Freitag 23. Mai 2014 Zeitgeschehen Freie Presse
Das Thema: Feldpost im ersten Weltkrieg
Lebensader in die Heimat
Briefe und Karten waren vor 100 Jahren für viele Familien die einzige Möglichkeit, Kontakt zu halten. Entsprechend wichtig war die Feldpost. Leser haben der „Freien Presse“ nach einem Aufruf tausende Dokumente geschickt – entstanden ist daraus eine Serie, die am Montag beginnt.
Feldpost (67)
Daß der Schwindel bald ein Ende hat
Brief ohne Datum
Meine liebe Alma!
Mich drängt es schon wieder dir ein Briefchen zu schreiben, ich habe den Kram satt seit ich bei dir gewesen bin. Und wünsche mir, daß der Schwindel bald ein Ende hat. Mit der Schanzarbeit das ist auch eine gefährliche Sache, bei hellen Tag wird sie ausgeführt und da gibt es tüchtig Granat feuer daß mann aller Augenblicke eins verkauft kann kriegen so unnützer weise. Na man muß immer das beste hoffen. Ich habe Mark Geld abgeschickt, daß du in nächster Zeit erhalten wirst, alles hab ich noch nicht bekommen bloß 7 Tage weil kein Monatsabschluss ist. Um die Paketchen habens mich beschissen, was ich nicht gedacht hätte, es wird auch keinen guten Segen bringen. Ich hab keins auf der Bahn liegen gelassen weil ichs im Zuge schon weggekriegt hab, es er wegfuhr. Ich bin bloß neugierig wie unsere Bilder ausgefallen sind hoffentlich sinds zum ansehen und dir gefallen und mir. In unserem Milchgut waren wir wieder, da herrschte wieder mal die alte Freud zum um Hals fallen so groß war sie, und auch manches Gläschen Milch ist wieder getrunken worden.
Es scheint als wenn was großes losgehen sollte, wir haben unser Gepäck so zu erleichtern alle unbrauchbaren Sachen sind weg zu werfen und auch so zu packen daß es am schnellsten zu verladen geht da wird es wohl so werden daß wir in Griechenland früh stücken müssen wenn wir so weit kommen. Nur wünscht ich daß nun auch was geschriebenes von dir käme es sind nun schon wieder 5 Tage daß ich wieder da bin. Die besten und herzlichsten grüße und Küsse sendet die dein Max.
Viel grüße an alle.
23.6.1917
Liebe Alma nebst deinem lieben Eltern und Geschwistern!!!
Teile euch hier durch mit daß ich wieder glücklich in alter Stellung angekommen bin. Es hat mir diesmal sehr gekraut wieder fort zumachen, aber man muß immer denken, daß es soll bald alle werden. Dienen lieben Brief habe ich bekommen, wofür ich dir sehr danke. Ihr Lieben, ich muß Euch noch mitteilen, daß ich großartiges Glück gehabt habe, an dem Zug ist nämlich noch ein Schuß in unsere Bude gekommen. Ich bin kaum ¼ Stunde fort gewesen, es ist aber nichts passiert als wie die Decke, das Dach und das Kellergewölbe ist durchschlagen, wenn es explodiert wäre, da wäre die ganze Bude eingestürzt und es konnte einen noch unter die Trümmer begraben. Ich wollte am letzten Sonnabend nochmal Euch mit besuchen, aber ich kam zu spät von zu Hause weg.
Danke euch nochmals bestens. Hierdurch seid alle herzl. Gegr. Willy
Zur Post:
Max Göhlert schreibt an seine Frau nachdem er auf Urlaub war. Er fürchtet, dass eine Schlacht bevorsteht. Das andere Schreiben an Alma stammt von seinem Bruder Willy Göhlert, der an der Ostfront im Einsatz ist und ebenfalls auf Heimaturlaub. Die Post wurde von B. Seifert, einer Nichte der beiden, an die Freie Presse“ geschickt.
Bei der Übertragung wurde die historische Schreibweise weitestgehend beibehalten.
Feldpost (68)
Die Scheiße ist prenzlig
16.7.17
Meine liebe Alma!
Soweit fühle ich mich noch gesund selbiges ich auch von Euch allen hoffe. Wieder in Stellung aber schon lange keine Post erhalten, die alle tage erwartet wird.
18.7.1917
Meine liebe Alma!
Endlich komme ich dazu, die wieder ein paar Zeilen zu schreiben. Was doch jeden Tag werden sollte. Aber wir sind umgezogen und die Scheiße ist prennzlig. Ich habe zum beispiel auch keine Post von Dir erhalten, aber heute wurde mir eine große Freude zu teil, ein wunderschönes Geburtstags Kärtchen und zwei Paketchen und Cigarren und Kuchen, was ich doch gar nicht von dir ab verlangen, und mir doch auch so lieb ist wenn du selber etwas ißt, daß Paket mit der Wurst daß ist gerade in die schlechte Zeit herein gekommen die wird wohl schlecht sein wenn sie sollte noch kommen.
Die Lumpen scheinen ganz albern zu werden und haben den ganzen Tag gepulvert wie verrückt. Viel kann ich nicht schreiben. Soweit fühle ich mich Gott sei Dank noch gesund selbiges ich auch von euch allen hoffe. Vor der Hand meinen herzlichen Dank vor alles Gute was du schon an mir getan hast.
Gute Nacht mein liebes Herz.
Was macht mein kleines Lieschen?
Der Urlaub geht am 20. wieder los, aber ach wenn wird man wieder mal drankommen, zwei Monate werden wohl noch vergehen. Na vielleicht hilft Gott daß ich gesund bleibe und dann gleich ganz bleiben kann. Mit herzlichen Gruß und Kuß dein treuer Max.
Auf ein gesundes und baldiges Wiedersehn.
22.11.17
Mein treugeliebtes Herzchen!
Drei Jahre es übermorgen werden, als vereint am Traualtar wir knieten der Pfarrer uns den Segen mit fürs Leben gab. Doch des schweren Krieges Zeiten sie rissen schon nach wenigen Tagen dich von meiner Seite hinaus ins Feindesland zu kämpfen für das Vaterland. Dein liebes Weibchen daheim einsam wacht so sehnsuchtsvoll so manche Nacht. Ach Gott laß bald das Friedensbanner wehn und schenk uns ein glückliches Wiedersehn.
Mein liebes Herz, Fritz fühlt sich auch ganz glücklich zu Hause, trotzdem er doch lange nicht so schwere Strapazen durchzumachen hat beim Fahren als wie du im Schützengraben. Ich werde mal zu dem Metzler gehen und sehen, wenn er wieder fort muß. Dem werde ich ein Paketchen mitgeben für dich in der Hoffnung daß du noch gesund und munter bist grüßt und küßt dich herzlich deine treue Alma.
Ein so hübsches Mädchen möchte ich doch auch noch von dir haben.
Zur Post:
Der Briefwechsel zwischen Alma und Max Göhlert endet unvermittelt mit diesem Brief. Warum – das ist nicht überliefert, vielleicht ist ein zweiter Karton mit Post abhanden gekommen. Max überlebte. Der ersehnte Kindersegen stellte sich nicht ein. Das Paar blieb kinderlos, wer Lieschen war – Max grüß sie in manchen Briefen – konnte nicht aufgeklärt werden.
Bei der Übertragung der Briefe wurde die alte Schreibweise weitestgehend beibehalten.
XIII. Schütze Kurt Rabe 1898, Gefallen 07.06.1918
Feldpost (69)
Es ist doch ins Herz gegangen
10.7.18
Herrn Rich. Albin Rabe,
St. Egidien
Leider muß ich Ihnen die traurige Mitteilung machen, daß Ihr lieber Sohn Kurt am 7.6.18 auf dem Felde der Ehre gefallen ist. Er erlitt einen sofortigen Tod. Seine Nachlassachen sind an Ihre Adresse abgesandt worden. Er wird am 11.6. unter militär. Ehren auf einem Friedhof von seinen Kameraden beerdigt.
Sehr geehrter Herr Rabe!
Ich habe eine unendlich schwere Pflicht zu erfüllen, indem ich Ihnen diesen Brief schreiben muß, denn er bringt Ihnen eine sehr traurige Nachricht. Ich muß Ihnen leider hierdurch mitteilen, daß Ihr Sohn der Schütze Rabe von der 2. MGK Inf. Regt. 179 am 7. Juni um 10 Uhr abends durch eine Schrapnellkugel den Heldentod für unser Vaterland gestorben ist. Bei der Ablösung schossen die Engländer ziemlich stark und da platzte über der Bedienung (?) der Ihr Sohn angehörte ein Schrapnell. Er lief noch ein paar schritte und sagte dann zusammenbrechend: Es ist doch ins Herz gegangen.
Seine Nachlassachen sind heute zur Kompanie zurück gekommen und gehen Ihnen zu. Den Platz seines Grabes teilt Ihnen die Kompanie noch mit.
Sehr geehrter Herr Rabe, mag es Ihnen ein kleiner Trost sein, daß mit Ihnen und Ihren Angehörigen, die ganze Kompanie trauernd an der Bahre Ihres Sohnes steht. Er war uns stets ein lieber Kamerad, dessen Andenken wir stets in Ehren halten werden.
Mit dem Ausdrücken herzlicher Anteilnahme an dem schweren Schlag, der sie betroffen hat, zeichne ich als Ihr
sehr geehrter
Rust
Lt. MGK. Inf. Rgt. 179
Gefallen 07.06. 1918
Zur Post:
Zwei Schreiben an Albin Rabe, in denen er über den Tod seines Sohnes Kurt Rabe informiert wird. Rabe war Jahrgang 1898, wollte in Zwickau Landwirtschaft studieren. Der Krieg kam dazwischen. Die Dokumente hat W. Winkler aus St. Egidien eingereicht, ein Neffe von Rabe. Er und andere Angehörige haben 2013 das Grab des Soldaten auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Fricourt besucht. Die Texte hat die Familie übertragen, die Schreibweise wurde von der „Freien Presse“ beibehalten.