Freitag 23. Mai 2014 Zeitgeschehen Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg
Lebensader in die Heimat
Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.
Feldpost (50)
Hast du denn dazu genug Moneten?
Schlettau d. 21.5.17.
Mein lieber Georg & Papa!
Wir wünschen Dir ein recht gesundes, frohes, Pfingstfest.
D. lieben Kinder & Mama.
Lieber Papa, habe nur vielen Dank für die Zwiebäcke und für die Kleie, die werden wir schon verdrücken. Heute ist Onkel Walter und Onkel Paul bei der Meyer Mutter. Mama gibt uns immer ab und zu mal ein Gackei, schmeckt aber fein. Hoffentlich geht Dir's so gut wie uns, aber wann kommst du denn nur mal.
Nochmals viele Grüße von Daheim
Einige Tage später schrieb Gertrud an Georg
Pfingstsonnabend, den 26.5.17.
Mein innigstgeliebter, guter Schorsch! Deine leben Briefe … habe ich erhalten. Vielen Dank dafür, ebenso für die zweite Kiste … Was Du da alles wieder reingepackt hast, da staunt man wirklich, hast du denn dazu genug Moneten? Die schönen Eier, keins war kaputt, dann die Zwiebacke für Werner, die hatte er gleich verdrückt, da musste ich ihm Kaffee geben und da ließ er sich's gut schmecken. … Werner hat immer ein Fest, wenn mal was von Dir kommt, wenn Du aber erst wirst selbst mal kommen, dann gibt’s ein doppeltes Fest. Hatte ich so große Hoffnung auf Pfingsten, aber nun ists da und Du nicht. Hoffentlich lässt Du nicht allzu lang mehr auf Dich warten, man wird bald des Wartens müde und dann die große Sehnsucht, nur wer Sehnsucht kennt, weiß was ich leide. … Fieber hast du manchmal wo, aber bitte Du musst dich schon noch was deutlicher ausdrücken, denkst ich kanns erraten, nimm doch auch mal paar Tabletten dagegen oder gibt’s da kein anderes Mittel dagegen? …
Für heute laß genug sein, bleib hübsch gesund und komme auch recht bald zu uns, diese sind die Wünsche Deiner lieben Frau. Schreib bald wieder. Gott befohlen.
Zur Post:
Diesen Karte mit den Blumenkindern schickten Werner und Gertrud Meyer als Pfingstgruß aus dem erzgebirgischen Schlettau an Vater und Ehemann Georg Meyer in Rumänien.
Eingesandt wurde die Post des Ehepaares von ihrem Urenkel M. Meyer.
Die Übertragung des Textes wurde von den Nachfahren Georg Meyers vorgenommen und beibehalten.
Feldpost (51)
Er wird niemanden weiter etwas abgeben
Defcea, den 25. Mai 1917
Meine liebe Gertrud, Werner & Elfriede!
Deinen lieben Brief No 29 habe ich am 23. erhalten, habe dafür vielen dank. Du hast also auch wieder mal Kriegs-Lieferung gehabt (Halsbinden) hoffentlich hast du recht gut bezahlt gekriegt, … Habe ich Dir denn was vom sparen geschrieben? Das Du schreibst Du könntest jetzt nichts sparen, da alles so teuer sei, … Wie ich Dir schon schrieb ist es mir nur lieb, wenn Du mit den lieben Kindern öfters mal raus machst, ich habe also garnichts dagegen, im Gegenteil, gehe so oft wie möglich spazieren, aber mit den Kindern und nicht im krummen Arm, verstanden? … Von Otto erhielt ich dieser Tage auch eine Karte, er bedankt sich für die Karte, welche ich Anfang März an Jenny geschickt hatte, die Karte war recht kurz gehalten, obgleich ich ihm nichts zu Leide getan habe. Du schriebst mir doch unlängst mal, daß Otto über unsere liebe Mutter wieder mal ausgesprochen habe, nun in welcher Art & Weise denn? Wie steht es denn zu Hause, herrscht denn zwischen Otto, Jenny & Familie, und Mutter & meinen Geschwistern Einigkeit? Schreibe mir doch mal darüber. Ich hab Dir heute wiederum eine Kiste im Gewicht von 38 kg zugesendet, dieselbe enthält wieder Bohnen, Mehl, Weizengries & Gerstengries & etwas Mais. Wie ich Dir schon schrieb sollst Du an Deinen Vater ja einen Teil Bohnen & Mehl abgeben. Du kannst ihm nun von den ersten Kisten oder von dieser Kiste geben, das ist egal. Den Mais gibst Du an Mutter ab, also an niemanden anders wie an an Mutter verstehst Du? Was Du an Bohnen & Mehl übrig behältst, behältst Du für Dich, es wird also niemandem weiter etwas abgegeben! Soweit befinde ich mich wohl und munter was ich auch von Euch allen hoffe. Seid für heute alle recht herzlich gegrüßt & gek. Von Deinem tr. Georg & Papa.
Ich hab in die Kiste noch eine Granaten Hülse mit Zünder beigelegt, also eine leere Hülse, es kann damit garnichts passieren, brauchst Dich also nicht dafür zu fürchten, hebe die Hülse einstweilen auf.
Auf baldiges Wiedersehen! Schreibe bald wieder. Habe Dir heute das Kistchen in welchem Du mir dieser Tage Tabak sandest, wieder retourniert.
Grüße an Alle Bek. & Verw.
Zur Post:
Georg Meyer legte diesen Brief ein Paket aus Rumänien an seine Frau und seine Kinder in Schlettau bei.
Die Übertragung des Textes wurde von den Nachfahren Georg Meyers vorgenommen und beibehalten.
Feldpost (52) Diese Ausgabe der „Freien Presse“ habe ich leider verpasst.
Feldpost (53)
War sehr abgekommen in der kurzen Zeit
Constanza den 25./6.
Werte Frau Meyer!
Habe nun heute mich nach der Ursache erkundet und muß Ihnen nun folgendes mitteilen. … Mir wurde nur mitgeteilt, daß Herr Georg Meyer infolge Erkrankung an der Ruhr verstorben ist und wurde beerdigt auf dem neuen deutschen Militärfriedhof. Ich wendete mich auch an die Friedhofsverwaltung zwecks der Bilder der Beerdigungsstelle und muß Ihnen noch mitteilen: der neue Friedhof wird jetzt in Stand gesetzt. … Sie erhalten dann von der Verwaltung 1 Bild von der Gesamtansicht des Friedhofs und 6 Bilder von der Grabstätte des Herrn Meyer. Ich habe Ihren Namen dort angegeben und werden die Bilder von dort zugestellt bekommen. Sobald alles fertig ist, werde ich mich bemühen, daß diese Bilder zuerst gemacht werden.
Stets zu Ihren Diensten bereit grüßt Sie bestens
Fritz Schaarschmidt
Am selben Tag schrieb ein Unteroffizier aus Georgs Kompanie an Gertrud:
Bargualac. Mik, den 25.6.17
Sehr geehrte Frau Meyer!
… Nun will ich Ihnen die richtige Wahrheit schrieben von Ihrem lieben Gatten. Ich weiß es nicht ob Sie schon von Seiten der Kameraden Nachricht bekommen haben, denn in solchen Fällen wird immer sehr viel Schwindel gemacht, in diesem bald 3 Jahren Krieg hat man als Vorgesetzter schon manches erlebt. … Ihr lieber Gatte klagte am 2.6.17 über Leibschmerzen … im Wagen dann bin ich mit Ihm nach Karol I gefahren, es war 2 Std. zu fahren hab Ihm unterwegs öfters gefragt ob es geht oder willst Du … hatte schon zur Fürsorge eine Feldflasche Kaffee mit genommen. … Wie ich
mit Ihm in die Rasierstube kam, war ich glücklich, das der Stabsarzt gleich da war, ich setzte Ihn gleich auf den Stuhl, denn er war sehr matt, war sehr abgekommen in der kurzen Zeit. … Am 5.6. früh 6.00 Uhr kommt er nach Konstanza sagte Stabsarzt … Am 10.6. erfuhr ich die traurige Nachricht, daß Ihr lieber Gatte verschieden sei, ich war einfach Sprach loß wollte es nicht glauben es war aber wahr. Glauben Sie liebe Fr. Meyeres hat mich so gerührt als wenn ein Stück von meiner Seele ging … Nun wissen Sie die volle Wahrheit, sollte es mir vergönnt sein auf Urlaub zu fahren, so werde ich Ihnen mit besuchen … Utffz. Lieberwirth
1. Kompanie Landst. If. Batl. XII./21
Deutsche Feldpost St. 178
Zur Post:
Gertrud, Frau von Georg Meyer erhielt diese Briefe aus Rumänien wo ihr Mann mit 28 Jahren gestorben war. Anfang 1915 war Meyer eingezogen worden. In seiner Abwesenheit kam seine Tochter zur Welt und starb sein Vater. Auszüge aus der Post Gertruds und Georgs schickte M. Meyer ein, ein Urenkel der beiden.
Die Übertragung des Textes wurde von den Nachfahren Georg Meyers vorgenommen und beibehalten.