Freitag 23. Mai 2014 Zeitgeschehen Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg
Lebensader in die Heimat
Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.
Feldpost (57)
Einen schönen Traum hatte ich
Mein treues Herz!
Vor alles recht herzlichen Dank für dein liebes Briefchen und Kärtchen vom 7.2. Und auch vom 4.2. war eins dabei, die ich heute zu gleicher Zeit zu meiner größten Freude erhielt. Ich werde dir brieflich alles noch beantworten, weil hier zu wenig Platz ist: Ein Paketchen habe ich heute weiter abgeschickt mit Gebackenem. Mein liebes Herz, gerade so einen schönen Traum hatte ich am Sonnabend wie auf dieser Karte. Wir lagen miteinander so recht glücklich blumigem Rasen an einem schönen Sommertag. Und wie in Wirklichkeit hörte ich deine Stimme und erzähltest mir von dem schweren Krieg und was du miterlebt hast. Und mit stolzer Freude sah ich dir in die Augen und aus Glückseligkeit, daß du durch Gottes Hilfe wieder bei mir warst wollte ich dich so recht innig an meine Brust drücken und küssen, darüber ich aber durch das Schlagen der Uhr gestört wurde und aufwachte von dem schönen Traum. Ach wärs doch erst wieder so weit, daß du wieder bei mir sein könntest. Wir wollens hoffen und sei auf ein Wiedersehen recht innig gegrüßt und geküsst von deinem treuen Weibchen.
Langenau, d. 10. Juni 1915
Mein lieber Max!
Teile dir mit, daß ich heute die 12 Mark von dir erhalten habe und spreche dir hiermit meinen herzlichsten Dank aus dafür. Ich werde es gut aufbewahren bis du wieder, so Gott will, zu mir kommst. Ich werde dir morgen wieder ein Stückchen Butter abschicken, hoffentlich war die vorige noch gut. Mir geht es Gott sei dank noch ganz gut, was ich auch von dir hoffe und grüße und küsse dich aufs herzlichste auf baldiges Wiedersehen
Diene treue Alma
Langenau, d. 15.07.1915
Mein lieber Max!
Heut zu deinem Geburtstage hab ich so recht mit schmerzlicher Sehnsuchtsliebe an dich gedacht und wünsche mir, daß du könntest bei mir sein. Ich bin hier in Brand und habe paar Mark Geld in die Sparkasse geschafft. Näheres brieflich mehr. In der Hoffmann daß du deinen Geburtstag heute in Ruh hast verleben können, grüßt dich herzlich deine treue Alma
Langenau, d. 30.07.1915
Mein lieber Max!
Deinen Brief mit geschriebenen Karten habe ich erhalten und werde sie gut aufheben. Es war aber leider kein Zeilchen von dir dabei, du wirst wohl nicht viel Zeit gehabt haben. Ich habe dir ein Paket mit Fläschchen Himbeersaft und paar Zwieback abgeschickt. Unser Nachbar, Veit Oswald ist seit Dienstag auf der Fahrt nach Russland und wird wohl nun schon draußen sein. Herzlich grüßt und küsst dich deine treue Alma
(Anmerkung: Alma hatte jene Post von Max erhalten, die sie ihm zuvor geschickt hatte, damit sie sie aufhebt)
2.10.1915 Langenau
Mein lieber Max!
Soeben dein liebes Briefchen erhalten, ganz besonders freut mich das schöne Kärtchen u. Wünsche mir, auch bald wieder mit dir beisammen sein zu können, dann würde auch wieder die Sonne des Glücks uns umstrahlen. Wäre doch erst der schreckliche Krieg vorüber. Auch der Regimetsmarsch und die Belobigung freuten mich sehr und werde alles recht gut aufbewahren. Ich glaube es dir, daß euch trotzdem nicht viel Zeit zum Ruhen vergönnt ist, wenn es heißt, ihr liegt hier in Ruhe. Wie geht es dir noch, hoffentlich bist du noch gesund, es muß doch jetzt schrecklich hier draußen zugehen. Wenn es doch erst ein Ende hätte. Behüt dich Gott. Auf baldiges Wiedersehen wünscht sich von Herzen deine treu liebende Alma.
Ich habe Butter und Erdbeeren abgeschickt. Brief folgt.
Zur Post:
Das sind weitere Dokumente von Max und Alma Göhlert aus Langenau bei Brand-Erbisdorf. Die Schreiben des Ehepaares wurden von B. Seifert, einer Nichte, eingesendet. Auffällig an der Post sind die vielen Liebesversicherungen von beiden Seiten. Max und Alma waren wahrscheinlich ab 1912 liiert, geheiratet haben sie kurz bevor Max in den Krieg zog.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung der Briefe weitestgehend beibehalten.
Feldpost (58) Diese Ausgabe der „Freien Presse“ habe ich leider verpasst.
Feldpost (59)
Finger abschneiden mach ich nicht
12.12.1915
Meine liebe Alma!
Die herzlichsten Glückwünsche zu Deinem Geburtstag. Dein Briefchen und das Paket von Anna mit besten Dank erhalten. Das Fremdwort heißt auch auf Französisch wie ich oben geschrieben.
Mit herzlichem Gruß und Kuss
Dein treuer Max.
Auf ein gesundes Wiedersehen!
Die Ullrichen schreibt doch recht närrisch, daß es nicht wahr wäre, die will nämlich den Ring von ihrem Mann haben und die Ihr wie ich ihn geholt habe da hat er schon nix mehr. Den Ring hat noch dran aber wie runter zu bringen Finger als abschneiden mach ich nicht.
18.12.15
Mein lieber Max!
Wünsche Dir recht gesunde und ruhige Weihnachtstage und hoffe, daß auch der Weihnachtsmann dich heim beim Bescheren nicht vergessen wird. Bei uns wird es wohl auch nicht wie Weihnacht sein. Mein Geschenk, die Nähmaschine, habe ich schon gestern geholt. Doch glücklich, ja überglücklich kann ich mich nur an deiner Brust fühlen, und nur du allein kannst meine Weihnachtsfreude sein. Ganz sicher dachte ich du würdest bei mir sein können, aber deinem Schreiben nach, denkst du, gar wieder in den Schützengraben zu müssen was mir große Sorge macht.
In fester Hoffnung, daß du gesund und munter bist, grüße ich dich herzlich auf baldiges Wiedersehen
deine treue Alma
23.12.15
Mein heißgeliebter Max!
Schon ist es heute ein Jahr geworden, daß du der Fahne folgen mußtest. Bitterschwer ist mir heute schon geworden. Noch ist es mir, als fühlte ich den Abschiedskuß von dir auf meinen Lippen und ich dich noch einmal an mein Herz konnte drücken. Wie so ewig lang und schwer ist mir oft die Zeit geworden und doch ist es mir fast unglaublich, daß schon ein Jahr vergangen ist. Doch der treue Gott im Himmel mit seiner Gnade fand, er hat dir immer beigestanden in Not und Gefahr und er sei auch ferner dein Beschützer und schenkt uns bald ein glücklich Wiedersehn. O, Herr laß unsere Tränensaat zur Freudensernte werden.
Die herzlichsten Grüße und Küsse dein treuliebendes Weibchen
Zur Post:
Das sind Karten aus dem Schriftwechsel von Max und Alma Göhlert aus Langenau bei Brand-Erbisdorf . Max ist inzwischen rund ein Jahr an der Front. Er war mit der Zuversicht in den Krieg gezogen, das dieser nur ein paar Monate dauern würde. Er schwankt in vielen Schreiben zwischen Kriegsbegeisterung und Stolz, in vorderster Front dabeisein zu dürfen einerseits, sowie der Hoffnung, bald wieder zu Hause sein zu können. Alma und Max halten den von Beginn an intensiven Schriftwechsel aufrecht, sie schreiben fast jeden Tag. Sie sind sich bewusst, das es besondere Post ist. Ob sie die Besonderheit in erster Linie darin sahen, dass es Liebesbriefe oder Kriegspost ist, sei dahingestellt. Die Feldpost wurde von B. Seifert, einer Nichte des Ehepaares, eingesendet. Alma schreibt, dass sie ihre junge Ehe nur einen Monat genießen konnten. Max hatte Geschwister, erwähnt werden Dora, Willy, Erhard und Elke. Willy taucht in dem Briefwechsel mit mit eigener Post von der Ostfront auf.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung der Briefe beibehalten.
Feldpost (60)
Ich will mich nun wieder ein wenig trösten
9.1.16
Mein heißgeliebter Max!
O, glückliche Zeit, o selige Zeit wie schnell bist du verschwunden. Noch immer ist es als ob es gar nicht möglich wäre, daß du mein lieber Max schon wieder so weit von mir bist, hatten wir uns doch wieder so recht glücklich miteinander eingerichtet und es ist immer, als müßtest du wiederkommen und wärst blos mal fortgegangen. Doch es kann nun einmal nicht anders sein und ich will mich nun wieder ein wenig trösten mit der Hoffnung und Zuversicht, daß uns der liebe Gott auch wieder ein glücklich Wiedersehn schenken wird, wie er uns diese große Weihnachtsfreude bereitet hat. Es ist heute gerade ein Jahr, Daß du in Reichenau bei deinem Onkel warst. Das Bild habe ich heute noch nicht bekommen. Mein lieber Max, wie geht es dir und wie bist du bei deinen Kameraden angekommen? Hoffentlich ganz gut. Fühle mich nun auch wieder halbwegs wohl, doch bei weitem nicht so, als wie du mein Herzchen bei mir warst. Es ist wieder wie ausgestorben bei uns, wenn nicht die Hilde was von sich hören läßt. Die herzlichsten Grüße und Küsse von mir und deinem treuen Lieschen. Dein treues Weibchen
19.1.16
Lieb Alma!
Ich sende dir auch noch die besten Grüße aus Noyon mit, wo ich vor einigen Tagen war, es ist ein schöneres Städtchen als wie Oederan, denn wir hatten Einquartierung bekommen, du wirst schon wissen, was für welche, dort haben wir uns erst wieder mal gereinigt, da ist die Kathedrale mit drauf die habe ich mir auch mal angesehen innen ist alles noch schön aber außen gibt’s sehr viel zu bauen.
Noch mit herzlichen Grüßen
an auch alle
Dein Schwager Willy
28.1.16
Meine liebe Alma!
Deine Päckchen und Briefe dankend erhalten was mich sehr gefreut hat, und meinen besten Dank dafür. Liebe Alma, wir sind wieder weg von Mooslede und sind in Maria-Lob es ist gleich neben Meulebecke auf einige Tage. Dann geht es wahrscheinlich ein Stück fort wohin ist unbekannt. Einen Schal hab ich von zu Hause erhalten, es war auch eine Wurst dabei. Ich habe doch einen Brief geschrieben daß ich das Bild erhalten du kannst ja eins mit zu uns herübernehmen, denn wir würden sonst es übel nehmen. Ich werde daß auch wieder zurückschicken denn es ist schade drum, weil ich es ja im Tornister mit rumschleppen muß. Vor heute einstweilen gut nächstes mal mehr.
Mit herzlichem Gruß und Kuss sendet Dir dein treuer Max
Viele Grüße an die lieben Eltern, Anna und Hildegard.
22.2.16
Mein liebes Herz!
Ich bin wieder auf dem Rückmarsch in unser altes Quartier. Das waren mal paar recht schöne Tage, ad hab ich wider mal so richtig geschlafen
So sei recht vielmals
gegrüßt und geküßt
von deinem treuen Max.
Zur Post:
Max Göhlert war Weihnachten 1915 zu Hause. Wen Alma Göhlert mit „treuen Lieschen“ meint, ist nicht bekannt; das Ehepaar wünschte sich, aber hatte noch keine Kinder. Das berichtet die Nichte der beiden, B. Seifert, die die Post der „Freien Presse“ zusandte.
Bei ihrer Übertragung wurde die alte Schreibweise weitestgehend beibehalten.