Freitag 23. Mai 2014     Zeitgeschehen     Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg

Lebensader in die Heimat
 

Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.

 

XII. Unteroffizier Max Göhlert & Bruder Willy

Feldpost (54)

Wir werden mit Liebesgaben beschenkt

14.12.1914
Liebe Alma,
hier schicke ich dir den Ausweis geh damit zum Vorstand schreibe was er gesagt hat. Ich bin in Zittau ganz gut eingetroffen und habe mir Freiberg denken müssen und liegen in Lindenhof zu Zittau. Ich weiß vorläufig weiter nichts. Recht gesunde und fröhliche Feiertage wünsche ich Euch allen.
Es grüßt Dein Max.


18.12.1914
Liebes Weibchen,
deinen Brief und Fritz seine Karte habe ich erhalten und mich sehr darüber gefreut daß ich wieder etwas aus der Heimat erfahren habe. Ich liege im Gasthof zum Lindenhof da ist es sehr kalt ausziehen kann man gar nichts sonst kriegt man den Husten. Die Feiertage habe ich halbwegs verlebt es giebt sehr viel Schnee hier und auch sehr kalt.

Das Landsturm Btl. Ist nicht mehr hier wo Gefreiter Eckhart sein soll die sind am 27. verladen worden.

Liebe Alma du willst die Müfchen herschicken ist nicht notwendig den wenn ich sollte am Silvester Urlaub bekommen so kann ich sie selbst mit nehmen. Am 5. Januar sollen wir hier schon raus kommen. Onkel und Liesbeth wollen mich besuchen sind aber noch nicht dagewesen. Wenn ich komme schreibe ich noch ein mal.

Heute weiß ich nichts weiter sei vielmals gegrüßt von deinem Max. Viel Grüße an die lieben Eltern.
Wir sollen wieder verlegt werden wohin weiß ich nicht.


13. Januar 1915
Liebe Alma wir sind bereits schon den dritten Tag auf der Fahrt, und fahren in Köln ein und werden hier mit Liebesgaben beschenkt, was in Sachsen gar nicht vorgekommen ist. Es grüßt und küsst dich aus weiter Ferne dein treuer Max.


Am 3. Februar 1915 schreibt Schwager Fritz an Max
   

lieber Max! Deine liebe Karte habe ich dankend erhalten, und will dir darauf gleich Antwort geben. Bei uns liegt hoher Schnee sogar gewittert hat es auch schon. Morgen holen wir unsere neue Drillmaschine. Die Tage sind in Freiberg wieder 800 Stück Soldaten und in Dresden 5000 St. fort. Weil wir unser Brot selber backen, kriegen wir keine Semmeln mehr. Gott gebe doch, daß der böse Krieg bald alle währe. Hoffentlich kommst du bald in unsere Mitte.
Nächstens schicke ich dir wieder Zigarren. In der Hoffnung, dass dich diese Karte gesund antrifft wie mich selbige verlässt. Besten Gruß sendet Fritz.


10. März 1915
Liebe Alma die besten Grüße aus der vordersten Linie des Schützengrabens den ersten Abend haben sie uns Handgranaten geschossen die anderen zwei Nächte waren ruhig was wir auch von der letzten hoffen. Gesund bin ich noch was ich auch von euch hoffe.
Es grüßt dich herzlich
dein Max.
Viele Grüße an die lieben Eltern
und Anna


Zur Post:
Der Schriftwechsel von Max und Alma Göhlert aus Langenau bei Brand-Erbisdorf gehört zu den umfangreichsten Sammlungen, die die „Freien Presse“ erhielt. Er umfasst etwa 300 Karten und 200 Briefe. Die Feldpost wurde von B. Seifert, einer Nichte des Ehepaares, eingesendet. Übertragen wurden die Briefe von E. Hertel aus Freiberg. Sie hat noch in ihrer Kindheit die alte Schreibschrift gelernt und kam sie fließend lesen. Göhlert war einen Tag vor Weihnachten zum Militär gekommen und hat sich gleich am nächsten Tag, am 24. Dezember 1914, bei seiner Frau gemeldet mit der Aufforderung, zum Vorstand zu gehen. Es ging darum, dass Frauen von Soldaten finanziell versorgt wurden und darum sollte sich Alma kümmern. Die Karte mit der Abbildung des Schinkens ist datiert auf den 13. Januar 1915. Max und Alma Göhlert waren wahrscheinlich ab 1912 liiert, geheiratet haben sie kurz bevor Max in den Krieg zog. Alma schreibt, dass sie ihre junge Ehe nur einen Monat genießen konnten. Max hatte Geschwister, erwähnt werden Dora, Willy, Erhard und Elke. Willy taucht in dem Briefwechsel mit mit eigener Post von der Ostfront auf. Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung der Briefe beibehalten.


Feldpost (55)

Will sehen ob ich meinen Kameraden finde


Moorslede, 28.5.1915
Meine liebe Alma
deine zwei Päckchen Brief und Karte habe ich mit großer Freude erhalten wo für ich auch bestens danke. Es kam gerade zu paß, wir hatten wieder gestürmt am 27. Mai da haben wir den englischen Graben genommen den wir voriges mal verlassen haben müssen, das Artillerie Feuer war diesmal nicht halb so stark wie am 15. Mai unsere Artillerie hat so … Gott sei dank mit meinen Leben davon gekommen was ich weiterhin hoffe. Wir sind paar Tage in Ruhe und werde heute abend naus will sehen ob ich meinen Kameraden finde wir sehen dass wir ihn beerdigen können in Morslede auf dem Friedhof. Wo ich dir ein Bild geschickt habe davon. Es ist jedem recht wenn er in ein Grab kommt, und auch die Familie kann ein Bild bekommen von seinem Grab damit sie wissen das er auch wirklich begraben ist, denn es liegen noch viele hausen wo kein Mensch weiß daß er es ist die sehen alle schwarz aus von der Sonne. Darum muß es Kameradschaft geben. Willy hat keinen Urlaub bekommen, er wird wohl auch seinen Ärger gehabt haben. Ich würde selber gerne mal auf Urlaub zu meinem lieben Weibchen, was bei mir früh das erste und abends das letzte ist fast jede Minute denke ich an dich meine liebe gute Alma. Aber es hilft alles nichts, ich muss im Feindesland bleiben. Hoffentlich wird bald Frieden und der liebe Gott ist bei mir und hilft mir in der schweren Zeit und lässt mich wieder heimkommen zu euch meine lieben. Weil ich gerade schreibe, da machen wir uns einen kleinen Spaß, da gibt es die Rede wird es sein, wenn wir die erste Nacht bei der Frau schlafen. Der eine spricht ein Junge muss es werden und ich bin dagegen für ein Mädchen die braucht nicht in den Krieg und wird nicht tot geschossen wenn doch die Zeit erst da wäre.

Diesmal hatten wir den ersten Feiertag frei und haben auch bisschen gefeiert und ein Feldgottesdienst war das hat mir auch sehr gefallen wenn der Pfarrer was aus der Heimat mit bringen tränt einem das Wasser aus den Augen. Und denkt so sehnlichst über seine Angehörigen zu Hause nach, was werden die machen und da vergeht ein Tag nach dem anderen in saus und braus auf Leben und Tod es ist alles nichts auf der Welt.

Meine Alma um mich brauchst du dich nicht ängstigen, es rennen viele leichtsinnig den Tod entgegen was nicht braucht sein. Sie können sich von neugierigkeit nicht halten und müssen immer gucken, wenn es nicht anders ist da muss man raus und vor. Es ist alles Gottes Schicksal. Gesund bin ich noch, was ich auch von dir hoffe. Bei uns sind jetzt sehr warme Tage auch sehen die Saaten sehr schön aus die wir hier gemacht haben. Ein hohes Gras gibt es und ein … vom Klee, der wird in die Pferde gefüttert. Neuen Ersatz haben wir wieder, da war der Martin Hermann von Brand dabei der den Keller auf den (…) freimachte. Er ist bei meiner Kompanie und Günther aus Langenau der die Lebensversicherung hatte, der ist bei der zweiten Kompanie so habe ich weiter keinen Bekannten getroffen. Italien hat auch angefangen und hat auch schon Dresche bekommen das ist recht, vielleicht sehen Sie es bald ein, daß mit Deutschland kein leichtes ist Krieg zu führen.

Nun möchte ich gerne wissen wie die Feiertage bei euch waren und hätte gern ein Fläschchen Hingfong und was für die Flöhe auf dem alten Strohlager. Flöhe werden sein es denn es beißt die ganze Nacht die paar Stunden die wir hier liegen. Auch paar ?? Tabakpäckchen weil ich so schändlicherweise um meine gekommen bin, den ich von meinem Vater hat. Hier hilft weiter nichts als rauchen es vergehen die schmerzen und der Durst. Es grüßt dich herzlich dein treuer Max. Liebe Grüße an alle.


Zur Post:
Ein Brief von Max an Alma Göhlert aus Langenau bei Brand Erbisdorf. Die Feldpost des Ehepaares – insgesamt rund 500 Dokumente – wurde von B. Seifert, einer Nichte, eingesendet. Übertragen wurden die Briefe von E. Hertel aus Freiberg. Sie hat noch in ihrer Kindheit die alte Schreibschrift gelernt und kam sie fließend lesen. Max hatte Geschwister, erwähnt werden Dora, Willy, Erhard und Elke. Willy taucht in dem Briefwechsel mit mit eigener Post von der Ostfront auf.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung der Briefe weitestgehend beibehalten, wobei viele Stellen verblasst sind und daher schwer zu lesen waren.


Feldpost (56)

Behüt dich Gott, auf Wiedersehen

Langenau, d. 30.5.1915
Mein lieber Max!
Schon ist wieder sonntag heute u. Immer wieder muß ich ohne dich den Tag verbringen. Wie geht es Dir denn noch, hoffentlich bist du noch gesund und munter was ich Gott sei Dank auch von mir sagen kann, und hoffe das auch in Zukunft von Dir. In nächsten Tagen müssen wieder etliche Männer von hier eintreffen, der Felber Bauer und verschiedene andere, ich weiß die Namen nicht mehr. Wo nun die Heuernte bald losgehen soll, da wird es wohl an Leuten mangeln. Wie schön war es doch voriges Jahr, wenn wir an solchen schönen Tagen uns beisammen glücklich fühlten. Wer hätte wohl geglaubt, daß nach zehn Monaten der Krieg immer noch nicht beendet wäre. Aber vielleicht hat er doch am längsten gedauert. Wenn nur du mein lieber Max erst wieder bei mir sein könntest. Wie könnte ich mich glücklich fühlen als an deiner Brust.

Na, hoffentlich, so Gott will, wird es uns doch einst auch wieder vergönnt sein, vereint unser junges Eheleben zu führen.

Mein lieber Max, gestern habe ich wieder zwei Packetchen abgeschickt, in dem einen Butter, Hingfong und paar Stückchen Zucker, und in dem anderen Zigarren von Fritz. Hoffentlich ist alles noch in gutem Zustand. Das Paket, was Du abgeschickt hast, habe ich bis jetzt noch nicht. Morgen will ich wieder nach Großhartmannsdorf, auf den Bahnhof das Geld holen u. Deine lieben Eltern mit besuchen. Schon zweimal, wenn ich bei Euch war, war niemand zu Hause.

Mein lieber Max, ich sitze nun schon den ganzen Nachmittag hier und finde nichts mehr was ich schreiben soll, immer wieder sind meine Gedanken bei dir und denke, wenn ich nur gleich zu dir fliegen könnte oder du zu mir. Hast Du denn mein Bild noch, oder hast Du das auch einbüßen müssen, das wirst du aber wohl in der Rocktasche gehabt haben.

Ich will nun schließen und hoffe, dass dich die paar Zeilen gesund antreffen u. sei herzlich gegrüßt und geküsst von deiner treuen Alma.
Behüt dich Gott, auf Wiedersehen.


Brief ohne Datum


Liebe Alma, dein liebes Kärtchen und Paketchen habe ich mit großer Freude dankend erhalten.

Wir haben hier unseren Spass und sprechen und erwarten den Frieden stündlich es ist aber kein Gedanke daran. Denn auf unserer Westfront liegt mal eine schwere Last und erwarten starke feindliche Angriffe in diesen Wochen und doch denken den Gegner wieder zurück zu werfen und mit dem Leben davon zu kommen mit Gottes Hilfe. Soweit bin ich noch gesund welches ich auch von euch hoffe.

Die herzlichsten Grüße sendet dir aus dem Schützengraben dein dich liebender treuer Max. Viele Grüße an alle


Und ein weiteres undatiertes Kärtchen von Max an Alma


Mein liebes Herz, nach großen Sehnen und langen warten erhielt ich zu meiner großen Freude ein liebes Briefchen von dir meine heiß geliebte Alma. Mir ist es noch mal leichter wenn ich ein Briefchen von dir hab. Ich glaub es dir gerne meine liebe Alma dass dir der Weg sehr schwer geworden ist so ist auch mir die Fahrt geworden.

Und es hilft alles nichts wir müssen uns wieder beruhigen und hoffen auf ein baldiges Ende mit dem schrecklichen Krieg.

Mit herzlichem Gruß und Kuss sendet dir dein treuer Max.
Auf ein baldiges Wiedersehen
Viele grüße an alle.
Von dem Schal habe ich nichts weil ich es vergessen hab.


Zur Post:
Feldpost von Max und Alma Göhlert. Die Schreiben des Ehepaares wurden von B. Seifert, einer Nichte, eingesendet. Alma und Max hatten erst kurz vor Kriegseintritt von Max geheiratet. Immer wieder versicherten sie sich ihrer Liebe.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung der Briefe weitestgehend beibehalten.

 

Quelle: Freie Presse

 

Team Bunkersachsen 2014

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