Der Sächsische Grenzbote. Seite 2 Wie der „Köln. Ztg.“ Von der holländischen Grenze gemeldet wird, fordern die Londoner Behörden die Einwohner zum zweiten mal auf, nachts wegen eines etwaigen Kreuzens feindlicher Luftschiffe über London keine Lichter brennen zu lassen, die einen besonderen Anziehungspunkt bilden könnten. Der Weltkrieg als Rettung aus inneren Nöten. Giornale d’Italia bringt ein Interview mit dem Senator Grafen di San Martino, der von einer Reise durch England und Frankreich zurückgekehrt ist, woraus folgende Sätze besonders interessant sind: Am 22. Juli habe ein Dinner stattgefunden, an welchem Sir Edward Grey, Goschen und der frühere Schatzminister Lord Murray teilgenommen hätten. Grey habe geäußert, die Vorgänge in Irland seien gar nichts im Vergleich mit dem Konflikt der Europa drohe. Lady Murray, eine eifrige Parteigängerin Ulsters, habe über die Schwierigkeiten in Irland gesprochen und gesagt: „Niemand ist gewillt nachzugeben, und deshalb ist die Konferenz bei dem König vergeblich gewesen. Der Kampf wird täglich heftiger; wir stehen vor einem Bürgerkrieg, und ich sehe nur einen Ausweg: Die Gazette De Lausanne in Basel enthält ein Telegramm aus Toulouse über den Bericht eines französischen Offiziers; darin heißt es: „Auch unsere Feinde haben aus dem letzten Kriege ihre Lehren gezogen; sie unterhalten den bestorganisierten Nachrichtendienst, der sich über die ganze Welt erstreckt und sie mit ziemlich genauen Beobachtungen versorgt. Wir hätten nicht geglaubt, daß die deutschen Flieger so zahlreich wären. Ganze Schwärme haben unsere Stellungen ausgekundschaftet. Wenn einer heruntergeschossen wurde, so erschienen fünf andere die höher flogen; das können tausende von Zeugen versichern. Die Flieger ließen rote Kugeln herabfallen. Unsere Soldaten warfen sich zu Boden, denn sie erwarteten eine Explosion; aber nichts erfolgte, nur eine weiße Rauchfahne stieg empor. Ein paar Minuten später aber sauste ein Hagel von Granaten und Schrapnells über uns her. Die Deutsche Artillerie zielt und trifft genau, wenn sie uns auch an Material und Munition nicht gleichkommt. Der Plan, das Ziel durch Flieger markieren zu lassen, ist eine geniale Idee; der Kniff ist nun entdeckt, aber er hat genug genützt.“ Wir hatten immer große Märsche, 40 Km pro Tag. Mit den Gefechten ist jetzt etwas Ruhe. Wir befinden uns an der französischen Grenze auf deutschem Boden. Vor den Einwohnern muß man sich trotzdem in acht nehmen, manche schießen sogar auf einzelne Soldaten. Erst vorgestern haben sie einen einzelnen Sanitäter hundert Meter vor unserem Doppelposten angeschossen. Ein Pausaer, Huster, stand gerade Wache und hat ihn verbunden. Das Gewehr- und Granatfeuer lässt uns ganz kalt. Seit 14 Tagen regnet es hier stark, man steckt oft bis über die Knöchel im Dreck. Die Kleider haben wir schon 4 Wochen auf dem Leib und solang sind wir auch nicht gewaschen und rasiert, sodaß immer einer über den andern lacht. Huster, Gläsel und ich. Hoffentlich geht der schreckliche Krieg bald zu Ende. Die Franzosen haben einen heillosen Dampf vor uns. Sobald sie unser Hurra hören, reisen sie aus, sausen können sie wie die Schneider. Die Bayern gehen drauf wie die Teufel. Unlängst im Gefecht haben sie alles weggeworfen und sind in Hemdärmeln mit dem Taschenmesser auf die Rothosen losgegangen. Daß unsere Kompanie auch schon tüchtiges geleistet hat, beweist, das unser Feldwebel mit dem eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde.
In Original – Rechtschreibung und Grammatik von 1914 wiedergegeben. Feldpostkarte 1914
© Abschrift & Feldpostkarte: Privat Archiv: Axel © Team Bunkersachsen 2012 |
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