Freitag 23. Mai 2014     Zeitgeschehen     Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg

Lebensader in die Heimat
 

Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.


Feldpost (10)

Sonst habe ich ja nichts ruhmreiches erlebt


Donnerstag 12.4.17
Lieber Fritz!
Nachdem unsere Kompanie 25 Tage im vordersten Graben und Drahtverhau in Stellung gelegen hat, liegen wir jetzt 8 Tage in Ruhe. Da haben wir am Tage Gewehr- und Sachenreinigen u. Unterricht, sonst haben wir Ruhe, es kommt blos jeder der Reihe nach mal 1 Tag zur Revierwache dran. Wir liegen in Baracken im Wald, Nun können wir wenigstens bei Nacht mal ausruhen. Denn die 25 Tage darf kein Stiefel oder Schuh, keine Uniform vom Leib kommen. Sonst fühle ich mich froh, daß ich nicht zum 4 Batl. Gekommen bin. Mit Gruß Dein Vater


Montag 30.4.1917
Lieber Fritz!
Deine Karte habe ich Sonntag u. deinen Brief habe ich Montag d. 30.4. erhalten u. Danke Dir dafür. Der 1. Teil Deines Briefes ist schon in den vorhergehenden Briefen beantwortet. Die Sorge um die Verschüttung kannst Du dem lieben Gott überlassen, der wird keinen Volltreffer an mir herankommen lassen, manche Unterstände sind auch selbst für 38 cm starke Granaten sprengsicher. Für wichtige Kriegserlebnisse habe ich mir in einem kleinen Notizbuch einige Bemerkungen gemacht, sonst habe ich ja nichts Ruhmreiches erlebt.
Mit Gruß Dein Vater


Westen, 30.5.17
Lieber Fritz!
Deinen Brief mit Zeitung vom 24.5. habe ich am 29.5. erhalten u. auf  deine Anfrage sende ich Dir gleich eine Ansichtskarte. Du weißt also Bescheid,. Von dem Brot hatte ich Freitag, den 18.5. nichts mehr. Am Donnerstag nachmittag bekamen wir Wurst zum Brot u. als ich um 8 Uhr wieder vom Posten zurückkam, hatten mir die Ratten meine Wurst und auch ein Stück von meinem Heimatbrot gefressen.
Auf Wiedersehen Dein Vater

 

Das waren die letzten Karten von Martin Schneider von der Westfront, er kam nun in den Osten.


Zur Post:
Das Foto zeigt  Martin Schneider, Jahrgang 1874 als Soldat. Er schrieb regelmäßig an seinen Sohn Fritz. Dieser, geboren 1898  in Augustusburg, wurde im ersten Weltkrieg auch noch zum Militär gezogen. Die Schriftstücke hat H. Schneider, Enkel von Martin und Sohn von Fritz Schneider, der „Freien Presse“ gesandt. Er mußte im zweiten Weltkrieg an die Front und verlor da seinen Arm. Er wurde Lehrer und lebt heute als Rentner in Augustusburg,


Feldpost (11)

Schicke einen Löffel, der nicht rostet


Mittwoch d. 13.6.17
Lieber Fritz!
In aller Eile habe ich Dir von Chemnitz aus geschrieben. Hast Du die Karte erhalten? Wir sind wiedereinmal in der Welt herumgekommen. Näheres werde ich Dir später schreiben. Ausführliches kann ich Euch nur mündlich beschreiben. Wir sind durch Elsaß-Lohringen, Baden, Württemberg, Bayern, Sachsen, Schlesien, fast ganz Galizien, etliche Meilen an den Karpaten vorbei, so nahe wie die Bahn am Kunnerstein. Wir sind im ganzen 114 Std. gefahren und erst 2 Std. marschiert u. hier an der Ostfront 3. Std. Um mich braucht Ihr Euch nicht sorgen, denn hier liegen die Gegner noch weiter voneinander. Es ist auch nicht gesagt , wie lange wir hier sind. Mit Gruß Dein Vater. Grüße meinen Vater,


Osten, d. 14.6.17
Lieber Fritz!
Wie ich Euch schon mitteilte, daß es doch nicht so bleiben wird so ist es auch gekommen. Wir haben wiedereinmal eine Bahnfahrt von 54  ½ Std. hinter uns u. Im ganzen ½ Tag Marsch. Ganz genau kann ich Dir noch nicht sagen, wo wir halten, denn wir sind in Moltschad, auch Moltzads geschrieben, es liegt ca. 50 – 70 Kilometer unter Wilna in Rußland, noch 2 1/2 Std.  mit der Sekundärbahn gefahren u. 1 Std. marschiert. Abgestiegen sind wir in einem kleinen Ort, den Name nenne ich Dir später. Schreibe mir, ob Du meine Karte erhalten hast. Mit Gruß Dein Vater


Osten, 28.8.1917
Lieber Fritz!
Es wäre mir sehr lieb, wenn Du mir recht bald in einem festen Couvert einem Löffel von uns zuschicken könntest, der nicht rostet. Pakete zu 50 Gramm gehen doch umsonst, und schwer dürfte so ein Löffel doch nicht sein. Mein Löffel der rostet so leicht, und ich habe seit einer Woche schon solchen Durchfall, kann sein, daß es von einem solchen leicht rostigen Löffel eher schlimmer als besser wird.
Auf Wiedersehen Dein Vater

Zur Post:
Diese Karte schrieb Martin Schneider, Jahrgang 1874 und gelernter Tüllweber, an seinen Sohn Fritz. Dieser, geboren 1898 in Augustusburg, wurde im ersten Weltkrieg auch noch zum Militär gezogen. Die Schriftstücke hat H. Schneider, Enkel von Martin und Sohn von Fritz Schneider, der „Freien Presse“ gesandt. Er mußte im zweiten Weltkrieg an die Front und verlor da seinen Arm. Er wurde Lehrer und lebt heute als Rentner in Augustusburg,

 

Feldpost (12) Diese Ausgabe der "Freien Presse" habe ich leider verpasst

Feldpost (13)

Hier kann man nicht so viel sparen wie im Felde

Im Felde, den  23.1.18
Lieber Fritz!
Auf Dein Telegramm habe ich ganz kurz an Ernestine geschrieben, weil ich dachte, 1. Brief an Dich würde geöffnet werden. Darum habe ich auch an der Mama nicht geschrieben. Urlaub bekam ich nicht, weil ich bald nach der Heimat entlassen werde. Ein Telegramm habe ich nicht aufgegeben, weil es mit der Adresse nicht mehr als 10 Wörter haben darf. Heute sind wir von der Kompanie entlassen und und dann werden wir vom Regiment entlassen. In paar Tagen sind wir in der Heimat, ob ganz zu Hause, das wissen wir noch nicht. Soweit bin ich noch gesund und munter, hoffentlich erleben wir recht bald den ersten Frieden.
Auf Wiedersehen
Dein Vater


Bischofswerda, 7.2.1918
Lieber Fritz
Deine liebe Karte habe ich heute Nachmittag erhalten. Bei unserer Kompanie gibt es 2 Martin Schneider und der hatte Deine Karte. Mein Urlaubsgesuch ist im Gange u. Ich hoffe das beste. Hier kann man nicht so viel sparen wie im Felde, denn es gibt 2 Mark weniger in 10 Tagen, und es gibt auch mehr Gelegenheit zum Ausgeben. Mit Gruß Dein Vater.

 

Zur Post:
Die Karte aus Bischofswerda ist das letzte Schriftstück von Martin Schneider. (Im Foto rechts) an Sohn Fritz (Foto Mitte hinten). Er hat in der Regel an ihn und nicht an seine Frau Lna geschrieben, weil diese auf Grund eines Augenleidens kaum lesen konnte. Schneider, geboren am 4. März 1874, überlebte den Krieg. Er arbeitete bis zur Rente in der Tüllfabrik Flöha als Tüllweber. Er starb am 10. Oktober 1952. Auch sein Sohn Fritz, geboren 1898 in Augustusburg, wurde im ersten Weltkrieg noch zum Militär gezogen, er mußte aber nicht mehr an die Front. Er arbeitete mehrere Jahre als Rechtsanwaltsgehilfe in Chemnitz und später im Grundbuchamt Chemnitz. Er starb 1955. Die Schriftstücke hat H. Schneider (Foto Mitte vorn), der Enkel von Martin und Sohn von Fritz Schneider, der „Freien Presse“ gesandt. Er mußte im zweiten Weltkrieg an die Front und verlor da seinen Arm. Er wurde Lehrer und lebt heute als Rentner in Augustusburg, Der vierte Mann auf dem Foto (links) ist Oskar Schneider, der Vater von Martin Schneider.

 



Quelle: Freie Presse.

 

Team Bunkersachsen 2014


 

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