mit ziemlich genauen Beobachtungen versorgt. Wir hätten nicht geglaubt, daß die deutschen Flieger so zahlreich wären. Ganze Schwärme haben unsere Stellungen ausgekundschaftet. Wenn einer heruntergeschossen wurde, so erschienen fünf andere die höher flogen; das können tausende von Zeugen versichern. Die Flieger ließen rote Kugeln herabfallen. Unsere Soldaten warfen sich zu Boden, denn sie erwarteten eine Explosion; aber nichts erfolgte, nur eine weiße Rauchfahne stieg empor. Ein paar Minuten später aber sauste ein Hagel von Granaten und Schrapnells über uns her. Die Deutsche Artillerie zielt und trifft genau, wenn sie uns auch an Material und Munition nicht gleichkommt. Der Plan, das Ziel durch Flieger markieren zu lassen, ist eine geniale Idee; der Kniff ist nun entdeckt, aber er hat genug genützt.“

Unsere Feldhaubitzen im Nahkampf.

Wie furchtbar die Wirkung der deutschen Feldhaubitzen auch auf nahe Entfernung ist, geht aus folgender Schilderung eines Kriegsteilnehmers hervor:
„Am 22. 8. fing gegen Abend 8 Uhr ganz plötzlich, als wir uns gerade ins Quartier begeben wollten, ein Gefecht an, und ehe wir es uns versahen, waren wir mitten drin. Es war ein schneller Sieg. Die Franzosen wurden ganz furchtbar vermöbelt. Die Nacht schliefen wir im Straßengraben von 2-4 Uhr und deckten uns mit dem Sternenhimmel zu. Es war gemein kalt. Am nächsten Tag ging die Sache weiter. Die Franzosen flohen auf der Straße nach Sedan zu. Unterwegs sahen wir ganz grauenvolle Bilder. Ganz besonders in einem Walde, wo auf einer schnurgeraden Straße zwei französische Feldartillerie-Regimenter gänzlich vernichtet worden waren. Die Geschütze standen da in Marschkolonne, die Pferde (vor jeder Protze sechs)lagen wie vom Schlage gerührt tot da und ringsum die Mannschaften und Offiziere. 28 Geschütze mit den Protzen und sämtliche Mannschaften und Offizieren waren vernichtet. Das ganze spielte sich in zehn Minuten ab. Ein Hauptmann Wilhelmi hatte diesen Schlag getan. Er hatte die Franzosen überrascht und auf 300 Meter mit Feldhaubitzen geschossen. Er selbst erzählte es uns, er hatte einen Schuß an die Brust bekommen. Und ein französischer Offizier der ganz zufällig abseits gewesen war und nur verwundet wurde, erzählte, es wäre so gewesen, dass man hätte den Verstand verlieren können. Dieses grauenvolle Bild werde ich nie vergessen.
Zwei Kilometer lang nichts als Geschütze, Leichen und Pferdekadaver.“

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Aus einem Feldpostbrief
vom Schwiegersohn des Herrn Hermann S.
 

Wir hatten immer große Märsche, 40 Km pro Tag. Mit den Gefechten ist jetzt etwas Ruhe. Wir befinden uns an der französischen Grenze auf deutschem Boden. Vor den Einwohnern muß man sich trotzdem in acht nehmen, manche schießen sogar auf einzelne Soldaten. Erst vorgestern haben sie einen einzelnen Sanitäter hundert Meter vor unserem Doppelposten angeschossen. Ein Pausaer, Huster, stand gerade Wache und hat ihn verbunden. Das Gewehr- und Granatfeuer lässt uns ganz kalt. Seit 14 Tagen regnet es hier stark, man steckt oft bis über die Knöchel im Dreck. Die Kleider haben wir schon 4 Wochen auf dem Leib und solang sind wir auch nicht gewaschen und rasiert, sodaß immer einer über den andern lacht. Huster, Gläsel und ich. Hoffentlich geht der schreckliche Krieg bald zu Ende. Die Franzosen haben einen heillosen Dampf vor uns. Sobald sie unser Hurra hören, reisen sie aus, sausen können sie wie die Schneider. Die Bayern gehen drauf wie die Teufel. Unlängst im Gefecht haben sie alles weggeworfen und sind in Hemdärmeln mit dem Taschenmesser auf die Rothosen losgegangen. Daß unsere Kompanie auch schon tüchtiges geleistet hat, beweist, das unser Feldwebel mit dem eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde.

 

In Original – Rechtschreibung und Grammatik von 1914 wiedergegeben.    

Feldpostkarte 1914


 

© Abschrift & Feldpostkarte: Privat Archiv: Axel

© Team Bunkersachsen 2012
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