Freitag 23. Mai 2014 Zeitgeschehen Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg
Lebensader in die Heimat
Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.
Feldpost (61)
Glückwunsch zum Eisernen Kreuz
Brief ohne Datum
Liebe Alma,
deinen Brief habe ich mit großer Freude erhalten, auch meinen besten Dank sprech ich aus. Wir gehen hier in Ruhe, aber was heißt ruh, feste gekämpft (?) wird, eine gründliche Ausbildung für die Landstürmer. Es sind gerade acht Tage, dass wir hier sind, da habens den Würtenberger schon den Graben wieder genommen, den wir geholt haben wie habe ich ich dem kolossalen Granatfeuer gefochten und haben viele Kameraden geopfert und die reißen einfach aus wir sind schon wieder zu Hilfe da in ??? Eine Belobigung schicke ich mit das kannst du mal mit auflegen.
Mit bestem Gruß und Kuß
dein Max
24.4.16
Mein liebes Herz
Endlich kann ich dir die Nachricht wiedergeben, daß ich aus dem Schlachtfeld der Some wieder weg bin. Und meinem Gott danke so mit heiler Hand davongekommen bin. Was stets Gottes Hand führt. Willy seinem Schreiben nach muß er auf Urlaub sein, vielleicht geht es bei uns auch bald wieder los, daß ich auch bald mal fahren kann. Soweit fühle ich mich noch gesund, selbiges ich auch von euch allen hoffe. Ich bin bei einer … Madam einquartiert auf paar Tage da gefällt es mir wieder mal wie zu Hause. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von deinem treuen Max.
Viele Grüße an alle.
Brief ohne Datum
Mein lieber Max! Zu diesem deinem großen Ehrentag wo das eiserne Kreuz deine Brust nun schmückt. Wie hätte ich doch so gerne dich an meine Brust gedrückt. Aufs treuer Liebe und stolzer Freude, den herzlichen Glückwunsch dir gebracht, wie dieses Kärtchen es dir sagt.
Es wird dir schmücken deine Brust für alle Zeit.
Behüt dich Gott, die heilige Dreifaltigkeit, daß du kannst glücklich kehren heim und bei den lieben deinen sein.
Deine treue Alma
4.6.16
Herrn Max Göhlert!
Über ihre Grüße aus Feindesland sowie über die Benachrichtigung betreffs Verleihung des eisernen Kreuzes habe ich mich sehr gefreut und sage Ihnen meinen besten Dank und übermittle Ihnen gleichzeitig meinen herzlichsten Glückwunsch. Auch habe ich noch gar nicht gewußt, daß Sie auch zum Unteroffizier befördert worden sind. Teile Ihnen mit, daß ich das Bauamt benachrichtigt habe und es wird in den nächsten Tagen hier im Amtsblatt bekannt gemacht werden, daß Ihnen das eiserne Kreuz verliehen worden ist. Wünsch Ihnen lieber Göhlert, daß Sie recht bald gesund in die Heimat zurückkehren.
Besten Dank
Max Forkert
5.8.16
Mein lieber Max.
In meiner größten Freude erhielt ich heute dein wertes Paketchen und sage vor allem recht herzlichen Dank für die wunderschönen Andenken was ich als Brosche nehmen werde. Gewiß soll da Anna eine davon sein und sie hat sich schon tüchtig gefreut darüber, daß du uns auch mit dem Eisernen Kreuz schmücken willst, obwohl ich es nicht ganz verdient haben werde. Doch als edles Andenken von dich mein liebes Herz werde ich mit großer Freude es tragen und hoffentlich wills Gott, können wir recht bald wieder so glücklich beisammen sein wie diese beiden auf der Karte. Wenn es morgen sollte recht schön sein, werde ich mal nach Großhartmannsdorf gehen. Da werde ich dir dann alles brieflich mitteilen. Hiermit herzliche Grüße und Küsse in der Hoffnung, daß du noch gesund und munter bist, und nochmals herzlichen Dank
Dein treues Weibchen
Zur Post:
Max Göhlert schwankt in seiner Post an seine Frau Alma zwischen Kriegsbegeisterung und der Hoffnung, zu überleben. 1916 hat er das Eiserne Kreuz verliehen bekommen, worauf er Glückwünsche von Alma und von Max Forkert – offenbar sein früherer Arbeitgeber – erhält. Die Feldpost wurde von B. Seifert aus Langenau, einer Nichte des Ehepaares, eingesandt.
Feldpost (62)
Weinend bin ich dann zu Bett gegangen
9.1.17
Mein liebes treues Herzchen!
Leider hatte ich mich wieder vergebens auf ein Briefchen von dir gefreut, als ich heute nach hause kam, was mich schmerzlich dauert und mich sehr um dich sorge, denn seit dem 1.1. habe ich noch nichts wieder von meinem lieben Max. Weinend bin ich dann zu Bett gegangen, und habe sehr an dich gedacht und an die schönen glückseligen Tage, die ich mit dir verlebt habe, ach könntest du erste wieder bei mir sein. So will ich für heute schließen in der Hoffnung, daß du noch gesund und munter bist, und grüße und küsse dich herzlich
dein treues Weibchen.
Viele Grüße von meinen Eltern,
Anna und Hildchen.
12.1.17
Liebe Schwägerin Alma!
Sende dir mit dieser Karte die besten Grüße, dieses Bild hierdrauf zeigt dir einiges aus dem Dorf ??? wo wir erst gelegen haben und wir nach hier kamen, wo das Kreuzchen ist dort habe ich mit gewohnt wie wir noch dort waren ist auch der Schuß in diese Hausecke gegangen, da ist es uns ja schummrig geworden und haben uns in den Keller gemacht, wo der Strich waagerecht geht, führt der Weg nach unserer Stellung und der senkrechte geht nach dem Dorf ??? wo wir jetzt liegen. Wie dieses Haus aussieht, so sehen meist alle jetzt.
Nochmal die besten Grüße
dein Schwager Willy
20.1.17
Liebe Schwiegereltern!
Am 19.1. erhielt ich euer liebes Päckchen mit dem schönen Speck, auch Zigarren kamen mit. Es freut mich kolosal und kann mich gar nicht dankbar erweisen. Es ist doch alles zu rar und teuer. So habt recht vielen Dank vielleicht kann ich euch auch bald wieder ein Liebesdienst erweisen. Die Witterung hat sich wieder etwas geändert – wir haben Schnee und Frost, was ganz angenehm ist für uns . Soweit fühle ich mich noch gesund, selbiges ich auch von euch allen hoffe.
Es grüßt bestens euer Schwiegersohn
Max.
Mein treues Herz!
Vor alles recht herzlichen Dank für dein liebes Briefchen und Kärtchen vom 7.2. (…) Mein liebes Herz, gerade so einen schönen Traum hatte ich am Sonnabend wie auf dieser Karte. Wir lagen miteinander so recht glücklich auf blumigen Rasen an einem schönen Sommertag. Und wie in Wirklichkeit hörte ich deine Stimme und erzähltest mir von dem schweren Krieg und was du mit erlebt hast. Und mit stolzer Freude sah ich dir in die Augen und aus Glückseligkeit, daß du durch Gottes Hilfe wieder bei mir warst wollte ich dich so recht innig an meine Brust drücken und küssen, darüber ich aber durch das Schlagen der Uhr gestört wurde und aufwachte von dem schönen Traum. Ach wärs doch erst wieder so weit, daß du wieder bei mir sein könntest. Wir wollens hoffen und sei auf ein Wiedersehen recht innig gegrüßt und geküsst von deinem treuen Weibchen.
Zur Post:
Der Bruder von Max Göhlert, Willy schreibt recht oft an Alma, seine Schwägerin. Am 12. Januar schickt er eine Karte von der Ostfront, aus einem Dorf. Die Zerstörungen in der Ortschaft sind zu sehen – meist wurden solche Fotografien von Fotografen gemacht, die besondere Erlaubnis hatten und der Zensur unterlagen. Echte „Privatfotografien“ der Soldaten gibt es äußerst selten.
Die Post wurde von B. Seifert eingesandt, einer Nichte von Max Göhlert.
Feldpost (63)
Könntest Du Schlüpfer machen aus Fell
12.02.1917
Mein liebes Herz!
Wiedermal nach zehntägigen Schützengrabenkampf abgelöst, aber leider geht es schon wieder fort zum Schanzen die ganze Nacht. Ich habe aber die Nase so richtig voll, bloß so ein Dienst bei Tage gibt es noch viele Apelle.
Wenn doch der Schwindel bald ein Ende nehm. Ich bin so todmüde daß ich bald beim laufen einschlaf trotz der großen Kälte. Soweit fühle ich mich noch gesund selbiges ich auch von euch allen hoffe.
Ich hab wieder 10 Mark abgeschickt.
Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt und schlaf recht schön, ich will gleich abrücken gegen den Feind.
Gute Nacht.
23.02.1917
Meine liebe Alma!
Heute zu meiner großen Freude erhielt ich deine drei Päckchen von 6/2, 8/1, 12/2 in einem Tage da sieht man so richtig wie lang die Post geht. Auch ein recht schönes Kärtchen kam auch mit. Vor allen meinen besten Dank. Soweit fühle ich mich noch gesund, selbiges ich auch von euch allen hoffe.
Mit herzlichem Gruß und Kuß
dein treuer Max.
24.2.1917
Meine liebe Alma!
Auch heute wurde ich mit einem recht schönen Kärtchen beglückt, dafür ich dir bestens danke. Ich war die ganze Nacht wieder schanzen da war aber so eine Kälte das ich mir die Nasenspitze erfroren habe. Ich hat mich so warm angezogen zwei Hemden Jacke Rock und Mantel aber dabei hat mich noch gefroren wie ein Hund. Wenn doch du mir könntest so paar … schlüfer machen aus Fell, geh nur mal bei uns der Vater mag paar Kaninchenfelle rausgeben, da machst Du es wie ein Strumpfhosenbein, ich schreib ihm schon, daß er es schon sucht, wenn du kommst das du gleich losgehn kannst.
Sonst …?
Sei von heute recht vielmals gegrüßt und geküßt von dein treuen Max.
Viele Grüße an alle.
14.03.1917
Meine liebe Alma!
Ich bin soeben von der Zahnstation wieder zurück gekommen, und hab einige Wurzeln wieder ziehen lassen, da hab ich aber müssen viel … die stehen alle sehr fest in einer art bin ich aber auch froh, hört doch vielleicht der Schmerz bald auf, es ist Gott sei dank etwas besser. Als ich ankam erhielt ich zwei Paketchen mit Butter und Fleisch eines mit Pfannkuchen. Ich hab mich königlich gefreut und meinen allerbesten Dank.
Weil es gerade so paßt noch ein Kärtchen ins Album von Fritz hat ich auch ein Kärtchen erhalten, daß er auf der Fahrt ins Feld ist, wahrscheinlich nach Frankreich da kann er den Franzmännern zeigen … da mag … rückwärts gehen wie Willy schreibt. Wollens hoffen daß wir alle gesund können wieder zurück kehren, daß es nicht so lange dauert.
Mit freundlichem Gruß und Kuß
Dein treuer Max
Viele grüße an alle.
Zur Post:
Für Max Göhlert aus Langenau bei Freiberg hat das dritte Kriegsjahr angefangen und der Waffengang dauert schon viel länger als erwartet. Er ist nach wie vor hin- und hergerissen zwischen der Begeisterung gegen den Feind zu ziehen und es insbesondere „den Franzmännern“ zu zeigen, und dem Sehnen nach seiner Frau Alma. Die hatte er kurz bevor er in den Krieg zog noch geheiratet. Romantische Liebesmotive kommen in der Sammlung sehr häufig vor.
Eingesandt wurden die Briefe und Karten, etwa 500 Dokumente, von der Nichte der beiden, B. Seifert.
Die historische Schreibweise wurde bei der Übertragung der Briefe beibehalten.