Freitag 23. Mai 2014     Zeitgeschehen     Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg

Lebensader in die Heimat
 

Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.

 

Feldpost (28)

Schneller und schmerzloser Heldentod

Frankreich d. 24.8.17
Lieber Pate Richard!
Deinen l. Brief habe ich heute erhalten, teile mit das ich mich gestern habe krank melden müssen, ich habe einen bösen Fuß  am linken, der Stiefel hat mich erst etwas gerieben, ist ein wenig wund geworden, nun muß Druck reinkommen sein, der ganze Fuß ist dick. Habe bis jetzt Seifenbad gemacht, war noch nicht beim Arzt, werde aber bald geschickt werden. Mir graut vorm schneiden. Es muß eins werden. Ist schon ein tel. Loch darin, wo Blut heraus kommt. Könnte alle Tage auf Urlaub fahren, wenn ich den Fuß nicht hätte. Vielleicht dauert es nicht so lange. Wir liegen jetzt 16 Tage in Reserve. Nacht Dienst von 10 Uhr an. Transport Draht, oder Rahmen, und schweigen von 12. bis 3. Uhr. Dienst von 10 bis 3. Anderen Abend Dienst von 1. bis 10. Von ¼ 3 Essen holen bis ½ 4. Dann Draht ziehen von 6. bis 9 Uhr. Bin jetzt Dienstfrei.
… Du hast es besser wie ich. Wir Grenadiere müssen andauernd an der Front sein, essen ist jetzt dünn. Reis und Nudeln gibt es nicht mehr. Nur noch Gries, ist wie Suppe. Oder Bohnen, Graupen, Haferflocken ist immer noch das beste. … Ich bin immer nur halb satt. … 16. Tage Reserve, dann 8. Tage Waldlager. Wenn du Kartoffeln hast, da kannst du froh sein. Werde mich da Deiner Komp. Melden wenn es möglich wäre und wünsche daß ihr nicht wieder ins Gefecht braucht. Herzlichen Gruß von deinem Paten Karl.



Ende August benachrichtigt die Kompanie Richards Vater vom Tod des Sohnes:



29. August 1917. Der Kompanie fällt hiermit die äußerst schmerzliche Pflicht zu, Ihnen die tieftraurige Nachricht zu unterbreiten, daß Ihr wt. Sohn der Soldat Richard Swobota Am 26.8.1917 bei den schweren Kämpfen in Flandern (östl. Ypern) durch Kopfschuß (Artilleriegeschoß) einen schnellen und schmerzlosen Heldentod fand. Die Beerdigung des so früh auf dem Felde der Ehre Gebliebenen mußte infolge der Gefechtslage an Ort und Stelle vorgenommen werden und befindet sich die letzte Ruhestätte wt. Sohnes, unseres Allseits sehr beliebten Kameraden im Heerenthage – Wald 1 ½ km westlich Geluvelt. Die Kompanie versichert Ihnen tiefgefühllteste Anteilnahme an dem schweren Verlust, welcher Ihnen und Ihrer wt. Familie geworden ist.

Im Namen der Kompanie
Seifert, Feldwebel (Offz. Stellv.)

Zur Post:
Den Brief seines Patenonkels Karl Glöckner, gestempelt am 28. August, erhielt Richard Swoboda nicht mehr. „Auf dem Felde der Ehre gefallen“ wurde der Brief zurück an den Absender geschickt. Einige Tage später unterrichtete ein Feldwebel im Namen der Kompanie dessen Vater vom Tode des Sohnes. Swobodas Post wurde von seinem Neffen R. Mehner eingesandt.
Die historische Schreibweise wurde bei ihrer Übertragung  beibehalten.
 

 

V. Feldpostbriefe & -karten von Leutnat Sextus Otto Michael Runze. Gefallen 1918

Feldpost (29)

Bleibe stark gegen alle Versuchungen

Karfreitag, Hildebrands Geburtstag, mein geliebter Sextus – Sincere et constanter! - das ist brav – bleibe allen Versuchungen gegenüber stark. Frankreich will mit allen Mitteln unsere herrliche männliche Jugend vernichten. - Vielleicht hast du schon davon gehört, daß Tausende von unseren ehrlichen, tapferen Soldaten – durch französische Dirnen – da absichtlich in die Schützengräben geführt werden – für immer ruiniert sind – sie und ihre Nachkommenschaft.

Ich grüsze Dich zum heiligen, schönen Osterfest. - Dank für Deinen 8 Seiten langen Brief den ich gestern am 1. April erhielt u. Demnächst beantworten werde.Deine Mutter.

Sende Dir herzlichen Grusz!

Nächstens ausführliches D. getr. Vater

Auf Vorderseite (rechts):


Vielen Dank für Deinen Brief – Gruß Walheide. Herzlichen Gruß! Ihr W. Bothe. Inniger Gruß, Oktavia Runze.
Herzlichen Gruß, lieber Franz, sendet Dir lieber Herrmann, Dein Parzival! Morgen erhältst du Friedrich Wilhelms Adresse.

Zur Post:
Eine Karte an Leutnat Sextus Otto Michael Runze. Familie Runze hatte 13 Kinder, vier Mädchen, neun Jungen. Im 1. Weltkrieg dienten sechs davon, neben Sextus, der 1918 fiel, waren das Friedrich–Wilhelm, Heinz-Georg, der 1914 starb, sowie Parzival, Roland und Theophron. Im 2. Weltkrieg fielen drei Söhne und zwei Enkel. M. Werner hat der „Freien Presse“ die Post gesandt. Die historische Schreibweise wurde beibehalten.

 

 

Feldpost (30)

Dank für die herrlichen Mandarinen

Geschrieben an Rolles (Rolands) Geburtstag, 1916

Vieledle Mutter!

Hab tausend Dank für die herrlichen Mandarinen vorzüglichen Geschmackes. Du hast doch immer wieder neue Überraschungen. Parzival möchte Papa zum Geburtstag von mir für 3 M Briefmarken und eine Tafel Schokolade schenken. Die Konfekt und für Sonntag der Familie (…). Am 12. hat Dora Geburtstag.

Herzlichen Grußund auf frohes Wiedersehen
Dein getreuer Sextus
 

Leutnant Sextus Otto Michael Runze, Gefallen 1918

Bruder Parzival Runze


Zur Post:
Die Karte von Leutnant Sextus Otto Michael Runze (oberes Foto) an seine Mutter Irma Runze. Das ist die Großmutter von M. Werner, die der „Freien Presse“ die Feldpost zugesandt hat. Insgesamt hatte die Familie Runze 13 Kinder, vier Mädchen und neun Jungen. Im 1. Weltkrieg dienten sechs davon, neben Sextus Otto Michael, der 1918 starb, waren dies Heinz-Georg, der 1914 fiel, Friedrich-Wilhelm, Roland sowie Theophron und derim Brief erwähnte Parzival (Foto unten). Im 2. Weltkrieg starben die drei Söhne und zwei Enkel.
Bei der Übertragung der Briefe wurde die historische Schreibweise beibehalten.

 

 

Quelle: Freie Presse.

 

Team Bunkersachsen 2014

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