Freitag 23. Mai 2014 Zeitgeschehen Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg
Lebensader in die Heimat
Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.
Feldpost (25)
Jetzt ist die Schießerei lebhaft
Templeug, 2.2.17. Liebe Mutter u. Geschw!
Teile Euch mit, daß ich Alma ihre Karte heute nachmittag erhalten habe. Ich will morgen ein Packet mit entzweien Strümpfen fortschicken und ich bitte Dich dieselben zu stopfen und mir sofort wieder
zurück zu schicken. Sei so gut und schicke wenns möglich ist, gleich sofort noch paar neue Socken und 1 Stückchen Butter. Fußlappen bekomm ich von der Kompanie. Gestern abend sind wir wieder auf dem Heimweg von Schanzen mit Schrappnells beschossen worden. Glück das mir nichts passiert ist. 4 Mann sind verwundet. Vor mir lief etwa einer 10 m vor mir, dieser wurde so ins Bein getroffen, das das Bein muß abgenommen werden. Mehr ist garnicht passiert. Ich tausche aller 10 Tag die Unterhosen und die Hemden bei der Komp. Und wasche mich jedes mal ganz ab und reibe den ganzen Körper mit Schnaps ein, welchen wir bekommen. Ich habe Großvater wieder eine Ansichtskarte geschickt, er könnte mir doch auch mal 1 Stckch. Butter schicken. Die Butter, die Du mir geschickt hast, war gut. Wo war die denn her? Bitte schicke mir wieder eins oder sage es mal der Emma das ist ganz tranige Butter. Sei so gut und schicke mir paar neue Strümpfe ab sofort.
Auf Wiedersehen
grüßt Euch herzlich
Richard!
Templeug la Fosse, 4.2.1917.
Liebe Mutter u. Geschw!
… Die Ärmelweste hab ich noch nicht, sie wird schon noch ankommen. Ganz so kalt ist es bei uns nicht gewesen und Schlittenbahn ist auch keine nur die Gärten und Felder sind etwas mit Schnee überzogen und die Kälte war am strengsten 12. Grad. Heute haben wir 7 Grad. … Sonntags brauchen wir nicht zu schanzen. Wir schanzen nachts von 10.30 abends bis 5 Uhr früh da sind wir wieder zu Hause. 4 Std. Weg 3 Std. schanzen. Jetzt ist die Schießerei lebhaft beiderseits der Artillerie. Ich habe immernoch Glück gehabt.
Auf ges. Wiedersehen
hofft u. Grüßt Euch Euer Richard!
Zur Post:
Soldat Richard Swoboda (Foto) aus Freiberg ist nach seiner Augenerkrankung noch immer nicht voll dienstfähig geschrieben.
Sein Neffe R. Mehner hat die Feldpost Swobodas an die „Freie Presse“ geschickt.
Bei der Übertragung wurde die historische Schreibweise beibehalten.
Feldpost (26)
Und bestelle den Freiberger Anzeiger
11.2.1917
Liebe Mutter u. Teure Elsa!
… Das Päckchen habe ich gestern erhalten mit dem Gebäck, welches schon in meinem Magen ist. Es schmeckte vorzüglich, denn es ist besser, man ißt hier alles auf abends vorm Ausrücken, weil man nie sicher ist ob man wieder zurück kommen kann. … Heute gibt es bei uns nur 3 Grad Kälte noch. Es wird wohl nun bald wärmer werden. …
Herzliche Grüße
Von Euern Richard! …
Eckert Bruno hat die Friedrich August Medaille von Kaisers Geburtstag bekommen.
Fünf Tage später schrieb Richard Swoboda erneut an seine Familie.
Templeux, la Fosse, 17. Febr. 17
Liebe Mutter, Alma u. Elsa!
… Liebe Mutter, schicke mir da lieber nichts mehr zu Essen, schicke mir da lieber im Briefe paar Mark Geld, da kann ich mir lieber was hier hausen kaufen in der Kantine. … Denn die Pakete, die du mir schickst kosten auch ihr Geld. Wenn du aber kein Geld mehr hast von den Marken, da mußt du aber ganz einfach in die Sparkasse gehen nach Lichtenberg etwas holen. Schicke mir nur da wenigstens allemal 3 Mark im Briefe, ehest per Postentwertung, denn mit 1 Mark kann ich nichts anfangen. Ich werde auch nicht mehr satt, zuwas soll ich denn unnötig hungern, ich ärger mich schon, das ich erst manchmal nicht bisschen besser gehabt habe, wie es noch etwas gab. … Sei nur so gut, und bestelle den Freiberger Anzeiger und Tagblatt in der Geschäftsstelle Paterstraße auf den Monat März bestellst ihn aber den schicken die nämlich kostenfrei kostet dich höchstens 95 Pfg. oder 1 Mark. … Werde dir die nächste Nachricht geben, wenn dein Paket ankommt oder Emmas ihrs.
Herzliche Grüße euer Richard!
Zur Post:
Im Februar 1917 scheint Richard Swoboda aus Freiberg oft um sein Leben zu fürchten. Dennoch möchte er die Verbindung zur Heimat halten und bittet seine Mutter, ihm den „Freiberger Anzeiger“ zu bestellen. Eingesandt wurde Richard Swobodas Post von seinem Neffe R. Mehner.
Bei der Übertragung wurde die historische Schreibweise beibehalten.
Feldpost (27)
Werde mit in Schützengraben rücken müssen
Longanasnas, 5/3. 17. Liebe Mutter u. G. Teile Euch mit, da ich heute wieder in dem Orte bin, wo ich zu erst war, ehe ich zur Schanzkomp. Nach Templeux la Fosse kam, also wo ich alhier Weihnachten war, schlafe auch wieder in demselben Schweinestalle wo ich schon geschlafen habe. Wir sind alle im (…) G. d. Leute und sind meistens alle kd. geworden auch ich, da kann's passieren das ich werde mit in Schützengraben rücken müssen. Dein Paket habe ich heute erhalten mit dem Kuchen und Alma ihre Karte und auch den Freiberger Anzeiger. Habe ich gleich mal Eckert Brund zu lesen gegeben, er hat gleich seinen Pferdestall davon rüber. Dem kann nicht so leicht was passieren, der fährt ja nur mal naus zur Front und auch nicht bis vornehin. Der hat nicht etwa die Friedr. Aug. Medaille bekommen weil er etwas geleistet hat, und weil er schon von Anfang mit im Felde ist, der hat noch gar kein Schützengraben gesehen. Letzt geht’s laut her an der Somme. Ich bin jetzt gespannt, wie alles ausfällt. Emma ihr Paket hab ich immer noch nicht, besorg/ befrag ich mir/nur einmal, wer das Paket eigentlich auf die Post gebracht hat oder haben Sies wieder zurück? Auf Wiedersehen von Richard Heute früh hatte es geschneit heute abend ist es schon wieder weg.
Im Felde, 23.8.17.
Liebe Eltern u. Geschw! Euren Brief vom 17. heute erhalten und gelesen. Schickt mir 1 Photographi heraus, wann ihr sie habt, damit ich sehe, wie sie geraten sind. Bestellt den Anzeiger mit für September. Wir liegen noch hier zur Reserve. Bin wieder gesund. … Hat der Vater Urlaub bekommen. Ist Karl noch nicht da. Schreibt bitte wieder.
Die freundlichsten Grüße
auf ein baldiges Wiedersehen
grüßt Euch Euer Richard.
Zur Post:
Richard Swoboda (auf dem Foto in der Mitte) ist nach seiner Augenerkrankung nun voll dienstfähig geschrieben worden. Dies, und dass es dewegen sein kann, das er kämpfen muß, teilt er seiner Familie im ersten dieser beiden Briefe mit. Den zweiten schrieb er bereits „im Feld“, also musste er tatsächlich ins Gefecht. Ob er in den Monaten zwischen diesen beiden Briefen nicht schrieb oder die Briefe aus dieser Zeit nicht erhalten sind, kann Richards Neffe R. Mehner, der der „“freien Presse“ das Material zuschickte, nicht sagen. Bei der Übertragung wurde die hinstorische Schreibweise beibehalten.